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Studie Demografiewandel
Kein Masterplan für kommunale Altersstrategie

Die Deutschen werden immer älter. Im Jahr 2050 wird knapp ein Drittel der Bevölkerung über 65 sein. Forscher sagen, dass sich Städte und Gemeinden darauf einstellen müssen. Mit ihrer Infrastruktur, mit ihren Angeboten. Wie das für die Städte aussehen könnte, das haben die Körber-Stiftung und das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung in einer Studie skizziert.

Von Daniela Siebert | 04.11.2014
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    Es gebe keinen Masterplan für eine kommunale Altersstrategie lautet ein Fazit der Studie, jede Kommune müsse ihren eigenen Weg finden. (picture alliance / ZB)
    80 Seiten umfasst die Studie und behandelt unterschiedlichste Aspekte der Altersfreundlichkeit für die die Kommunen verantwortlich sind. Dabei geht es etwa um Immobilien in Form barrierefreier Wohnungen, aber auch um Rampen und Fahrstühle in öffentlichen Gebäuden, um bezahlbaren Nahverkehr, der auch mit Rollatoren und steifen Gelenken zugänglich ist, um gut lesbare Fahrpläne, um Gesundheitsversorgung, Bildung Kultur- und Freizeitangebote für ältere Bürger. An erster Stelle müssten viele Gemeinden aber erst noch ein Problembewusstsein für die alternde Gesellschaft entwickeln sagt Karin Haist von der Körber-Stiftung:
    "Ja das liegt daran, dass es schleichende Veränderungen sind, da ist nicht über Nacht plötzlich eine Zunahme, 20 Prozent mehr Alte, das wird kommen, aber es ist sehr unmerklich, also kann man natürlich Geld sparen, Aktivität einsparen, indem man erst mal nichts tut."
    Information, Beratung und Treffpunkte für Senioren
    Es gebe keinen Masterplan für eine kommunale Altersstrategie lautet ein Fazit der Studie, jede Kommune müsse ihren eigenen Weg finden. Die Autoren haben Fallbeispiele aus Deutschland, Großbritannien und Irland untersucht und immerhin zehn unentbehrliche Maßnahmen rausgefiltert, die überall ergriffen werden sollten. Etwa dass das Thema auf höchster Ebene verankert wird, wie in Manchester und Newcastle wo sich die Stadtratsvorsitzenden um Alterspolitik kümmern.
    "Außerdem müssten Stadtteilzentren, die nah an den Bürgern sind Information, Beratung und Treffpunkte anbieten wie zum Beispiel Lübeck, wo eine Wohnberatungsstelle Tipps zur altersfreundlichen Wohnungsoptimierung gibt. Weitere Ideen nennt Mitautor Reiner Klingholz Direktor des "Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung".
    "Wir haben sehr viele Menschen in der Bevölkerung über 60, die sich engagieren wollen, aber die sind erst mal ein bisschen hilflos, weil die nicht wissen: Was sollen wir jetzt eigentlich machen? Und die Kommune hat bestimmte Dinge die sie selber nicht mehr eins zu eins erledigen kann und da braucht sie eben die Koordinierungsstellen, da muss eine Person da sein, die diese Menschen zusammen bringt."
    Euskirchen als positives Fallbeispiel
    Zu den positiven Fallbeispielen in der Studie gehört Euskirchen mit seinen rund 55.000 Einwohnern. Die Stadt hat schon 2008 eine Stabsstelle zur Demografie-Planung eingerichtet, die Stephanie Burghardt innehat. Auch sie hat ihre Stadt schon altersfreundlicher gemacht. Sie koordiniert neben den eigenen städtischen Internetseiten für Senioren noch die Redaktion eines Online-Portals, das Senioren selbst betreiben, es gibt Seniorenpaten, die als Ehrenamtliche Senioren zuhause besuchen und unterstützen, Seniorenbesuche in Kitas und Stefanie Burghardt organisiert ein spezielles Seniorenkino:
    "Einmal im Monat findet das statt, vorher gibt es Kaffee und Kuchen und seit Neuestem machen wir es auch so, dass vor dem Film an die Leinwand projiziert kommende Termine für Seniorinnen und Senioren bekannt gemacht werden, z. B. Kriminalitätsprävention, das lief jetzt vor Kurzem oder vom Tierschutzverein, die suchen Menschen, die Tiere aufnehmen von älteren Menschen, die ins Krankenhaus müssen für eine bestimmte Zeit, die dann nicht wissen wohin mit dem Tier!?"
    Burghardt tauscht sich schon regelmäßig mit anderen Gemeinden über gute und schlechte Erfahrungen in der Seniorenarbeit aus. Solches Netzwerken empfiehlt auch die Studie und bedauert dass an dem 2010 von der WHO installierten Netzwerk Agefriendly Cities and Communities noch niemand aus Deutschland beteiligt ist.