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Studenten und Wissenschaftler tauchen ab

Tauchen ist ''in''. Kaum ein Ferienort an den warmen Meeren der Welt, wo man nicht in wenigen Tagen einen Crash-Kurs im Sporttauchen absolvieren kann. Zum Gucken und Staunen unter Wasser mag das ausreichend sein. Wer sich jedoch zum Beispiel als Biologin, Fischereiwissenschaftler, Archäologin oder Geologe mit wissenschaftlichem Hintergrund unter Wasser mit Forschungsarbeiten beschäftigen will (oder muss), der oder die braucht mehr: Eine aus Versicherungsgründen berufsgenossenschaftlich anerkannte Ausbildung zum Forschungstaucher oder zur Forschungstaucherin.

    Der Unterscheid zwischen Sporttauchen, Berufstauchen und Forschungstauchen besteht darin: als Sporttaucher gehe ich dann ins Wasser, wenn ich Lust dazu habe, aber als Forschungstaucher oder Berufstaucher habe ich immer ne ganz konkrete Aufgabe unter Wasser zu erfüllen, und ich muss diese Aufgabe erfüllen unter allen Umständen. Wenn ich mir vorstelle, dass wir vom Schiff aus tauchen, n Schiff kostet um die 10-20.000 Euro am Tag, und ich als Taucher irgendwann mal keine Lust hab ne Aufgabe unter Wasser zu erfüllen und wegen mir das Schiff dann n Tag länger draußen bleiben muss, dann ist es eigentlich nicht mehr vertretbar. Ich muss in der Lage sein, als Berufs und Forschungstaucher, dass ist die Einstellung, die wir von den Leuten hier auch verlange, diese professionelle Einstellung, unter allem Umständen - gut, wenn Wind 7 oder 8 Windstärken hat, dann geht es nicht, da gibt's auch Vorschriften - aber wenn normale Bedingungen herrschen, die Aufgabe unter allen Umständen zu erfüllen. Das ist der Punkt hierbei!

    Gerd Niedzwiedz ist Ingenieur und Forschungstaucher an der Uni Rostock. In Deutschland gibt es insgesamt sechs Einrichtungen, die diese Ausbildung anbieten, die meisten an Universitäten angeschlossen. Forschungstauchen klingt aber immerhin nach Abenteuer, nach großer Freiheit in den fremden Welten unter Wasser, am liebsten in der Karibik! Wale, Delphine oder sogar Haie schwimmen dem Laien durch die Gedanken - spannend! Doch die Realität sieht meist anders aus. Was es wirklich mit dem Forschungstauchen auf sich hat, beleuchtet die heutige Schwerpunktsendung mit Beiträgen von Anke Ulke.

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    Allgemein

    Forschungstauchen ist - kurz gesagt: Wissenschaft unter Wasser. Alle üblichen wissenschaftlichen Methoden wie beobachten, messen, zählen, zeichnen etc. kommen zur Anwendung nur eben nicht über, sondern unter Wasser. Einzige Voraussetzung: Ein Forschungstauchschein. Wer unter Wasser forschen will muss aus versicherungsrechtlichen Gründen eine Forschungstaucherausbildung absolvieren. Beim Forschungstauchen handelt es sich, genauer gesagt, um ein Regelwerk (''Richtlinien für den Einsatz von Forschungstauchern''), dass zur Unfallverhütung und zur Klärung des Versicherungsschutzes bei wissenschaftlichen Taucheinsätzen dient. Anfang der 70er Jahre wurde dieses Regelwerk aus den entsprechenden Regeln für Berufstaucher von der Berufsgenossenschaft Tiefbau entwickelt. Hintergrund waren einige schwere (tödliche) Tauchunfälle von Wissenschaftlern und komplizierte Versicherungsfragen.

    Unterschied zum Sporttauchen:

    Forschungstauchen hat mit Sporttauchen nicht viel gemein: Sporttaucher tauchen zum Spaß, Forschungstaucher zu wissenschaftlichen Zwecken. Einige Beispiele: * Arbeiten dürfen nur von Tauchgruppen ausgeführt werden * mindestens 3 Personen sind eine Tauchgruppe (Einsatzleiter: Planung, Kontrolle, Hauptverantwortung, kann auch Signalmann(oder -frau sein); Reservetaucher in fast vollständiger Ausrüstung zum Eingreifen im Notfall; Signalmann/-frau gibt Richtung vor aus hält Kontakt über Signalleine; Einsatztaucher taucht meistens allein, über Leine gesichert) * Einsatzgebiete: oft heimische (kalte, trübe, dunkle) Gewässer, Strömung * 1,5-tägige Prüfung * Tauchen mit Vollmaske und Trockentauchanzug * Tauchen nicht nach Lust und Laune, sondern nach Auftrag * Forschungstauchen ist MUSS- nicht LUSTtauchen!

    Ausbildung

    Die Ausbildung ist sehr umfangreich, gliedert sich in Theorie, Schwimmtraining im Hallenbad und Freiwasserpraxis. Die ca. 240 Stunden umfassende Ausbildung endet mit einer (harten!) Prüfung vor einer Prüfungskommission der Berufsgenossenschaft. Die Theorie beinhaltet umfangreiches Wissen aus Tauchmedizin, -physik, -technik und Richtlinienkunde. Erste Hilfe und Notfallmaßnahmen sind ebenfalls ein Schwerpunkt. Praktische Ausbildung gliedert sich in Schwimmtraining im Hallenbad (Kondition, Sicherheit), dann mit Ausrüstung im Hallenbad (Sicherheit im Umgang mit Ausrüstung), dann erst Freiwasserpraxis.) Da die Ausbildung für Anfänger ohne Vorkenntnisse konzipiert ist, sind Sporttauchscheine nicht nötig)

    Ausbildungsvoraussetzungen

    Notwendig für die Ausbildung sind berufliche Gründe wie Diplom, Magister- oder Doktorarbeiten in unterschiedlichsten Fächern (nicht nur (Meeres-)Biologie, auch Archäologie, Geologie, Fischereiwirtschaft usw.).Auch Berufstätig (Techniker, Ingenieure etc. können die Ausbildung machen, falls nötig. Ein Schreiben der Ausbildungsstätte/des Arbeitgebers ist Bedingung. Ein umfangreiches ärztliches Attest (G 31) und ein Rettungsschwimmschein DLRG Bronze sind ebenfalls nötig.

    Ausbildungsorte

    Vollausbildung:

    Geologisch-Paläontologisches Institut und Museum der Universität Kiel LMS 10, 24098 Kiel, Ansprechpartner: Dr. Klaus Schwarzer kschwarzer@corelab.uni-kiel.de

    Biologische Anstalt Helgoland BAH Meeresstation Helgoland, Postfach 180, 27483 Helgoland, Ansprechpartner: Tauchermeister Udo Schilling lobster@compuserve.com,

    Limnologische Station der Technischen Universität München Bereich Weihenstephan, Hofmark 3, 82393 Iffeldorf, Ansprechpartner: Dipl. Ing. (FH) Stefan Zimmermann, stefan.zimmermann@wzw.tum.de

    Weiterbildungsgesellschaft an der Universität Rostock e.V. Rosa-Luxemburg-Str. 14, 18055 Rostock , Ansprechpartner: Dr. G. Niedzwiedz gerd.niedzwiedz@mbst.uni-rostock.de,

    Fa. TERAQUA GbR Kandelstr. 35, 79106 Freiburg, Ansprechpartner: M. Mainberger, A. Müller mueadalb@t-online.de

    Forschungstauchen an der Uni Konstanz

    ICBM, Universität Oldenburg Postfach 2503, 26111 Oldenburg Ansprechpartner: Frank Donat; Frank.Donat@uni-oldenburg.de,

    Vorausbildung

    Institut für Meereskunde Troplowitzstr.7, 22529 Hamburg, Ansprechpartner: Peter König, peter.koenig@bsh.de