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Studentische Start-ups
Jungen Gründern fehlt das Geld

Viele Universitäten in Deutschland haben sich zu Talentschmieden im Start-up-Bereich entwickelt. Den kreativen Studierenden fehlt allerdings oft die finanzielle Unterstützung für ihre Ideen. Das soll sich jetzt ändern.

Von Samuel Acker | 01.02.2016
    Die Proothie-Erfinder Erik Kolb und Patrick de Sousa Grangeiro.
    Die Proothie-Erfinder Erik Kolb und Patrick de Sousa Grangeiro. (Carmen Radeck)
    Erik Kolb liebt Sport. Der 27-Jährige promoviert an der TU Dortmund in den Wirtschaftswissenschaften, in seiner Freizeit geht er aber häufig ins Fitnessstudio. Zwischen dem Lehrstuhl und der Hantelbank bleibt nicht viel Zeit zum Essen – was ihn vor ein Problem stellt.
    "Dass es wenig Sachen gibt, die man schnell konsumieren kann, die aber dann noch gesund sind. Wenn du in der Stadt unterwegs bist, dann siehst du vor allem Burgerläden, Bratwurst, Pommesstand, solche Sachen, aber wenig gesunde Sachen."
    Zusammen mit dem Informatiker Patrick de Sousa Grangeiro, der ebenfalls gerne Hanteln stemmt, kam Kolb daher die Idee zu ihrem Produkt Proothie: Eine Mischung aus Smoothie, also Früchteshake, und Proteinen.
    Vielen Studenten fehlt das Startkapital
    Mit dieser Idee gewannen die zwei Studenten den Wettbewerb "Startup Cliquen" der TU Dortmund. Der nächste Schritt wäre dann ein eigener Stand in einem großen Einkaufszentrum gewesen. Aber da scheuten die Studenten die großen Investitionen: Bis zu 20.000 Euro hätten alleine der Stand und das Equipment gekostet. Daher pausiert ihr Startup momentan.
    Beratungen erhalten studentische Gründer an Hochschulen leicht, Sach- und Dienstleistungen zu erhalten ist aber sehr aufwendig. Das soll sich in NRW bald ändern. Es werden Wettbewerbe aufgelegt, in denen Studierende schneller, auch ohne aufwendigen Businessplan, Gelder für Startupideen erhalten können.
    Beispielsweise, um Prototypen zu bauen. Das hält auch Christiane Jonietz von der Gründungsberatung der Ruhr-Uni-Bochum für sinnvoll. Denn sie hat bei studentischen Startups bemerkt, " dass die Gründer zu verliebt sind in ihr Produkt und zu lange daran entwickeln, auch am Markt vorbei entwickeln. Die haben dann so viel Zeit rein gesteckt und nicht geguckt, wie das Kundenbedürfnis eigentlich ist."
    Rund 70 Millionen Euro wollen die Ministerien für Wissenschaft und Wirtschaft in NRW bis 2020 investieren. Das Geld soll "die Gründung von technologie- und wissensbasierten Unternehmen unterstützen". Wie genau diese Förderung aussehen soll, bleibt aber vage. Auf Anfrage teilte das Wirtschaftsministerium mit, man befinde sich noch in der Anfangsphase des Programmes und warte auf Antworten zu Wettbewerben.
    Hochschulen brauchen mehr Personal für Startup-Büros
    Christiane Jonietz weiß, wie sie das Geld investieren würde: Sie würde sich über mehr Personal in den Startup-Büros der Hochschulen freuen.
    "Was wir jetzt gemerkt haben ist, dass man wenn die Leute gegründet haben, man auch so ein bisschen am Ball bleiben muss. Denn am Anfang läufts ganz gut in einem Jahr, dann vergessen die Leute die Akquise, und dann kommen die in so ein Loch. Und da muss man sie auch rausholen."
    Doch bei nur eineinhalb Stellen und bis zu zehn Unternehmen, die pro Jahr dazukommen, verliere man die Startups als Berater im zweiten Jahr schnell aus den Augen. Dabei ist dieser Zeitraum besonders gefährlich, sagt Friederike Welter. Sie unterrichtet Gründungswesen an der Universität Siegen. Jedes zweite studentische Startup, so schätzt sie, überlebt nicht einmal die ersten drei Jahre.
    Generell gebe es bei der Etablierung von "Gründungswesen" als Forschungszweig und Teil der Hochschul-Infrastruktur in Deutschland noch viel zu tun. Dabei ließe sich das Thema "Gründungen" recht einfach in den Lehrplan vieler Fachrichtungen integrieren.
    "Ich habe ein Beispiel aus der Universität in Schweden, wo ich unterrichtet habe. Da gab es so 5-Euro-Wettbewerbe. Da kriegte man also im Rahmen des Seminars 5 Euro in die Hand gedrückt und musste dann versuchen, mit diesen 5 Euro ein Geschäftsmodell zu entwickeln."
    Junge Gründer wünschen sich mehr Unterstützung
    Etwas mehr als 5 Euro brauchen die jungen Dortmunder Gründer Erik Kolb und Patrick de Sousa Grangeiro schon, wenn sie ihr Startup weiter betreiben wollen. Von ihrer Uni würden sie sich wünschen, dass diese den Gründern mehr Aufgaben abnimmt.
    Kolb: "Ich glaube, wenn man da wirklich einzelne Bereiche delegieren könnte, wenn man sagen kann: Den ganzen Bereich Marketing, den gebe ich dann. Oder ein Steuerberater, der kann mir in meinem Finanzmodell helfen."
    Und, so ergänzt Patrick de Sousa Grangeiro, die Startup-Berater der Hochschulen müssten das Thema Gründungen mit positiven Beispielen sichtbarer machen – gerade in der Informatik.
    Grangeiro: "Die Ideen sind zu genüge da, aber ich merke immer wieder, dass der Mut fehlt. Oder man einfach nicht weiß, wo man anfangen soll."