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Strom aus der Wärmediode

Ingenieurwissenschaften. - Wärme in Strom verwandeln, das geschieht in jedem Kraftwerk. Aber dass ein Mikrochip aus Wärme elektrischen Strom macht, ist durchaus ungewöhnlich. Einen solchen Chip - thermische Diode genannt - haben nun Wissenschaftler des Massachusetts Institute of Technology in Boston entwickelt. Mögliche Anwendungen gäbe es in der Automobiltechnik und für tragbare Computer.

    Die Umwandlung von Wärme in Strom, den so genannten thermoelektrischen -Effekt, hatte Thomas Edison schon 1883 beobachtet. Dabei springen Elektronen, angestachelt durch die Wärme, von einer Elektrode zur anderen, es fließt ein elektrischer Strom. Bislang aber ist dieser Prozess sehr ineffizient und für viele Anwendungen schlicht nicht zu gebrauchen. Anders bei der thermoelektrischen Diode, die MIT-Forscher Peter Hagelstein zusammen mit der Firma Eneco entwickelt. "Wenn man eine Seite der Diode heizt und die andere kühlt, dann baut sich in der Diode eine elektrische Spannung auf", erklärt Hagelstein. "Dadurch fließt ein Strom, und mit diesem Strom ließe sich ein elektrisches Gerät betreiben. Wir haben bei uns im Labor eine Leistungssteigerung um den Faktor acht beobachtet, also ein sehr großer Sprung." In der Diode verwendet Hagelstein ein Halbleitermaterial aus Indium und Antimon, versetzt mit Quecksilber und Cadmium. Das Material ist reich an Elektronen. Unter Hitze wird eine regelrechte Ladungsträger-Lawine losgetreten, die einen kräftigen Stromfluss auslöst.

    Umwandlung von Abwärme in elektrischen Strom ist für Hagelstein eine nahe liegende Anwendung, Abwärme gibt es schließlich überall und meist verpufft sie ungenutzt: "Man könnte mit der thermoelektrischen Diode die Abwärme eines Automotors in Strom umwandeln, um damit die Klimaanlage des Autos zu betreiben." Die Abwärme von Kraftwerken ließe sich verstromen oder der Wirkungsgrad von Solarzellen verbessern. In tragbaren oder festen Computern wiederum wird ein großer Teil des Stroms für Lüfter verbraucht, die auch nur Abwärme transportieren sollen. "In einem Laptop wird der Prozessor relativ warm, und andererseits braucht der Rechner ja Strom", erklärt Hagelstein. "Könnte man einen Teil der Prozessorwärme in Elektrizität umwandeln und damit die Batterie aufladen, wäre das kommerziell sehr interessant." Der Prozessorchip müsste einfach mit einer Schicht aus Hagelsteins Halbleitermaterial überzogen werden. Sie würde aus der Prozessorwärme Strom erzeugen und in die Batterie einspeisen. 15 Prozent der Energie könnte sich damit zurückgewinnen lassen. Noch sind die Schichten des Dioden-Labormusters nicht besonders stabil. Hagelstein: "Wir müssen ihre Haltbarkeit noch steigern. Außerdem zählen die Stoffe, die wir bislang verwenden, etwa Cadmium und Quecksilber, nicht zu den umweltfreundlichsten Materialien. Deshalb wollen wir es nun mit ungiftigen Materialien versuchen." Innerhalb eines Jahres soll ein neuer Prototyp fertig sein. Ein Patent jedenfalls sei schon mal eingereicht.

    [Quelle: Frank Grotelüschen]