Blumenthal: Bemerkenswert bei dem Thesenpapier ist, dass der Sachverständigenrat mit der Vorstellung, auf der einen Seite Ausbau der erneuerbaren Energie, auf der anderen Seite Erneuerung beziehungsweise Ausbau fossil betriebener Kraftwerke, vor allem Kohlekraftwerke, bricht. Volker Mrasek in Berlin, Sie haben die Tagung beobachtet. Wie sehen denn die Details dieses Thesenpapiers aus?
Mrasek: Ja, das Schlagwort, das sich durch die ganzen Diskussionen hier zieht, über das künftige Energieerzeugungssystem, das lautet ja immer: Wir brauchen einen ausgewogenen Energiemix. Und das erklärte und auch unterstützte Ziel ist es ja, erneuerbare Energieträger auszubauen. Zum Beispiel Windräder oder Photovoltaikanlagen oder auch solarthermische Kraftwerke. Aber das Problem ist, der Wind, der weht nicht stetig, die Sonne scheint nur tagsüber und auch dann nicht immer voll, sondern manchmal nur schwach. Das heißt, diese Energieträger haben eine fluktuierenden oder schwankende Stromeinspeisung, wie die Experten sagen. Es gibt also eine Angst vor der Stromlücke, davor, dass der Strombedarf zeitweilig mit erneuerbaren Energieträgern nicht gedeckt werden kann. Und es gibt deshalb einen Bedarf für so genannte Regelenergie. Es muss Kraftwerke geben, die bei längerer Windflaute, oder an einem wolkenverhangenen Tag eben verlässlich Strom produzieren. Und deswegen heißt es allgemein, wir brauchen beides. Wir brauchen den Ausbau erneuerbarer Energien und auch weiterhin Kohlekraftwerke, damit die Grundversorgung mit Elektrizität immer gewährleistet ist. Aber der Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung, der sagt jetzt, da stimmt gar nicht. Im Gegenteil, Kohle und im übrigen auch Kernenergie sind mit erneuerbaren Energieträgern überhaupt inkompatibel, um ein modernes Wort zu benutzen, also nicht vereinbar. Und weiterhin auf diese Großkraftwerke zu setzen, das sei ein Irrweg. Und diese These hat er gestern Abend auf der Veranstaltung zur Diskussion gestellt.
Blumenthal: Und warum ist es ein Irrweg, auf einen Energiemix zu setzen, der mittelfristig auch die Kohle, also Braunkohle vor allem, berücksichtigt.
Mrasek: Weil Kohlekraftwerke so genannte Grundlastkraftwerke sind, das heißt, sie laufen praktisch immer, rund um die Uhr, und decken den Strombedarf, den es fortlaufend gibt. Und erst in Spitzenzeiten werden Mittel- und Spitzenlastkraftwerke dazu geschaltet, und liefern dann den nötigen Strom. Das sind typischerweise Gaskraftwerke. Und der Vorteil dieser Kraftwerke ist, dass man sich schnell anfahren kann, binnen Minuten. Das Gas, mit dem sie laufen, da wird direkt auf eine Gasturbine gegeben, und der angeschlossene Generator, der produziert in Null Komma nichts Strom, so könnt man fast formulieren. In Kohlekraftwerken ist die Sache komplizierter. Da muss man erst einmal einen Riesenkessel anwerfen, in dem wird die Kohle verheizt. Und bis eine solche Anlage nach einem Neustart Elektrizität liefert, das kann Stunden, wenn nicht gar einen ganzen Tag dauern. Und da sagen die Umweltsachverständigen, wenn in unserer Elektrizitätsversorgung erneuerbare Energien eine immer größere Rolle spielen, in ihrer Stromeinspeisung aber schwanken, dann brauchen wir keine Grundlastkraftwerke mehr, die die Stromlücke schließen, das können die gar nicht, sondern dann brauchen solche, die man schnell anfahren kann. Und das sind keine Kohle- sondern Gaskraftwerke.
Blumenthal: Aber Gaskraftwerke, Herr Mrasek, das haben wir in der letzten Zeit ja dann auch erleben müssen oder können, haben auch Limitierungen. Also da treibt man dann den Teufel mit dem Beelzebub aus?
Mrasek: Vielleicht nicht ganz so schlimm. Das ist natürlich völlig richtig. Und genau das ist gestern Abend in der anschließenden Podiumsdiskussion auch thematisiert worden. Die Frage, die hier gestellt wurde, ist ganz klar. Wie sieht es mit der Versorgungssicherheit aus bei Erdgas, und mit der Abhängigkeit von Energieexporten? Wir beziehen ja heute schon große Erdgasmengen aus dem Ausland, zum Beispiel aus Russland. Ich denke, dass Sie das gerade angesprochen haben. Wenn da jetzt der Bedarf steigt, weil mehrere solcher Spitzenlast-Gaskraftwerke gebraucht werden, dann wächst natürlich die Abhängigkeit von Energieimporten. Und das ist energiepolitisch kritisch zu sehen. Andererseits ist aber auch denkbar, dass der Erdgasbedarf gar nicht mal so sehr wächst, denn ein Eckpfeiler einer künftigen nachhaltigen Energiepolitik muss nach allem Studien, die vorliegen, sowieso die Einsparung von Energie und die effizientere Nutzung von Strom sein. Das wurde auch heute an anderer Stelle in Berlin bekräftigt, auf einer Veranstaltung des Wuppertal-Instituts für Klima, Umwelt und Energie. Die Klimaexperten dieser Einrichtung stellten vor wenigen Stunden ein neues Impulspapier vor, wie sie es nennen, ebenfalls zur Energieversorgung der Zukunft, also viele Experten beschäftigt das Thema im Moment. Und darin führen sie aus, dass es in unserem Land sogar kurzfristig Energieeinsparpotenziale in der Größenordnung von 30 Prozent gibt. Zum Beispiel durch sparsamere Motoren, in der Industrie, durch verbrauchsarme Automotoren, durch effizientere Kühlprozesse, sparsamere Beleuchtungssystem und dergleichen. Das heißt, wenn man das alles umsetzte, dann würde man damit sogar Kosten sparen und man bräuchte insgesamt sowieso nicht mehr so viel Energie.
Mrasek: Ja, das Schlagwort, das sich durch die ganzen Diskussionen hier zieht, über das künftige Energieerzeugungssystem, das lautet ja immer: Wir brauchen einen ausgewogenen Energiemix. Und das erklärte und auch unterstützte Ziel ist es ja, erneuerbare Energieträger auszubauen. Zum Beispiel Windräder oder Photovoltaikanlagen oder auch solarthermische Kraftwerke. Aber das Problem ist, der Wind, der weht nicht stetig, die Sonne scheint nur tagsüber und auch dann nicht immer voll, sondern manchmal nur schwach. Das heißt, diese Energieträger haben eine fluktuierenden oder schwankende Stromeinspeisung, wie die Experten sagen. Es gibt also eine Angst vor der Stromlücke, davor, dass der Strombedarf zeitweilig mit erneuerbaren Energieträgern nicht gedeckt werden kann. Und es gibt deshalb einen Bedarf für so genannte Regelenergie. Es muss Kraftwerke geben, die bei längerer Windflaute, oder an einem wolkenverhangenen Tag eben verlässlich Strom produzieren. Und deswegen heißt es allgemein, wir brauchen beides. Wir brauchen den Ausbau erneuerbarer Energien und auch weiterhin Kohlekraftwerke, damit die Grundversorgung mit Elektrizität immer gewährleistet ist. Aber der Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung, der sagt jetzt, da stimmt gar nicht. Im Gegenteil, Kohle und im übrigen auch Kernenergie sind mit erneuerbaren Energieträgern überhaupt inkompatibel, um ein modernes Wort zu benutzen, also nicht vereinbar. Und weiterhin auf diese Großkraftwerke zu setzen, das sei ein Irrweg. Und diese These hat er gestern Abend auf der Veranstaltung zur Diskussion gestellt.
Blumenthal: Und warum ist es ein Irrweg, auf einen Energiemix zu setzen, der mittelfristig auch die Kohle, also Braunkohle vor allem, berücksichtigt.
Mrasek: Weil Kohlekraftwerke so genannte Grundlastkraftwerke sind, das heißt, sie laufen praktisch immer, rund um die Uhr, und decken den Strombedarf, den es fortlaufend gibt. Und erst in Spitzenzeiten werden Mittel- und Spitzenlastkraftwerke dazu geschaltet, und liefern dann den nötigen Strom. Das sind typischerweise Gaskraftwerke. Und der Vorteil dieser Kraftwerke ist, dass man sich schnell anfahren kann, binnen Minuten. Das Gas, mit dem sie laufen, da wird direkt auf eine Gasturbine gegeben, und der angeschlossene Generator, der produziert in Null Komma nichts Strom, so könnt man fast formulieren. In Kohlekraftwerken ist die Sache komplizierter. Da muss man erst einmal einen Riesenkessel anwerfen, in dem wird die Kohle verheizt. Und bis eine solche Anlage nach einem Neustart Elektrizität liefert, das kann Stunden, wenn nicht gar einen ganzen Tag dauern. Und da sagen die Umweltsachverständigen, wenn in unserer Elektrizitätsversorgung erneuerbare Energien eine immer größere Rolle spielen, in ihrer Stromeinspeisung aber schwanken, dann brauchen wir keine Grundlastkraftwerke mehr, die die Stromlücke schließen, das können die gar nicht, sondern dann brauchen solche, die man schnell anfahren kann. Und das sind keine Kohle- sondern Gaskraftwerke.
Blumenthal: Aber Gaskraftwerke, Herr Mrasek, das haben wir in der letzten Zeit ja dann auch erleben müssen oder können, haben auch Limitierungen. Also da treibt man dann den Teufel mit dem Beelzebub aus?
Mrasek: Vielleicht nicht ganz so schlimm. Das ist natürlich völlig richtig. Und genau das ist gestern Abend in der anschließenden Podiumsdiskussion auch thematisiert worden. Die Frage, die hier gestellt wurde, ist ganz klar. Wie sieht es mit der Versorgungssicherheit aus bei Erdgas, und mit der Abhängigkeit von Energieexporten? Wir beziehen ja heute schon große Erdgasmengen aus dem Ausland, zum Beispiel aus Russland. Ich denke, dass Sie das gerade angesprochen haben. Wenn da jetzt der Bedarf steigt, weil mehrere solcher Spitzenlast-Gaskraftwerke gebraucht werden, dann wächst natürlich die Abhängigkeit von Energieimporten. Und das ist energiepolitisch kritisch zu sehen. Andererseits ist aber auch denkbar, dass der Erdgasbedarf gar nicht mal so sehr wächst, denn ein Eckpfeiler einer künftigen nachhaltigen Energiepolitik muss nach allem Studien, die vorliegen, sowieso die Einsparung von Energie und die effizientere Nutzung von Strom sein. Das wurde auch heute an anderer Stelle in Berlin bekräftigt, auf einer Veranstaltung des Wuppertal-Instituts für Klima, Umwelt und Energie. Die Klimaexperten dieser Einrichtung stellten vor wenigen Stunden ein neues Impulspapier vor, wie sie es nennen, ebenfalls zur Energieversorgung der Zukunft, also viele Experten beschäftigt das Thema im Moment. Und darin führen sie aus, dass es in unserem Land sogar kurzfristig Energieeinsparpotenziale in der Größenordnung von 30 Prozent gibt. Zum Beispiel durch sparsamere Motoren, in der Industrie, durch verbrauchsarme Automotoren, durch effizientere Kühlprozesse, sparsamere Beleuchtungssystem und dergleichen. Das heißt, wenn man das alles umsetzte, dann würde man damit sogar Kosten sparen und man bräuchte insgesamt sowieso nicht mehr so viel Energie.