Von Kristin Raabe
Die Patientin sieht seltsam aus: Nur eine Hälfte ihres Gesichts ist geschminkt. Als würde vom Mittelscheitel über die Nase bis zum Kinn eine unsichtbare Trennlinie verlaufen. Dabei ist die eigentliche Grenze in ihrem Kopf - zwischen rechter und linker Hirnhälfte. Die 50jährige leidet nach einem Schlagunfall nämlich unter dem Neglect-Syndrom. Und seitdem nimmt sie alles nur mit der linken Hirnhälfte wahr. Warum Neglect-Patienten oft nur eine Hälfte ihres Gehirns benutzen, will Professor Gereon Fink vom Forschungszentrum Jülich herausfinden:
Interessanterweise wissen wir, dass tatsächlich es Patienten mit einem so genannten Neglect Syndrom infolge eines Schadens in der rechten Hirnhälfte hilft, wenn man die entsprechende Region in der linken Hirnhälfte kurzzeitig ausschaltet. Das heißt, wir müssen bei Patienten davon ausgehen, dass nach einer schlaganfallinduzierten Läsion im Gehirn die andere Hirnhälfte einen wesentlichen Einfluss darauf hat, ob eine Funktion noch durchgeführt werden kann oder nicht. Das bedeutet, die Hirnhälften kommunizieren ganz eng miteinander.
Aber wie sprechen sich die beiden Hirnhälften ab? Links ist für Sprache zuständig, rechts für räumliche Wahrnehmung. Wird die linke Hirnhälfte automatisch aktiv, wenn wir Buchstaben sehen, die ein Wort ergeben? Genau das hat Gereon Fink an gesunden Versuchspersonen untersucht. Während sie in einem Kernspintomographen lagen, zeigte er ihnen ein Wort. Beispielsweise das Wort "Ente". Bei jedem Wort war ein Buchstabe rot. Bei "Ente" das "T". Mal fragte der Forscher dann, ob das Wort Ente ein "A" enthalte. Das war eindeutig eine sprachliche Aufgabe, für die gewöhnlich die linke Hemisphäre zuständig ist. Ein anderes Mal mussten die Versuchspersonen allerdings entscheiden, ob der rote Buchstabe im Wort "Ente" rechts oder links von der Mitte liegt. Für diese Aufgabe war nun das rechte Gehirn zuständig. Obwohl alle Versuchspersonen dasselbe Bild sahen – nämlich das Wort Ente mit einem roten T – war immer nur die Hirnhälfte aktiv, die für das Lösen der jeweiligen Aufgabe benötigt wurde.
Der entscheidende Punkt der Untersuchung ist allerdings, welche Strukturen darüber entscheiden, dass die entsprechende Hirnhälfte und die für Sprache beziehungsweise räumliche Wahrnehmung zuständigen Hirnregionen angesteuert werden. Hier konnten wir erstmals nachweisen, dass das eine Region im Stirnhirn ist, die als vorderer cingulärer Cortex bezeichnet wird und an der Innenhälfte der linken beziehungsweise der rechten Hemisphäre gelegen ist. Dieser Bereich entscheidet darüber, welche Regionen in der linken beziehungsweise rechten Hirnhälfte angesteuert werden. Und dies konnten wir als wesentliches Ergebnis unserer Untersuchung zeigen.
Der so genannte cinguläre Cortex scheint also eine Art Manager zu sein. Er entscheidet, welche Abteilung für die anstehende Aufgabe zuständig ist. Genau dieser Bereich ist auch bei einigen Neglect-Patienten nicht mehr intakt. Weil der cinguläre Cortex in ihrem rechten Gehirn nicht mehr richtig funktioniert, werden alle Aufgaben automatisch an das linke Gehirn vergeben oder umgekehrt. Aber das Managementzentrum in menschlichen Gehirn spielt auch bei anderen Erkrankungen eine Rolle:
Es gibt tatsächlich eine Reihe von Untersuchungen, die einen ersten Hinweis darauf geben, dass bei Patienten mit Schizophrenie möglicherweise diese Verteilerfunktion gestört ist. Ein weiterer möglicher Aspekt, der uns bei unserer Forschung auch ganz besonders interessiert, sind Patienten mit Aufmerksamkeitsdefiziten. Kinder mit dem Zappelphilippsyndrom, wo wir wissen, dass dieser vordere Anteil des cingulären Cortex eine wichtige Rolle spielt, und wo jetzt die Forschung dahin geht, inwieweit jetzt Fehlfunktionen dieses Bereiches tatsächlich auch für klinische Störungen zuständig sind.
Gereon Fink ist erst einmal damit zufrieden, überhaupt zu wissen, wo im Kopf der Manager sitzt, der alle Aufgaben verteilt. Aber natürlich wüsste er auch gerne, wie man ihn beeinflussen kann, damit er seine Arbeit auch richtig erledigt.
Die Patientin sieht seltsam aus: Nur eine Hälfte ihres Gesichts ist geschminkt. Als würde vom Mittelscheitel über die Nase bis zum Kinn eine unsichtbare Trennlinie verlaufen. Dabei ist die eigentliche Grenze in ihrem Kopf - zwischen rechter und linker Hirnhälfte. Die 50jährige leidet nach einem Schlagunfall nämlich unter dem Neglect-Syndrom. Und seitdem nimmt sie alles nur mit der linken Hirnhälfte wahr. Warum Neglect-Patienten oft nur eine Hälfte ihres Gehirns benutzen, will Professor Gereon Fink vom Forschungszentrum Jülich herausfinden:
Interessanterweise wissen wir, dass tatsächlich es Patienten mit einem so genannten Neglect Syndrom infolge eines Schadens in der rechten Hirnhälfte hilft, wenn man die entsprechende Region in der linken Hirnhälfte kurzzeitig ausschaltet. Das heißt, wir müssen bei Patienten davon ausgehen, dass nach einer schlaganfallinduzierten Läsion im Gehirn die andere Hirnhälfte einen wesentlichen Einfluss darauf hat, ob eine Funktion noch durchgeführt werden kann oder nicht. Das bedeutet, die Hirnhälften kommunizieren ganz eng miteinander.
Aber wie sprechen sich die beiden Hirnhälften ab? Links ist für Sprache zuständig, rechts für räumliche Wahrnehmung. Wird die linke Hirnhälfte automatisch aktiv, wenn wir Buchstaben sehen, die ein Wort ergeben? Genau das hat Gereon Fink an gesunden Versuchspersonen untersucht. Während sie in einem Kernspintomographen lagen, zeigte er ihnen ein Wort. Beispielsweise das Wort "Ente". Bei jedem Wort war ein Buchstabe rot. Bei "Ente" das "T". Mal fragte der Forscher dann, ob das Wort Ente ein "A" enthalte. Das war eindeutig eine sprachliche Aufgabe, für die gewöhnlich die linke Hemisphäre zuständig ist. Ein anderes Mal mussten die Versuchspersonen allerdings entscheiden, ob der rote Buchstabe im Wort "Ente" rechts oder links von der Mitte liegt. Für diese Aufgabe war nun das rechte Gehirn zuständig. Obwohl alle Versuchspersonen dasselbe Bild sahen – nämlich das Wort Ente mit einem roten T – war immer nur die Hirnhälfte aktiv, die für das Lösen der jeweiligen Aufgabe benötigt wurde.
Der entscheidende Punkt der Untersuchung ist allerdings, welche Strukturen darüber entscheiden, dass die entsprechende Hirnhälfte und die für Sprache beziehungsweise räumliche Wahrnehmung zuständigen Hirnregionen angesteuert werden. Hier konnten wir erstmals nachweisen, dass das eine Region im Stirnhirn ist, die als vorderer cingulärer Cortex bezeichnet wird und an der Innenhälfte der linken beziehungsweise der rechten Hemisphäre gelegen ist. Dieser Bereich entscheidet darüber, welche Regionen in der linken beziehungsweise rechten Hirnhälfte angesteuert werden. Und dies konnten wir als wesentliches Ergebnis unserer Untersuchung zeigen.
Der so genannte cinguläre Cortex scheint also eine Art Manager zu sein. Er entscheidet, welche Abteilung für die anstehende Aufgabe zuständig ist. Genau dieser Bereich ist auch bei einigen Neglect-Patienten nicht mehr intakt. Weil der cinguläre Cortex in ihrem rechten Gehirn nicht mehr richtig funktioniert, werden alle Aufgaben automatisch an das linke Gehirn vergeben oder umgekehrt. Aber das Managementzentrum in menschlichen Gehirn spielt auch bei anderen Erkrankungen eine Rolle:
Es gibt tatsächlich eine Reihe von Untersuchungen, die einen ersten Hinweis darauf geben, dass bei Patienten mit Schizophrenie möglicherweise diese Verteilerfunktion gestört ist. Ein weiterer möglicher Aspekt, der uns bei unserer Forschung auch ganz besonders interessiert, sind Patienten mit Aufmerksamkeitsdefiziten. Kinder mit dem Zappelphilippsyndrom, wo wir wissen, dass dieser vordere Anteil des cingulären Cortex eine wichtige Rolle spielt, und wo jetzt die Forschung dahin geht, inwieweit jetzt Fehlfunktionen dieses Bereiches tatsächlich auch für klinische Störungen zuständig sind.
Gereon Fink ist erst einmal damit zufrieden, überhaupt zu wissen, wo im Kopf der Manager sitzt, der alle Aufgaben verteilt. Aber natürlich wüsste er auch gerne, wie man ihn beeinflussen kann, damit er seine Arbeit auch richtig erledigt.