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Strom aus Geothermie

"Erneuerbare Energien"- so eine Fachtagung in Böblingen, die nicht nur energiesparende Häuser vorstellte - wir haben darüber berichtet - sondern auch über Wärme und Strom aus Geothermie informierte. Welche Möglichkeiten, tiefe geothermische Ressourcen zu nutzen, gibt es?

Von Günter Jentsch |
    Ist Erdwärme gar die Energiequelle der Zukunft? Diesen und anderen Fragen gingen die Kongressteilnehmer nach.

    Die Vertreter der Geothermischen Vereinigung in Deutschland wollen in gut zehn Jahren ein Gigawatt elektrischen Strom aus Erdwärmekraftwerken in Deutschland zur Verfügung stellen. Mehr als ein Zehntel des derzeitigen Stromverbrauchs könnte damit gedeckt werden. Der Energievorrat in der Erde ist enorm. Wie bereits vom Büro für Technikfolgenabschätzung bekundet, wäre eine Abdeckung der Grundlast, das heißt rund die Hälfte unseres jetzigen Stromverbrauchs durchaus möglich. Die in Deutschland erste und bisher einzige Anlage, die ans Netz ging, liefert 230 Kilowatt elektrische Leistung - gerade mal einen Bruchteil des hoch gesteckten Ziels. Ist da in nächster Zeit eine ernst zu nehmende Versorgung mit Strom aus Erdwärme überhaupt möglich. Dazu der Geologe Michael Kraml von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover:

    Von den Mengen, da muss man das so sehen, dass zuerst die Pilotanlagen von wenigen Megawatt, um die fünf Megawatt rum den Weg bereiten für die größeren Anlagen. Man muss auch da wieder Erfahrungen sammeln. Man kann also jetzt nicht die ganz große Planung anfangen, weil man dann, genauso wie in der Anfangsphase Einbrüche erleben würde, was dann das ganze zum Erliegen bringen würde.
    Die ganzen Pioniertaten, da sind eben sehr viele Projekte abgebrochen worden. Das hat aber dazu geführt, dass man jetzt auf einen sehr großen Erfahrungsschatz zurückgreifen kann. Wenn man diese Anfangsfehler vermeidet, ist man nun in der Lage, wirklich die Projektplanung so durchzuführen, dass man auch Reserven und Alternativen in der Hinterhand hat.


    Zehn Jahre wird es wohl noch dauern, so Kraml, bis die Kraftwerke auf dem Entwicklungsstand sind, effektiv Energie zu liefern. Zum einen gilt es, den Wirkungsgrad zu steigern. Vor allem aber muss wohl bei der Bohrtechnik nachgelegt werden. Neben den technischen Klippen, die noch umschifft werden müssen, sind es vor allem wirtschaftliche Faktoren, die eine schnelle Umsetzung der Versorgung mit umweltfreundlicher Energie aus dem Untergrund erschweren. Robert Hagedorn von der Geothermal Power Plant Consulting in Landau will den Ausbau der geothermischen Kraftwerkstechnik vorantreiben. Jedoch bleibt er dabei realistisch:

    Es geht darum, dass wir überhöhte Renditeerwartungen, wie wir sie aus dem konventionellen Bereich her kennen, nicht erfüllen können; einfach aus der Tatsache, dass wir in der Geothermie zwei Bohrungen niederbringen müssen und da entsprechend hohe Fixkostenanteile haben, die dazu führen, dass meine Kapitalrentabilität sich in eine doch nicht nahe Zukunft verschiebt, sondern in eine fernere Zukunft. Da kann man nur sagen, dass der fossile Engergiebezugspreis so sehr steigen muss, das sind die Folgekosten, die gesamtwirtschaftlich getragen werden.

    Bereits jetzt gibt es ein breites Angebot als umweltfreundlich angesehener Energieformen. Welchen Vorteil bietet die geothermische Stromerzeugung gegenüber den anderen Energiequellen? - Robert Hagedorn:

    Geothermie hat, weil sie 24 Stunden auf gleichem Niveau gleiche Energie bereit- stellt, nicht den Regelbedarf wie bei Solarenergie oder Windkraft, wo ich ein hohes Maß an Regeltechnik brauche, um die schwankenden Windstärken auszugleichen.
    Geothermie bedeutet zum anderen, dass sie nicht wie bei der Windkraft einen Horizont haben, der von Windmühlen übersät ist und sie quasi die Sonne nicht mehr sehen vor lauter Windrädern. Eine Kraftwerksanlage, wie wir sie zum Beispiel in Neustadt-Glewe haben, benötigt die Fläche eines Einfamilienhauses und kommt auch in der Höhe nicht über ein Zweifamilienhaus hinaus und kann sich auch entsprechend der Landschaft anpassen.