Klimaforschung
Studie: Vorhersage von Klimakipppunkten viel unsicherer als gedacht

In der Klimaforschung werden große Teile des Erdsystems als Kippelemente bezeichnet, die durch kleine Veränderungen plötzlich in einen anderen Zustand übergehen. Dazu zählen unter anderem der Amazonas-Regenwald oder das Eis der arktischen Meere. Eine Studie beschreibt nun die Schwierigkeit, die sogenannten Kipppunkte, zu dem bestimmte Teile unseres Klimasystems zusammenbrechen könnten, genau vorherzusehen.

    Bild des Koenigsfjord auf Spitzbergen im Nordpolarmeer. Eis treibt im Wasser.
    Die Erkenntnis der Studie: es ist schwieriger als gedacht, vorherzusagen, wann bestimmte Teile des Klimasystems große Veränderungen durchmachen werden. (picture alliance / photothek)
    Vorhersagen, wann große Veränderungen im Klimasystem eintreffen werden, sind sehr unsicher. Zu dem Ergebnis kommt eine Studie, an der auch Forschende der Technischen Universität München und des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung beteiligt waren. Sie wurde im Fachjournal „Science Advances“ veröffentlicht. Diese Vorhersagen zu Kippunkten sind unsicher, weil die zugrunde liegenden Daten und Annahmen oft ungenau sind. Kippelemente können durch kleine Veränderungen plötzlich und drastisch reagieren, aber den genauen Zeitpunkt dieser Reaktionen vorherzusagen, ist äußerst schwierig, so die Forscher.
    Als Beispiel führt die Studie die Atlantische Umwälzzirkulation (AMOC) an, ein wichtiger Bestandteil der globalen Zirkulation der Ozeane. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass der vieldiskutierte Zeitpunkt des möglichen Überschreitens des Kipppunkts nicht genauer als zwischen den Jahren 2053 und 8065 eingrenzt werden kann. Dabei ziehen die Wissenschaftler immer wieder Vergleiche zu einer Studie aus dem vergangenen Jahr, die stark kritisiert wurde. Die Studie sagte einen Kollaps der AMOC für das Zeitfenster zwischen 2025 und 2095 voraus.

    Drei Gründe der Unsicherheit

    Die aktuelle Studie sieht drei Hauptursachen für die Unsicherheit bei der Vorhersage von Kipppunkten im Klimasystem. Erstens basieren die bisherigen Prognosen auf Annahmen über die zugrunde liegenden physikalischen Mechanismen und zukünftigen menschlichen Einflüsse. Diese Annahmen seien oft zu stark vereinfacht, was zu erheblichen Fehlern führen könne.
    Zweitens sind langfristige und direkte Beobachtungen des Klimasystems selten, wodurch wichtige Komponenten des Erdsystems möglicherweise nicht angemessen durch die vorhandenen Daten repräsentiert werden.
    Drittens sind historische Klimadaten oft unvollständig. Insbesondere für weiter zurückliegende Zeiträume bestehen große Datenlücken. Die Methoden, die zum Füllen dieser Lücken verwendet werden, können zu Fehlern in den statistischen Modellen führen, die zur Vorhersage möglicher Kipppunkte genutzt werden.
    Diese Nachricht wurde am 02.08.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.