
Knapp 42 Milliarden Euro Dividende schütten in diesem Jahr alle deutschen Aktiengesellschaften an ihre Aktionäre aus. Das sind 13,4 Prozent mehr als im Vorjahr – und Rekord: Der stammt bisher aus dem Jahr 2008 mit insgesamt gut 38 Milliarden Euro, hat die DSW, die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz in ihrer jährlichen Studie ermittelt. Dabei haben die 30 DAX-Unternehmen fast zehn Prozent mehr an Dividenden ausgekehrt, die im MDAX vertretenen Gesellschaften aber sogar ein Drittel mehr. In den letzten Jahren habe es deutliche Verschiebungen gegeben, sagt Christian Röhl, Autor der DSW-Studie:
Früher die großen Dividendenzahler waren die Deutsche Telekom und die großen Versorger Eon und RWE. Die sind in den Top 5 jetzt gar nicht mehr drin. Der größte Zahler jetzt ist Allianz vor Siemens, das sind die Unternehmen, wo jetzt auch die Ertragsqualität ist.
Von den DAX-30-Werten werden nur die Commerzbank und voraussichtlich die Lufthansa die Dividende in diesem Jahr streichen, zwei Drittel zahlen mehr. Besser sieht es im MDAX aus: Da dürften wahrscheinlich alle Index-Titel eine Dividende ausschütten. Allerdings herrscht unter den 350 Nebenwerten, die schon mindestens zehn Jahre gelistet sind, eine schlechte Zahlungsmoral: Fast die Hälfte hat noch nie etwas an ihre Aktionäre gezahlt.
Lange galt die Dividende nur als kleines Zubrot zu den Kursgewinnen. Aber inzwischen denkt man anders und feiert sie häufig sogar schon als den neuen Zins, eine Einschätzung, die Röhl etwas Angst macht – aus zwei Gründen:
Erstens: Zinsen sind, sofern sie nicht gerade aus Griechenland kommen, verlässlich. Dividenden können auch gekürzt werden – selbst bei guten Unternehmen, das haben wir 2008/2009 zur Genüge sehen müssen. Zweitens: Anleihen, die normalerweise Zinsen zahlen, entwickeln sich relativ stabil. Aktien werden, auch wenn das momentan in dieser Börsenphase mal wieder niemand glauben mag, auch mal wieder 20, 25 Prozent verlieren. Folglich: Ja, Dividenden sind eine sehr gute Einnahmequelle für Aktionäre, aber nein, sie sind nicht so sicher wie Zinsen. Denn die Sicherheit, die wir in der Vergangenheit gehabt haben, die gibt es nicht mehr.
Die Anteilseigner sollten vor allem auf die Kontinuität der Ausschüttung achten, meint Christian Röhl, der auf die sogenannten Dividendenaristokraten in den USA verweist: 10 Prozent der größten Unternehmen hätten dort in den letzten 25 Jahren die Ausschüttungen jedes Jahr erhöht, sagt Christian Röhl:
Hier in Deutschland ist das beste Unternehmen in puncto Kontinuität Fresenius Medical Care aus dem DAX mit gerade einmal 18 Anhebungen in Folge. Und nur sieben von über 600 Unternehmen haben mehr als zehn Jahre in Folge die Dividende angehoben, darunter ein sehr bekannter Name nochmal, mit Fielmann ein familiendominierter Augenoptiker.