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Philipp Oswalt und Stefan Rettich
Studie empfiehlt: Bushaltestellen auf dem Land zu Treffpunkten machen mit WLAN, Ladestationen, Tauschboxen etc. - damit die Verkehrswende klappt

Die Architekten Philipp Oswalt und Stefan Rettich plädieren nach einem umfangreichen Forschungsprojekt dafür, Bushaltestellen im ländlichen Raum zu Treffpunkten auszubauen. Ziel ist es, den öffentlichen Personennahverkehr attraktiver zu machen. Durch die Aufwertung versprechen sie sich eine stärkere Nutzung.

    Eine leere Bushaltestelle an einer leeren Straße
    WLAN-Versorgung, gute Sitzbereiche, Tauschboxen, Ladestationen für E-Bikes, Direktvermarktungen von Lebensmitteln - es gebe viele Möglichkeiten, aus ländlichen Bushaltestellen "Mobilitäts-Hubs" zu machen, meinen die Architekturwissenschaftler. (imago images / serienlicht)
    An die Stelle der derzeit wohl vielfach charakteristischen einsamen Haltestelle an der Landstraße oder dem baufälligen Wartehäuschen am Feldweg sollen Orte treten, an denen man Lust zum Verweilen hat oder zusätzliche Besorgungen erledigen kann. Attraktivitätssteigerungen sehen die Forscher von der Universität Kassel in jedem Fall durch WLAN-Versorgung, gute Sitzbereiche und Paketstationen - beispielsweise für Onlinelieferdienste, Tauschboxen für Kleidungsstücke oder Direktvermarktungen von Lebensmitteln.

    Je größer und zentraler die Haltestelle, desto mehr Angebote

    Je größer oder zentraler die Haltestelle, desto größer könne das zusätzliche Angebot werden - dann etwa auch mit Ladestation für E-Bikes, gastronomischen Angeboten oder Reparaturläden. Denkbar sei vieles, erklären die Forscher, damit sich das Warten auf den Bus lohne.
    Ein solcher Ansatz fehlt nach ihren Erkenntnissen bislang für den ländlichen Raum. Im städtischen Bereichen sei die Idee, Haltestellensystem durch sogenannte "Mobilitäts-Hubs" zu ersetzen und attraktiver zu gestalten, bereits etabliert. Insgesamt zeige die Studie deutlich, welche enormen qualitativen, aber auch räumlichen Ressourcen mit einem flächendeckenden Umbau der Haltestellensysteme und der sie umgebenden Straßenräume für die Verkehrswende im ländlichen Raum gehoben werden könnten.

    Busnetze optimieren und individuell buchbare Fahrdienste einrichten

    In Zusammenarbeit mit den örtlichen Verkehrsverbünden müssen laut der Studie darüber hinaus das Busnetz optimiert und Vorschläge für den Einsatz von On-Demand-Angeboten entwickelt werden. Das sind über Apps oder per Telefon individuell buchbare Fahrdienste, die den ÖPNV dort ergänzen, wo sich klassische Nahverkehrslinien nicht lohnen. Das können zum Beispiel auch autonom fahrende Busse sein, mit denen bereits experimentiert wird.
    Frühere Studien haben gezeigt, dass "On-Demand-Ridepooling"-Angebote eine sinnvolle Ergänzung sind. Klar sei allerdings, schreiben Oswalt und Rettich, "diese dreifache Verkehrswende – für den Klimaschutz, den öffentlichen Verkehr und die Qualität ländlichen Lebens – erfordert aber auf vielen Ebenen politische Weichenstellungen und Investitionen der öffentlichen Hand."

    Komplette Studie wird in Kürze veröffentlicht

    Die Ergebnisse ihres Forschungsprojekts "Neue Mobilität und Mobilitäts-Hubs im ländlichen Raum" liegen bislang nur als Kurzbroschüre vor. Die komplette Untersuchung im Auftrag des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen wird in Kürze veröffentlicht, wie das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung dem Deutschlandfunk auf Anfrage mitteilte. Der Abschlussbericht befinde sich aktuell noch in der Aufbereitung, heißt es.
    Diese Nachricht wurde am 14.09.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.