Archiv


Studentenwerke im Fusionsfieber

Wenn von Fusion die Rede ist, dann werden immer gerne die so genannten Synergieeffekte ins Feld geführt. Doch natürlich geht es auch um Sparmöglichkeiten, denn sparsam wirtschaften ist wichtig - besonders auch für die Hochschulen. Und so haben sich Fachleute der Universitäten Hohenheim und Tübingen samt den Kollegen vieler Hochschulen aus dem Neckar-Alb-Raum getroffen, um die Fusion ihrer Studentenwerke voran zu treiben.

Von Cajo Kutzbach |
    45000 Studierende zwischen Stuttgart, Sigmaringen und Geislingen bekommen in einigen Monaten neue gemeinsame Studentenausweise. Zwei Unis und mehrere Hochschulen und Fachhochschulen werden dann von einem gemeinsamen Studentenwerk betreut.
    5800 Wohnheimplätze, mehrere Mensen und bis zu 10000 Bafög-Anträge werden dann von 370 Mitarbeitern an den verschiedenen Standorten verwaltet. Das neue große Studentenwerk wird auf Grund seiner wirtschaftlichen Macht zum Beispiel bei Lieferungen oder Dienstleistungen Rabatte aushandeln können.
    Die Gründe für die Fusion beschreibt Professor Eberhard Schaich, Rektor der Universität Tübingen:

    "Es ist sowohl Synergie-Effekt, als auch Sparnotwendigkeit. Die sind ja generell. Wir haben jetzt hier keinen Sparzwang in dem Sinne, dass die Studentenwerke Hohenheim und Tübingen irgend welche Sonderprobleme hätten, aber, dass wir auf die Dauer sparsam wirtschaften und Synergie-Effekte zeitigen, das wollen wir hier gemeinsam machen und das ist auch sehr einvernehmlich beschlossen."

    Professor Wolfgang Hiller, Rektor der Hochschule Reutlingen bestätigt:

    "Es ist einfach zu Gunsten aller Studierenden, die mit dem gemeinsamen Ausweis und den gemeinsamen Einrichtungen einfach breitere Möglichkeiten haben. Das kann man sich vielleicht in der Zukunft noch ausweiten. Beginn ist Mensabetrieb, ist Bibliothek. Man kann sicherlich an den öffentlichen Nahverkehr noch denken, den man hier noch ausbauen könnte."
    Es wurde sehr viel Wert darauf gelegt, dass die üblichen unschönen Begleiterscheinungen von Fusionen, etwa Entlassungen, vermieden werden, ergänzt Prof. Eberhard Schaich:

    "Mehr Service um den gleichen Preis, oder, der Service verbilligt, oder eben alles zu Gunsten der Studierenden. Also es wird nichts entnommen und anderweitig verwendet. Es kommt dann noch hinzu, dass wir alle diese sozialen Komponenten - das ist zugesichert - wie psychotherapeutische Beratung von Studierenden, oder auch: Es gibt Bestandsgarantien für die kleinen Standorte, die betriebswirtschaftliche Nachteile hätten. Aber das ist alles zugesichert. Dem Personal ist zugesichert, dass niemand entlassen wird. Das halten wir auch für ein Stück soziale Verantwortung in diesem Bereich." "

    Dank des gemeinsamen Studentenausweises können die Studierenden Vorlesungen von Spezialisten ihres Faches, Labore oder Praktika an anderen Standorten besuchen, dort dann auch Bibliothek oder Mensa nutzen und so ihr Studium effektiver, gestalten als bisher. So könnten die Hohenheimer Theologien die in Tübingen besuchen, die Agrarwissenschaftler in Nürtingen das Tropenzentrum der Uni Hohenheim, Balinger Textilingenieure die Kollegen in Reutlingen, usw.

    Diese neue Möglichkeit ist für die beteiligten Hochschulen ein gutes Argument um Studierende zu werben. Welche kleine Fachhochschule kann sonst den kompletten Service zweier Unis bieten?

    Während in Thüringen die Fusion von den Politikern eingefordert wird, tun sich in Baden-Württemberg die Unis und Hochschulen eines ganzen Landstriches freiwillig zusammen. Prof. Bastian Kaiser, Rektor der Hochschule Rottenburg betont:

    "dass diese Fusion nicht bei Null anfängt, sondern, dass wir auf der Ebene der Studentenwerke ohnehin zusammenarbeiten und auf der Ebene von Forschung und Lehre Beziehungen bestehen und dass daraus die Kooperation eigentlich auch entstanden ist. Das mit den Studentenwerken ist ne konsequente Weiterentwicklung unsrer Zusammenarbeit in anderen Bereichen."

    Die Beteiligten wollen den Wettbewerb untereinander nicht ausschalten, aber zusammen arbeiten, wo es Sinn macht. Albrecht Funk, Kanzler der Universität Hohenheim:

    "Es ist natürlich vor allen Dingen auch ein politisches Signal, ein Signal, dass Hochschulen erstmals sich freiwillig ohne politischen Druck, zusammen schließen, gemeinsam etwas machen und zwar da, wo es sinnvoll ist. Es ist weiterhin eine Botschaft an die, die glauben, dass man nicht Hochschul-arten-übergreifend arbeiten könnte. Und insofern werden wir viele Berührungsängste, die es immer noch da und dort gibt, abbauen können durch diese Zusammenarbeit. Ganz wichtig war, und das war der Ausgangspunkt aller Überlegungen: Der Service vor Ort für die Studierenden muss besser werden."