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Stresstraining statt Beta-Blocker

Der Bläser kämpft gegen flache Atmung und zitternde Lippen, der Streicher gegen unruhige Händen. - Fast jeder Musiker hat mehr oder weniger häufig Lampenfieber. Grund genug für das gerade ein Semester alte Institut für Musikmedizin an der Dresdner Musikhochschule, sich dem Problem in einem eintägigen Seminar zu stellen. Für viele Teilnehmer war es schon hilfreich, das Thema überhaupt zu besprechen und Erfahrungen auszutauschen. Immerhin steht man so mit seinem Problem nicht alleine da. Lampenfieber, so lernten die Seminarteilnehmer, kann als natürliche Reaktion auf psychische Ausnahmesituationen verstehen - feuchte Hände und zitternde Knie als Ersatz für Flucht oder Kampf.

    Oft genug steht in Prüfungssituationen oder bei Probespielen die gesamte Karriere auf dem Spiel - ein Grund, warum zahlreiche Musiker versuchen, der Auftrittsangst mit Hilfe von Beta-Blockern Herr zu werden. Einer Studie zufolge verlangsamt jeder fünfte US-amerikanische Orchestermusiker regelmäßig seinen Pulsschlag mit diesen Medikamenten. Uwe Reinhard, Leiter des Instituts für Musikmedizin, hält wenig von solchen Methoden: "Ich denke, dass die Beta-Blocker eine Reihe von gravierenden Nachteilen haben, zum Beispiel nehmen sie wahrscheinlich den besonderen Kick, die besondere Ausstrahlung, auf die der Künstler angewiesen ist, wenn er eine erstklassige Leistung abliefern will." Dabei gibt es auch andere Möglichkeiten: Von Atemübungen über gezieltes Muskeltraining bis zum autogenen Training reicht die Palette. Manchmal hilft es, die Angstsituation vorher im Geist durchzuspielen oder sich einfach bewusst mit beiden Füßen auf die Erde zu stellen, sich zu zentrieren. Ein für jeden gültiges Patentrezept gibt es allerdings nicht.