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Streuobstwiesen bereichern die Natur

Streuobstwiesen drohten einmal ganz von der Bildfläche zu verschwinden. Das konnte - zumindest ansatzweise - gestoppt werden, unter anderem, weil sich der Naturschutzbund Deutschland eingesetzt und mit zahlreichen Projekten und der Vermittlung von Know-how versucht hat, die Streuobstwiesen zu erhalten. 400 000 Hektar sind es heute. Damit steht Deutschland im europäischen Durchschnitt recht gut da. Besonders viel Streuobst produziert das Saarland. Hier trafen sich am Wochenende die NABU-Experten zum Erfahrungsaustausch in Saarbrücken. Eine Fachtagung, die auch Anlass bot, heimische Landwirte zu besuchen.

Von Tonia Koch |
    Frostig begrüßte der Bliesgau seine Gäste. Bei Temperaturen um Null Grad verhalf nur noch ein veredeltes Produkt den Streuobstexperten des Naturschutzbundes zu Wohlbefinden:

    Zum Wohl! Auf die Streuobstwiesen.

    Bioland- Bauer Wolfgang Welsch hatte verschiedene Schnäpse im Angebot. Von Quetsch über Birne bis zu Mispelschnaps reicht die Palette. Doch Bauer Welsch riet seinen Gästen zu was anderem:

    Das beste Produkt ist der Mirabelle, den wir eben getrunken haben.

    Mirabellen, Süßkirschen, Birnen, Zwetschgen prägen die Streuobstgürtel rund um die Gemeinden im saarländischen Bliesgau. Doch auch hier ist der Bestand an Streuobstwiesen in den vergangenen dreißig Jahren um die Hälfte zurückgegangen. Um dreihundert dieser Bäume kümmert sich Wolfgang Welsch. Damit die Streuobstwiesen nicht verbuschen, lässt er seine Tiere hier weiden. Er sorgt auch für den Schnitt, doch am eher schlechten Zustand des Baumbestandes kann auch er nicht viel ändern:

    Gepflegt wird praktisch überhaupt nichts, wenn ich nichts mache, die Leute haben praktisch überhaupt kein Interesse daran. Die Leute sind in den 50er Jahren zu Geld gekommen, da war Land nicht mehr so wichtig, total verwildert, die alten Bäume, die drin stehen. Der Nussbaum ist von selbst hochgekommen. So wird unsere Landschaft aussehen, wenn wir dreißig Jahre nicht mehr nutzen würden.

    Der Bliesgau soll Biosphären-Region werden, und das kann nur gelingen, wenn die für die Region typischen Streuobstflächen erhalten bleiben. Bislang gibt es von den zahlreichen Streuobstflächen praktisch keine Vermarktung. Das soll sich ändern. Hans-Ulrich Thalhofer entwickelt Projekte zur regionalen Entwicklung des Bliesgaues und mit seiner Hilfe wird im Moment eine Erzeugergemeinschaft Streuobst aufgebaut:

    Die hat zum Ziel, mit einem Aufpreis das Ost zu kaufen, die Flächen zu pflegen, sie wieder in Nutzung zu bringen, und gleichzeitig läuft saarlandweit eine Aktion mit sortenreinen Produkten.

    Etwa hundert dieser Aufpreisvermarktungsmodelle existieren bereits in der Bundesrepublik. In erster Linie wird das Ost zu Säften weiterverarbeitet, die überwiegend direkt oder über die Gastronomie vermarktet werden. Das Umsatzvolumen aller Aufpreisvermaktungsmodelle liegt nach Angaben des NABU bei etwa 15 Millionen Euro im Jahr. Im Bliesgau seien die Projektmanager auf dem richtigen Weg. Markus Rösler, Sprecher des Bundesfachausschusses Streuobst:

    Das Streuobstprojekt im Bliesgau geht in die richtige Richtung, es bedarf allerdings noch einiger Verbesserungen. Das betrifft erstens den Preis, 12 Euro pro Doppelzentner sind mit Sicherheit noch nicht die Rentabilitätsschwelle . Wir gehen aufgrund von unseren Berechnungen davon aus, dass mindestens 15/16 Euro pro Doppelzentner erforderlich sind.

    Richard Dahlem von der Luxemburger Stiftung: Hilfe für die Natur wäre froh, er könnte sich um Preise sorgen. In Luxemburg fallen die Bäume entweder ganz aus der Nutzung oder sie mussten bereits intensiveren Kulturen weichen. Dahlem begrüßt daher die Versuche, hierzulande den Landwirten mit höheren Preisen wieder Anreize zu schaffen, das Ost zumindest zu ernten. Aufpreismodelle seien der wohl einzig gangbare Weg, der negativen Entwicklung entgegen zu wirken. Was die Erfolgsaussichten anlangt, ist Richard Dahlem allerdings skeptisch:

    Das ist ein schwieriges Geschäft. Man bekommt die Leute immer schwerer motiviert.

    Um die Qualität der Streuobstbestände zu verbessern, die vielerorts nur noch auf mageren Böden anzutreffen seien, müssten die Obstbäume gedüngt werden dürfen, fordert der NABU. Markus Rösler:

    Deswegen sind wird vom NABU ausdrücklich der Meinung, dass Streuobstförderprogramme der Bundesländer nicht daran gekoppelt sein dürfen, dass jeglicher Düngereinsatz auf Streuobstweisen verboten wird. Das ist nicht im Sinne des Naturschutzes.