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Studienfinanzierung in den USA
Mit Einkommensteilung aus der Schuldenfalle

Jung, Akademiker, verschuldet – das ist für viele Absolventen in den USA Realität. Ein neues Finanzmodell, bei dem die Unis Gebühren mitfinanzieren, verspricht Abhilfe. Die Höhe der Rückzahlungsrate nach dem Studium orientiert sich am Einkommen. Davon profitieren allerdings nicht nur die Studierenden.

Von Heike Wipperfürth | 28.01.2019
    College-Absolventen in Kalifornien
    Studierende einer Universität in Indiana können einen Teil der Gebühren von der Universität finanzieren lassen ( imago/ZUMA Press)
    "Das neue Studienfinanzierungsmodell hat mir viel mehr finanzielle Handlungsfreiheit verschafft".
    In einem Werbespot der Purdue Universität im US-Bundesstaat Indiana preist der Studierende Paul Laurora das innovative Finanzmodell an, mit dem seine Uni die Schuldenkrise lösen will: Einkommensteilung heißt das neue Zauberwort. Gemeinsam mit Wall-Street-Investoren finanziert die Uni einen Teil der Gebühren ihrer Studierenden. Dafür müssen diese später einen Anteil ihres Einkommens an die Uni zurückzahlen – gewöhnlich über einen Zeitraum bis zu 10 Jahren. Marie-Claire Cartwright leitet dieses Studienfinanzierungsmodell an der Purdue Universität:
    "Das ist ein Modell für Studierende, die alle Möglichkeiten der Kreditaufnahme ausgeschöpft haben, keine bundesstaatlichen Mittel wie Förderungen oder Stipendien mehr bekommen und weder private Darlehen wollen, noch, dass sich ihre Eltern verschulden, um ihr Studium zu bezahlen."
    Rückzahlung bereits sechs Monate nach Studium
    Diese Form der Studienfinanzierung steckt in den USA zwar noch in den Kinderschuhen, stößt aber auf wachsendes Interesse, seit die Studienschulden von 44 Millionen Amerikanern auf 1,5 Billionen Dollar angestiegen sind. Alleine die Purdue Universität hat so schon 800 Studierende mit fast 10 Millionen Dollar finanziert und erst vor kurzem weitere 10 Millionen Dollar von Investoren zur Studienfinanzierung erhalten. Doch die Methode der Einkommensteilung ist nicht ganz unumstritten. Die Studierenden müssen sich verpflichten, sechs Monate nach Ende ihres Studiums mit den Rückzahlungen zu beginnen. Vorwürfe etwa, dass Absolventen in schlechter bezahlten Berufen benachteiligt werden, weil ihnen von ihrem Einkommen weniger bleibt als bei besser verdienenden Absolventen, halten Befürworter des Finanzierungsmodells für unbegründet. Zu ihnen gehört auch Kevin James, Gründer von Better Future Forward, einer Organisation, die die Collegeausbildung sozial schwacher Jugendlicher durch Einkommensteilung fördert:
    "Während Literaturstudierende einen etwas höheren Prozentsatz ihres Einkommens bezahlen, bezahlen Ingenieure einen niedrigeren Prozentsatz ihres höheren Gehaltes. Das wurde so gemacht, damit alle Studierenden im Schnitt die gleichen Gebühren bezahlen."
    Und doch gehen Studierende und Investoren bei der Einkommensteilung ein Risiko ein. Denn erst wenn Absolventen einen Job mit Jahreseinnahmen von mindestens 20,000 Dollar haben, müssen sie mit der Rückzahlung beginnen. Wer jedoch hervorragend verdient, zahlt übermäßig zurück: bis zu 250 Prozent des Betrags, den er erhielt. Die Prozentspanne für jede 10,000 Dollar Finanzierung liegt zwischen 1,7 und 5 Prozent. Warum aber Studierende mit Einkommensteilung belasten, wenn Stipendien sie viel besser vor einem großen Schuldenberg retten könnten? Weil das neue Modell für eine breitere Masse geeignet ist, sagt Kevin James:
    "Für ein Stipendienprogramm muss man erst beträchtliche Spenden einsammeln. Das reicht nicht aus, um vielen Jugendlichen zu helfen. Einkommensteilung dagegen kann Millionen von Jugendlichen helfen, weil das Modell finanziell tragfähig ist."
    Universitäten verdienen Rendite am Modell
    Um Renditen mit dem beruflichen Erfolg ihrer Studierenden zu verdienen, bieten neben Programmierakademien im Silicon Valley inzwischen auch rund ein Dutzend privater Universitäten in New York, Pennsylvania und Kalifornien spätere Zahlung der Gebühren an. Auch die Purdue Universität will mit ihrem Modell eine Rendite von 6 Prozent erwirtschaften. Ob das klappt, ist noch nicht klar. Marie-Claire Cartwright:
    "Wir sind in unserem dritten Jahr und haben fast 200 Uniabsolventen, die mit der Rückzahlung beginnen. Aber viele von ihnen haben im Mai letzten Jahres ihr Studium abgeschlossen und beginnen erst in diesem Monat damit."
    Ein Zahlungsmodell, über das derzeit viel in der US-Presse berichtet wird. Doch Aktivisten wie Julie Margetta Morgan vom liberalen Think Tank Roosevelt Institute in New York, glauben nicht, dass es das Studium in den USA erschwinglicher macht. Im Gegenteil:
    "Die Einkommensteilung ist zeitlich begrenzt und löst das Problem der monatlichen Rückzahlung der Studienkredite, die so viele Amerikaner belastet. Aber das Problem, dass Studierende einen immer grösser werdenden Teil ihres Einkommens für ihre Ausbildung ausgeben müssen, das löst sie nicht. Und das ist das viel größere Problem."