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Stromerzeugung
Maßgeschneiderte Leistung im Photovoltaikspeicherfeld

Bei der Photovoltaik-Technik ist bislang weitgehend ungeklärt, wie Erzeugung und Verbrauch zueinander finden können. Schließlich kümmern sich PV-Module nur um ersteres. Karlsruher Forscher wollen mit einem Solarspeichertestfeld zeigen, dass sie die Leistung einer solchen Anlage steuern können - unabhängig von der Sonneneinstrahlung.

Von Sönke Gäthke | 23.02.2015
    "Das Zusammenwirken der Gesamtanlage, das kann man sich so vorstellen, dass der Strom hier aus diesen Photovoltaikmodulen kommt."
    Olaf Wollersheim, Physiker am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), deutet in die Runde. 102 Photovoltaikmodule stehen auf einer Brache am Rand des Campus Nord. Nicht gerade in Reih' und Glied, sondern mehr oder weniger im Halbkreis. So fangen einige das Sonnenlicht morgens, andere mittags oder abends ein, und wandeln es zu Strom.
    "Der fließt dann in die Leistungselektronik, in diesen Containern, die wir da sehen."
    Olaf Wollersheim schwenkt seinen Arm nach links zu drei weißen 20-Fuß-Containern. Sie beherbergen neben der Leistungselektronik auch zwei Lithium-Ionen Batterien mit einer maximalen Speicherkapazität von 70 kWh. Diese Anlage soll die solare Stromerzeugung so steuern, dass sie sich dem Bedarf, zum Beispiel in einem Stromnetz anpasst.
    "Und da wird dann entschieden: Geht der Strom direkt in das KIT-Stromnetz oder wird er in einer Batterie zwischengespeichert?"
    Der Strom aus den Solarzellen kann dafür also entweder sofort verbraucht werden oder für den Abend oder einen wolkigen Tag aufbewahrt.
    Zwischen den Solarzellen und den Batterien fließt dabei Gleichstrom, weil beide Gleichstrom erzeugen; über einen Wechselrichter ist das System mit dem Stromnetz der Uni verbunden. Damit die Anlage die Stromerzeugung präzise regeln kann, haben die Karlsruher eine besondere Leistungselektronik entwickeln lassen: sogenannte Gleichstromsteller. Mit ihnen kann die Spannung von Gleichstrom geregelt werden. Und das ist wichtig, weil die Spannung der Batterien immer gleich ist – die der Solarzellen aber von der Sonne abhängt.
    "So, hier wird noch, wie sie sehen, gearbeitet. Hier kann man, wenn man die Tür hier vorsichtig aufmacht, kann man einen Blick werfen auf die sogenannten DC-DC-Steller, die Gleichstromsteller, die dafür sorgen, dass die Batteriespannung umgewandelt wird in die Spannung des Kreises, an dem die Photovoltaikanlage hängt."
    Zwischen dem Wechselrichter als Tor zum Uninetz, den Gleichstromstellern vor den Batterien und den Solarzellen entsteht so ein kleines, 500-Volt-Gleichstromnetz mit einer Besonderheit: Die Spannung kann in einem bestimmten Bereich flexibel eingestellt werden – unabhängig von der Sonneneinstrahlung – und so die Leistung der Photovoltaik steuern.
    "Das ist das besondere an diesem System. Das heißt, wir können die Photovoltaikanlage entweder im so genannten MPP-Punkt fahren, wo sie die maximale Leistung liefert, oder wir können aber auch einen ganz bestimmten Punkt anfahren, in dem die Photovoltaikanlage genau die Leistung liefert, die wir gerade haben wollen."
    Die Anlage soll demnächst auf einer Griechischen Insel installiert werden und dort einen Dieselgenerator ersetzen. Dafür sei diese flexible Steuerung der Photovoltaik-Module sehr wichtig, erklärt Olaf Wollersheim.
    "Denn in einem Inselnetz muss man ja auch mit der Situation rechnen, dass die Batterie schon randvoll geladen ist, und die Insel aber keine weitere Energie mehr aufnehmen kann, da muss man eine Möglichkeit haben, sozusagen, die PV-Anlage runter zu drehen."
    Auf diese Weise können Batterien und Photovoltaik gemeinsam so gesteuert werden, dass ihre Leistung zum Bedarf der Verbraucher passt, und das Inselnetz stabil hält. Das, so die Karlsruher Forscher, lohnt sich auf Inseln schon heute: Die Anlage liefert den Strom zu einem Preis von 40 Cent pro Kilowattstunde – was trotz des gefallenen Ölpreises immer noch billiger ist, als Treibstoff für einen Generator auf eine Insel zu schaffen. Auf dem Kontinent könnten Hausbesitzer mit einer vergleichbaren Anlage 70 bis 80 Prozent ihres Stroms selbst erzeugen, schätzt Olaf Wollersheim, was sich in den kommenden Jahren bereits lohnen werde.