Donnerstag, 02. Mai 2024

Internationales Forschungsprojekt
Studie über Online-Antisemitismus vorgestellt

Latenter Antisemitismus in den sozialen Medien ist einer Studie der Technischen Universität Berlin zufolge nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 in puren Hass und Gewaltverherrlichung umgeschlagen.

21.04.2024
    Ein Mann tippt auf der Tastatur eines Computers
    Ausgewertet wurden Kommentare in sozialen Medien und auf Zeitungs-Websites. (picture alliance / ZB / Thomas Eisenhuth)
    In dem länderübergreifenden Forschungsprojekt hat ein internationales Wissenschaftler-Team untersucht, wo und wie Antisemitismus in den Kommentarbereichen seriöser deutscher, britischer und französischer Medien offen oder verdeckt vorkommt. Wie Studienleiter Matthias Becker vom Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin sagte, wurden dazu 130.000 Nutzer-Kommentare auf den Zeitungs-Webseiten sowie auf deren jeweiligen Seiten bei Facebook, Youtube, X (vormalsTwitter), Instagram und TikTok ausgewertet. Darunter waren Medien wie "The Guardian", "Le Monde" und "Die Zeit".
    Becker zufolge wird ein Großteil der antisemitischen Ideen in diesem "politisch gemäßigten Online-Milieu" codiert ausgeführt: "80 bis 85 Prozent des Antisemitismus sind implizit, also in Form von Anspielungen, Wortspielen, rhetorischen Fragen." Dazu gehörten beispielsweise Wortspiele wie "Zionazis".
    Der 7. Oktober habe dann international zu einer völlig neuen Form antisemitischer Kommunikation geführt, sagte der Wissenschaftler. Der Diskurs habe sich von Stereotypen und Analogien entfernt und sei in sogenannte Selbstpositionierungen umgeschlagen. Der Hamas-Terror sei von den Userinnen und Usern offen gutgeheißen, begrüßt und gerechtfertigt worden.
    In britischen Medien betraf dies nach Beckers Angaben teils mehr als 50 Prozent der Kommentare, in französischen Medien zum Teil sogar 60 Prozent und in Deutschland bis zu 25 Prozent. Später sei der Diskurs zu den üblichen Mustern der Dämonisierung Israels, NS- und Apartheid-Analogien sowie dem Genozidvorwurf zurückgekehrt.