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Studie zu Triclosan
Desinfektionsmittel schädigt den Darm von Mäusen

Das Desinfektionsmittel Triclosan wird nicht nur in Krankenhäusern, sondern auch in Matratzenschonern, Zahnpasta, Kosmetik und Spielzeug eingesetzt, um Keime fernzuhalten. Doch nun haben Forscher entdeckt: Bei Mäusen schädigt das weit verbreitete Mittel den Darm und treibt die Entwicklung von Krebs voran.

Von Christine Westerhaus | 31.05.2018
    Im Notfallzentrum eines Krankenhauses desinfiziert ein Pfleger seine Hände an einem Spender.
    Triclosan kommt unter anderem in Arztpraxen und Krankenhäusern zum Einsatz. (dpa-Zentralbild/Hans-Jürgen Wiedl)
    Es ist eine Frage, die schon viele Forscher beschäftigt hat: Warum kommen bestimmte Krankheiten in der westlichen Welt häufiger vor als in Entwicklungsländern? Ein typisches Beispiel sind die chronisch entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Schon länger vermuten Forscher, dass Zusatzstoffe in der Nahrung oder in Alltagsgegenständen schuld daran sein könnten. Guodong Zhang und seine Kollegen von der Universität von Massachusetts in Amherst haben sich nun eine dieser verdächtigen Verbindungen genauer angeschaut.
    "Vielen Studien haben gezeigt, dass die Darmbakterien eine wichtige Rolle bei Entzündungen oder Darmkrebs spielen. Und weil Triclosan ein bekanntes Mittel ist, das Bakterien abtötet, wollten wir herausfinden, ob diese Verbindung die Zusammensetzung der Mikrobengemeinschaft im Darm stört und dadurch womöglich Entzündungen auslöst oder sich auf Darmkrebs auswirkt."
    Die Tumore wuchsen deutlich während der Behandlung
    Die Forscher haben Mäusen über die Nahrung Triclosan verabreicht. Und zwar in ähnlichen Konzentrationen, wie sie auch Menschen in der westlichen Welt ausgesetzt sind. Nach drei Wochen zogen die Forscher Bilanz: Und entdeckten, dass sich im Darm der mit Triclosan behandelten Mäuse Entzündungen gebildet hatten. Außerdem untersuchten die Forscher Nager, die bereits eine chronisch entzündliche Darmerkrankung entwickelt hatten: Bei diesen Tieren verstärkte die Triclosangabe die Symptome. Und auch bei Mäusen mit ersten Anzeichen von Darmkrebs machten die Forscher eine beunruhigende Entdeckung: Die Tumore wuchsen deutlich während der Behandlung. Guodong Zhang vermutet, dass Darmbakterien dafür verantwortlich sind.
    Wir haben in unserer Studie gesehen, dass die Diversität der Bakterien im Darm der behandelten Tiere abnimmt und dass auch einige nützliche Mikroben seltener werden. Etwas Ähnliches haben Forscher kürzlich auch bei Menschen beobachtet: Wer regelmäßig eine Zahnpasta benutzt, die Triclosan enthält, verändert die Bakteriengemeinschaft im Darm. Ich denke daher, dass Triclosan so viele unterschiedliche Symptome auslöst, weil es auf die Mikroben wirkt."
    Dafür spricht auch eine weitere Beobachtung: Bei Mäusen, die komplett keimfrei, also ohne Bakterien leben, zeigte Triclosan diese Effekte nicht. Guodong Zhang vermutet, dass auch andere Desinfektions- oder Konservierungsmittel auf die Vielfalt im Darm wirken. Und dafür gibt es sogar schon Beweise:
    "Wir haben weitere antimikrobielle Verbindungen getestet, die in alltäglichen Produkten verwendet werden. Zwei von ihnen zeigten ähnliche Effekte wie Triclosan. Wir sollten uns diese Verbindungen und ihre Wirkung also genauer ansehen, um Konservierungsmittel zu entwickeln, die sich besser eignen. Denn ich denke trotzdem, dass sie für unser Leben essenziell sind.
    Wirkungen auf den Menschen noch unklar
    Auch auf das Triclosan werden die Menschen nicht von heute auf morgen verzichten können. In den USA werden jährlich mehrere Millionen Kilogramm davon verwendet. Diesen massenhaften Einsatz sollte man überdenken, meint Guodong Zhang. Auch wenn bisher nur bewiesen ist, dass Triclosan den Darm von Mäusen schädigt.
    "Noch ist es zu früh, etwas darüber zu sagen, wie Triclosan auf die menschliche Gesundheit wirkt. Weil es aber so häufig benutzt wird, sollten wir das aber auf jeden Fall genauer untersuchen. Und wir sollten die Vorteile gegen die Nachteile abwägen, bevor wir Triclosan in alltäglichen Produkten verwenden. Momentan wird es einfach zu häufig benutzt, wir finden es fast überall in unserer Umgebung."