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Strom für noch den kleinsten Sensor

Technik. - Solarzellen sind eine prima Sache: Für die Stromversorgung von Parkautomaten sind sie ebenso geeignet wie für Armbanduhren. Sie liefern auch dort Strom, wo kein Kabel liegt und wo keine Überlandleitung hinführt und wo Batterien nicht einfach nachgefüllt oder ersetzt werden können. Und nun kommt noch ein weiterer Einsatzort hinzu: Die Nanowelt: Physiker haben die kleinste Solarzelle der Welt gebaut.

Von Jan Lublinski | 18.10.2007
    Die kleinste Solarzelle der Welt besteht aus einem Silizium-Nanoröhrchen, also aus einer winzigen Rolle, in deren Wand Silizium-Atome sitzen. Nanoröhrchen sind die großen Hoffnungsträger für Physiker wie Charles Lieber von der Harvard Universität in Boston. Er will mit Nanoröhrchen in Zukunft neuartige Messinstrumente und besonders schnelle Computerchips bauen. Dazu hat er mit seinen Mitarbeitern jetzt eine winzige Stromversorgung entwickelt: Die Nano-Solarzelle. Lieber:

    "”Es haben schon andere Kollegen vor uns nanostrukturierte Komponenten für Solarzellen entwickelt. Aber uns ist es als erstes gelungen, ein Nano-Bauteil so zu verdrahten, dass man wirklich von einer kompletten Solar-Zelle sprechen kann. Die kleinste, die je gebaut wurde.""

    Das Solar-Nanoröhrchen ist wenige Nanometer breit und etwa 50 Mikrometer lang. Es funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie eine handelsübliche Solarzelle: In speziellen Halbleitermaterialien werden durch die Sonneneinstrahlung Elektronen freigesetzt. Sie wandern von einer Seite des Materials zur anderen. Dabei entsteht ein nutzbarer elektrischer Strom. Diese kleinste Solar-Zelle der Welt liefert übrigens auch den kleinsten elektrischen Strom der Welt: etwa ein Nanowatt. – also ein Milliardstel Watt. Charles Lieber und seine Kollegen können auch damit noch etwas anfangen: Sie haben mit dieser Nano-Stromquelle einen Sensor gespeist, der ebenfalls aus verdrahteten Nanröhrchen besteht. Lieber:

    "”Es ist ein sehr einfacher Sensor, der den Säuregrad von Flüssigkeiten messen kann – also zum Beispiel, ob ihr Wein schlecht geworden ist oder nicht.""

    Für Grundlagenforscher ist das eine eindrucksvolle Leistung: Der erste autarke Nanosensor. Aber weil Forschungs-Geldgeber und Journalisten immer gleich auch nach konkreten neuen Anwendungen fragen, hat sich Charles Lieber etwas Griffiges zurechtgelegt: Den Einsatz in der Terrorbekämpfung. Lieber:

    "”Man weiß nie, woher die Gefahr droht. Man könnte sich aber effektiv vor Biowaffen schützen, wenn man überall winzige Sensoren verteilte, die noch nicht einmal an eine Batterie angeschlossen werden müssten. Sobald ein bestimmter Schwellenwert überschritten ist, könnten diese Sensoren einen Sender aktivieren und einen zentralen Computer informieren. Das wäre eine sehr effektive Methode, um Daten zu sammeln und zu überwachen.""

    Doch von solchen Szenarien sind die Nanoforscher in Wahrheit noch weit entfernt. Ihre Bauteile aus Nanoröhrchen sind bislang Einzelanfertigungen, die nur mit großem Aufwand in Speziallabors hergestellt werden können. Lieber:

    "”Ehrlich gesagt sind die Effizienzen unserer Nano-Solarzelle nicht gerade umwerfend. Wir wandeln nur 3,5 Prozent des eingestrahlten Lichtes in Strom um. Wir werden versuchen, das zu verbessern. Wenn es uns gelänge, bis zu zehn oder 15 Prozent umzuwandeln, dann könnten wir mit mehreren solcher Nano-Solarzellen gleichzeitig arbeiten und Strom für kleinere Anwendungen produzieren. Aber davon sind wir noch ein gutes Stück entfernt.""