Donnerstag, 25. April 2024

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Studie zum Wagner-Kult
Wagner-Vereine zwischen Fan-Klub und Selbsthilfe

Richard Wagner habe fleißig am Phänomen der Wagner-Vereine mitgearbeitet und sie selbst mit ins Leben gerufen, sagte Musikwissenschaftlerin Elfi Vomberg im Dlf. Heute seien die Wagnerianer weltweit "Reisegemeinschaft, Fan-Klubs, Förderverein und Selbsthilfegruppe", wie Vomberg in ihrer Studie feststellen konnte.

Elfi Vomberg im Gespräch mit Raoul Mörchen | 01.10.2018
    Bildnis Richard Wagners um 1867
    Weltweit gibt es 137 Wagner-Vereine, die den Kult um den Komponisten pflegen (imago/Arkivi)
    "Wagner war ja - ganz modern - sein eigener PR-Mann", so Vomberg. Er habe neben der Gründung der Vereine auch dafür gesort, dass sie sich schnell verbreiten. Im Unterschied zu anderen Komponisten habe er seinen Fans viel geboten: "Er hat ein Gesamtkunstwerk geschaffen. Er hat über Philosophie nachgedacht, über Kulturpolitik. Ihm ist es zu verdanken, dass der Zuschauerraum im Opernhaus verdunkelt ist. Man konnte an sehr vielen Stellen in seinem Werk partizipieren."
    "Wagner-Vereinsmitglieder sind sehr erlebniskonsumistisch"
    Wargnerianer wollten gemeinsam ins Opernhaus gehen und sich danach darüber austauschen. Zudem habe Vomberg in den Interviews, die sie für ihre Studie mit Wagnerianern führte, immer wieder erfahren, dass diese Menschen aufgrund der Komplexität des Wagner-Werkes den Austausch suchten, weil sie sonst befürchteten verrückt zu werden.
    Wagner-Vereine gibt es auf der ganzen Welt. Vomberg konnte in ihrer Forschung für die Studie feststellen, dass fast alle Wagnerianer Gegner des Regietheaters seien und mindestens einmal die Bayreuther Festspiele besuchen wollten. Japan sei aufgrund der Gesellschaft ein wenig anders. Wagners Musik diene dort als "emotionaler Katalysator" und die Vereine quasi als Selbsthilfegruppe. Mit der Bewunderung zu Wagner würden man in Japan nicht unbedingt hausieren gehen, erklärte die Musikwissenschaftlerin.
    137 Wagner-Vereine sind heute auf der ganzen Welt registriert
    1871 gründete der Musikalienhändler Emil Heckel in Mannheim den ersten Richard-Wagner-Verein, Dutzende folgten. "Wagnerianer" sein, war eine Weltanschauung, und ist es für viele offenbar noch heute: Im Internationalen Richard-Wagner-Verband jedenfalls sind aktuell 137 Ortsvereine auf der ganzen Welt registriert mit über 20.000 Mitgliedern. Den Kult um Wagner und der Treue seiner Anhänger hat die Musikwissenschaftlerin Elfi Vomberg in einer umfangreiche Studie untersucht.
    Informationen zum Buch:
    Elfi Vomberg: "Wagner-Vereine und Wagnerianer heute"
    Königshausen und Neumann 2018, Thurnauer Schriften zum Musiktheater, Band 34.