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Studie
Jeder vierte Manager würde unethisch handeln

Es ist ein Klischee: Der Manager, der sich in die eigene Tasche wirtschaftet oder es zugunsten seiner Karriere mit den Regeln nicht ganz so genau nimmt. Eine Studie der Unternehmensberatung EY zeigt nun: Jeder vierte Manager in Deutschland wäre zu unethischem Handeln bereit.

Von Brigitte Scholtes |
    Ein Mann mit Aktentasche geht ins Büro und spiegelt sich dabei in den Glasscheiben.
    Während in Westeuropa im Schnitt nur jeder siebte Manager um der eigenen Karriere willen zu unethischem Verhalten bereit wäre, ist das in Deutschland jeder vierte. (dpa-Bildfunk / Oliver Berg)
    Vom nötigen Kulturwandel in den deutschen Unternehmen war in den vergangenen Jahren häufig die Rede, doch die zahlreichen Rechtsverstöße etwa in den Banken und nicht zuletzt der Dieselskandal bei VW zeigen, dass es damit nicht weit her ist. Bestechung und korrupte Methoden im Geschäftsgebaren halten 43 Prozent der deutschen Manager für verbreitet - 2015 waren das gerade einmal 26 Prozent.
    Während in Westeuropa im Schnitt nur jeder siebte Manager um der eigenen Karriere willen zu unethischem Verhalten bereit wäre, ist das in Deutschland jeder vierte. Jeder zehnte kann sich so vorstellen, der Unternehmensführung falsche Informationen zu geben oder die Regulierungsbehörden zu täuschen.
    "Kenntnis bestimmter Normen ist unerlässlich"
    Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Umfrage der Unternehmensberatung EY unter 4.100 Managern der oberen Führungsebenen in Europa, dem Mittleren Osten, Indien und Afrika. Danach hat sogar mehr als jeder zweite der 100 allein in Deutschland befragten Manager in seinem eigenen Unternehmen schon unethisches Verhalten beobachtet. Und das trotz strengerer Compliance-Regeln. Dennoch zeige etwa das Beispiel großer amerikanischer Firmen, wie wichtig diese rechtlichen Vorschriften für Unternehmen seien, sagt Jesco Kreft, Geschäftsführender Vorstand der Hamburger Stiftung für Wirtschaftsethik:
    "Die Kenntnis bestimmter Normen in ihren Ausgestaltungen für den Unternehmensalltag ist für die eigene ethische Bewertung und für die Justierung des eigenen Verhaltens eben unerlässlich. Ich denke aber, dass man aus der Praxis eben auch sieht, dass Compliance-Regeln allein nicht ausreichend sind, sie sind sicherlich notwendig. Aber für eine tatsächliche ethische Umsteuerung braucht es immer einen Dualismus von Compliance und 'integrity', also letztlich auch ein Wertmanagement, das von juristischen Bewertungen abgehoben ist."
    Junge Leute sind eher bereit, Grenzen zu überschreiten
    Erschreckend aber ist, dass die moralische Haltung der jüngeren Generation da nicht besser ist. Gemessen an allen Befragten rechtfertigen drei Viertel der 25- bis 34-Jährigen unethisches Verhalten. Dass die jungen Menschen eher bereit seien, fünf gerade sein zu lassen, sei eine generelle Beobachtung, sagt Wirtschaftsethiker Kreft:
    "Auf bestimmten Skalen kann man messen, dass junge Leute eher mal bereit sind, für den beruflichen Erfolg auch Grenzen zu überschreiten, zum Teil auch strafrechtliche Grenzen, weil diese ihnen eben auch gerade nicht explizit bekannt sind."
    Deshalb seien gerade auch Compliance-Regeln sehr wichtig, damit sich ihr ethisches Bewusstsein entfalten könne.