Degen: Herr Lorenzen, einige Nasa-Offizielle sprachen bereits davon, die Raumstation zu evakuieren. Ist die Lage denn wirklich so ernst?
Lorenzen: Nein, Frau Degen, so ernst ist die Lage sicherlich nicht. Der Ausfall des Bordrechners ist schon ein sehr ernster Zwischenfall, so etwas hat es in der Geschichte der internationalen Raumstation noch nicht gegeben, aber die Crew ist eben sehr erfahren und arbeitet fieberhaft daran, auch diesen Fehler zu beheben. Eine akute Gefahr bestand keinem Zeitpunkt, liegt jedoch jetzt nicht, die Nasa ruderte auch schon etwas zurück, da lagen wohl beim ISS-Programmmanager Mike Suffredini ein bisschen die Nerven blank, als er davon gesprochen hatte, es müsste hier womöglich eine Evakuierung geben. Die Nasa hat er selber genug Probleme und wollte gleich davon ein bisschen ablenken.
Degen: Was ist denn es eigentlich mit dem Zentralrechner im russischen Teil der Raumstation passiert?
Lorenzen: Das war eben dieser dramatische Anbau, oder dieser fatale Anbau des Sonnensegels. Offensichtlich als die amerikanische Astronauten das am Mittwoch gemacht haben, dann praktisch auf die Stromversorgung umgeschaltet haben, da fingen dann die Probleme an. Offensichtlich haben die Astronauten etwas gemacht, was die Energieverteilstation an Bord der Raumstation massiv gestört hat. Das ist eine Art Schaltkasten, da funktioniert wohl irgendetwas nicht. Infolgedessen gab es einen Stromausfall, und dann ist der Bord-Zentralrechner ausgefallen, wie alle anderen Rechnern dort auch, also auch die im amerikanischen Modul. Und dann gab es jetzt eben immer wieder Probleme beim Hochfahren. Immerhin scheinen zwei Rechner gestern Abend wieder halbwegs gearbeitet zu haben. Aber man sucht eben immer noch den Fehler, wie man den Fehler im Schaltkasten ein bisschen beheben kann. Da sind die Astronauten an Bord fieberhaft tätig, aber natürlich helfen auch die Ingenieure am Boden.
Degen: Die Nasa meint ja, was der russischen Rechner ohnehin sehr empfindlich sei. Hat es denn schon häufiger Probleme dieser Art gegeben?
Lorenzen: Das ist eine bemerkenswerte Behauptung der Nasa, die absolut nicht stimmt. Der Bordrechner an Bord der ISS, dieser Zentralrechner, arbeitet fast auf den Tag genau seit sieben Jahren. In diesen sieben Jahren ist er nicht ein einziges Mal abgestürzt. Erst jetzt, nachdem eben die Nasa-Astronauten dort dieses Sonnensegel angebaut haben. Der ist übrigens ein deutscher Rechner, der dort arbeitet, damals gebaut noch von der Daimler-Benz-Aerospace, Dasa, heute heißt die Firma EADS Astrium in Bremen, die haben diese so genannten fehlertoleranten Rechner gebaut, das sind dann so drei Stränge, die vollkommen unabhängig voneinander arbeiten und sich eben gegenseitig kontrollieren. Wie gesagt sieben Jahre lang ohne jeden Absturz exzellent gearbeitet, wenn dann aber einer praktisch, im Bild gesprochen, den zentralen Schalter zieht, oder irgendwo die Stromversorgung komplett lahm legt, dann ist eben auch der beste Rechner nichts, und das ist jetzt genau auf der ISS passiert.
Degen: Was sind denn jetzt konkret die Aufgaben dieses Rechners?
Lorenzen: Der ist sozusagen das Gehirn der Raumstation. Er kontrolliert die Fluglage. Die Raumstation darf nicht irgendwie um die Erde herum torkeln, sondern sie muss immer ganz speziell ausgerichtet sein. Das ist darum, da es Teile der Raumstation gibt, die nicht zu heiß oder auch nicht kalt werden dürfen, das heißt, da muss immer genau die Sonneneinstrahlung optimal sein. Gleichzeitig müssen die Sonnensegel immer schön zur Sonne zeigen, damit sie auch genügend Strom produzieren, und dann sorgt dieser Zentralrechner auch dafür, dass die wichtigen Lebenserhaltungssysteme funktionieren. Dass also Sauerstoff produziert wird, dass Wasser aufbereitet wird, auch dass die Temperaturen dort genau stimmt, das alles muss dieser Zentralrechner leisten. Alles, was dann so dran hängt, also die Experimente, oder was man sonst wo auf der Raumstation so braucht, das sind dann erst weitere Aufgaben, die nicht in diesen Zentralbereich angesiedelt sind.
Degen: Und wie lange kann die Station jetzt ohne den Zentralrechner auskommen?
Lorenzen: Also auf jeden Fall bis Dienstag, solange ist es auf jeden Fall kein Problem, weil ja die Atlantis, die US-Raumfähre, noch angedockt ist, sie kann die Ausrichtung der Raumstation es selber übernehmen, das ist kein großes Problem. Vielleicht bleibt ja auch die Atlantis bis Mittwoch, und wenn gestern schon zwei der drei Systeme in diesen Zentralrechner wieder halbwegs gearbeitet haben, kann man ja auch durchaus optimistisch sein, dass die Astronauten und Kosmonauten an Bord des beheben werden, also wenn die ISS, wenn die Atlantis dann abdockt, wird man sicherlich die ISS weiter bemannen, es ist sehr unwahrscheinlich, dass dann die Russen oder die Stammbesatzung mit der Sojus-Kapsel dann abhaut.
Degen: Es hieß allerdings, dass das Rettungsboot der Station schon startklar gewesen wäre!
Lorenzen: Das ist eben genau diese Sojus-Kapsel, da passte diese dreiköpfige Stammbesatzung ein, das ist Standard. Bei jeder Art von Notfall auf der Raumstation macht man die praktisch schon einmal an, oder setzt sie unter Strom, dass die Besatzung zur Not sofort abdocken könnte. Die Russen sind extrem erfahren, sie haben die Soljut-Raumstation gehabt, die Mir, sie hatten Feuer an Bord, was auch immer, sie haben noch nie diesen Notausgang genutzt, und da braucht es schon mehr, um aus der Ruhe zu kommen, als einen Stromausfall. Dass die ISS noch da ist und wunderbar funktioniert, kann man heute Abend auch von unten sehen, von 22:40 Uhr bis 22:44 Uhr zieht sie von West nach Ost hell strahlend über den Himmel, und die Astronauten dort oben haben Stress, und ein bisschen Aufmunterung von unten können sie sicherlich gebrauchen. Also immer schön winken!
Lorenzen: Nein, Frau Degen, so ernst ist die Lage sicherlich nicht. Der Ausfall des Bordrechners ist schon ein sehr ernster Zwischenfall, so etwas hat es in der Geschichte der internationalen Raumstation noch nicht gegeben, aber die Crew ist eben sehr erfahren und arbeitet fieberhaft daran, auch diesen Fehler zu beheben. Eine akute Gefahr bestand keinem Zeitpunkt, liegt jedoch jetzt nicht, die Nasa ruderte auch schon etwas zurück, da lagen wohl beim ISS-Programmmanager Mike Suffredini ein bisschen die Nerven blank, als er davon gesprochen hatte, es müsste hier womöglich eine Evakuierung geben. Die Nasa hat er selber genug Probleme und wollte gleich davon ein bisschen ablenken.
Degen: Was ist denn es eigentlich mit dem Zentralrechner im russischen Teil der Raumstation passiert?
Lorenzen: Das war eben dieser dramatische Anbau, oder dieser fatale Anbau des Sonnensegels. Offensichtlich als die amerikanische Astronauten das am Mittwoch gemacht haben, dann praktisch auf die Stromversorgung umgeschaltet haben, da fingen dann die Probleme an. Offensichtlich haben die Astronauten etwas gemacht, was die Energieverteilstation an Bord der Raumstation massiv gestört hat. Das ist eine Art Schaltkasten, da funktioniert wohl irgendetwas nicht. Infolgedessen gab es einen Stromausfall, und dann ist der Bord-Zentralrechner ausgefallen, wie alle anderen Rechnern dort auch, also auch die im amerikanischen Modul. Und dann gab es jetzt eben immer wieder Probleme beim Hochfahren. Immerhin scheinen zwei Rechner gestern Abend wieder halbwegs gearbeitet zu haben. Aber man sucht eben immer noch den Fehler, wie man den Fehler im Schaltkasten ein bisschen beheben kann. Da sind die Astronauten an Bord fieberhaft tätig, aber natürlich helfen auch die Ingenieure am Boden.
Degen: Die Nasa meint ja, was der russischen Rechner ohnehin sehr empfindlich sei. Hat es denn schon häufiger Probleme dieser Art gegeben?
Lorenzen: Das ist eine bemerkenswerte Behauptung der Nasa, die absolut nicht stimmt. Der Bordrechner an Bord der ISS, dieser Zentralrechner, arbeitet fast auf den Tag genau seit sieben Jahren. In diesen sieben Jahren ist er nicht ein einziges Mal abgestürzt. Erst jetzt, nachdem eben die Nasa-Astronauten dort dieses Sonnensegel angebaut haben. Der ist übrigens ein deutscher Rechner, der dort arbeitet, damals gebaut noch von der Daimler-Benz-Aerospace, Dasa, heute heißt die Firma EADS Astrium in Bremen, die haben diese so genannten fehlertoleranten Rechner gebaut, das sind dann so drei Stränge, die vollkommen unabhängig voneinander arbeiten und sich eben gegenseitig kontrollieren. Wie gesagt sieben Jahre lang ohne jeden Absturz exzellent gearbeitet, wenn dann aber einer praktisch, im Bild gesprochen, den zentralen Schalter zieht, oder irgendwo die Stromversorgung komplett lahm legt, dann ist eben auch der beste Rechner nichts, und das ist jetzt genau auf der ISS passiert.
Degen: Was sind denn jetzt konkret die Aufgaben dieses Rechners?
Lorenzen: Der ist sozusagen das Gehirn der Raumstation. Er kontrolliert die Fluglage. Die Raumstation darf nicht irgendwie um die Erde herum torkeln, sondern sie muss immer ganz speziell ausgerichtet sein. Das ist darum, da es Teile der Raumstation gibt, die nicht zu heiß oder auch nicht kalt werden dürfen, das heißt, da muss immer genau die Sonneneinstrahlung optimal sein. Gleichzeitig müssen die Sonnensegel immer schön zur Sonne zeigen, damit sie auch genügend Strom produzieren, und dann sorgt dieser Zentralrechner auch dafür, dass die wichtigen Lebenserhaltungssysteme funktionieren. Dass also Sauerstoff produziert wird, dass Wasser aufbereitet wird, auch dass die Temperaturen dort genau stimmt, das alles muss dieser Zentralrechner leisten. Alles, was dann so dran hängt, also die Experimente, oder was man sonst wo auf der Raumstation so braucht, das sind dann erst weitere Aufgaben, die nicht in diesen Zentralbereich angesiedelt sind.
Degen: Und wie lange kann die Station jetzt ohne den Zentralrechner auskommen?
Lorenzen: Also auf jeden Fall bis Dienstag, solange ist es auf jeden Fall kein Problem, weil ja die Atlantis, die US-Raumfähre, noch angedockt ist, sie kann die Ausrichtung der Raumstation es selber übernehmen, das ist kein großes Problem. Vielleicht bleibt ja auch die Atlantis bis Mittwoch, und wenn gestern schon zwei der drei Systeme in diesen Zentralrechner wieder halbwegs gearbeitet haben, kann man ja auch durchaus optimistisch sein, dass die Astronauten und Kosmonauten an Bord des beheben werden, also wenn die ISS, wenn die Atlantis dann abdockt, wird man sicherlich die ISS weiter bemannen, es ist sehr unwahrscheinlich, dass dann die Russen oder die Stammbesatzung mit der Sojus-Kapsel dann abhaut.
Degen: Es hieß allerdings, dass das Rettungsboot der Station schon startklar gewesen wäre!
Lorenzen: Das ist eben genau diese Sojus-Kapsel, da passte diese dreiköpfige Stammbesatzung ein, das ist Standard. Bei jeder Art von Notfall auf der Raumstation macht man die praktisch schon einmal an, oder setzt sie unter Strom, dass die Besatzung zur Not sofort abdocken könnte. Die Russen sind extrem erfahren, sie haben die Soljut-Raumstation gehabt, die Mir, sie hatten Feuer an Bord, was auch immer, sie haben noch nie diesen Notausgang genutzt, und da braucht es schon mehr, um aus der Ruhe zu kommen, als einen Stromausfall. Dass die ISS noch da ist und wunderbar funktioniert, kann man heute Abend auch von unten sehen, von 22:40 Uhr bis 22:44 Uhr zieht sie von West nach Ost hell strahlend über den Himmel, und die Astronauten dort oben haben Stress, und ein bisschen Aufmunterung von unten können sie sicherlich gebrauchen. Also immer schön winken!