Dienstag, 30. April 2024

Archiv


Studienganggenehmigung im Paket

Die Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität hat sich als erste Hochschule in Deutschland im System akkreditieren lassen. Damit muss sie nun nicht mehr einzelne Studiengänge genehmigen lassen und übernimmt die Qualitätssicherung selbst. Bis zur Akkreditierung hat es aber drei Jahre gedauert.

Von Kerstin Ruskowski | 31.03.2011
    Bisher war es so: Wenn eine deutsche Hochschule einen neuen Studiengang anbieten wollte, musste dieser ein sogenanntes Akkreditierungsverfahren durchlaufen. Dafür beauftragte die Hochschule eine der sechs vom Akkreditierungsrat zugelassenen Akkreditierungsagenturen. Diese stellte dann ein Team von Gutachtern zusammen, die anhand von mehreren hundert Seiten starken Antragsunterlagen und durch eine Vor-Ort-Begehung überprüften, ob der jeweilige Studiengang die Anforderungen des deutschen Akkreditierungsrats erfüllt. Dieses Verfahren wird im Fachjargon Programmakkreditierung genannt, weil jedes Programm für jeden einzelnen Studiengang einzeln begutachtet wird. Alle paar Jahre wird das Prozedere wiederholt: Es kommt zur Reakkreditierung.

    Bei dem neuen Verfahren der Systemakkreditierung wird nicht mehr jeder Studiengang einzeln begutachtet und akkreditiert. Stattdessen überprüft das von einer Akkreditierungsagentur berufene Gutachterteam das interne Qualitätssicherungssystem der Hochschule. Die Hochschule als ganze erhält dann das Siegel des Akkreditierungsrats und kann selbstständig Studiengänge entwerfen und anbieten, ohne dass diese einzeln begutachtet werden müssten. Achim Hopbach ist Geschäftsführer des Akkreditierungsrats:

    "Ein wesentlicher Grund war, die Selbststeuerungsfähigkeit der Hochschulen zu stärken und ein Verfahren zu entwickeln, das stärker der Hauptverantwortung der Hochschulen für Qualität in Studium und Lehre Rechnung trägt."

    Mit der Systemakkreditierung wird die Kompetenz also verschoben – und zwar in die Hochschule. Doch um überhaupt systemakkreditiert werden zu können, muss die jeweilige Hochschule erst einmal interne Strukturen zur Qualitätssicherung schaffen.

    An der Uni Mainz gibt es das "Zentrum für Qualitätssicherung" schon seit 1999. Und trotzdem hat das Verfahren zur Systemakkreditierung dort fast drei Jahre gedauert. Denn bei einem Systemakkreditierungsverfahren kommt die Gutachtergruppe zwei Mal zu Besuch: ein Mal, um das interne Qualitätssicherungssystem zu bewerten und ein zweites Mal, um eine Stichprobe von Studiengängen im Sinne der Programmakkreditierung zu begutachten. Uwe Schmidt leitet das Zentrum für Qualitätssicherung der Uni Mainz:

    "In Mainz bedeutete das damals noch – dieses Verfahren ist inzwischen modifiziert worden – dass wir 15 Prozent aller Studiengänge, die damals im Bereich Bachelor/Master gelaufen sind, noch einmal programmakkreditieren lassen mussten im Rahmen dieses Verfahrens. Und das hat auch so lange gedauert, weil es waren insgesamt 14 Studiengänge. Das ist heute anders, das ist deutlich reduziert worden, sodass die Hochschulen jeweils nur noch bis zu drei Studiengänge akkreditieren lassen müssen – im Sinne einer Stichprobe."

    Ein Verfahren zur Systemakkreditierung ist also deutlich aufwändiger als eines zur Programmakkreditierung. Dabei war die Idee anfangs, die Systemakkreditierung könnte den Verfahrensaufwand verringern. Achim Hopbach.

    "Es ist richtig, dass in der Diskussion sehr häufig auch über den verminderten Aufwand gesprochen wurde. Ich war allerdings immer der Auffassung, dass das ein Trugschluss war. Der Akkreditierungsrat hat das seinerzeit auch versucht deutlich zu machen in der Diskussion. Qualitätssicherung bedeutet Aufwand, Qualitätssicherung ist auch teuer - der Unterschied zu den Verfahren der Programmakkreditierung liegt hier allerdings vor allen Dingen darin, dass der Aufwand in die Hochschule verlagert wird."

    Eines ist sicher: Für die Systemakkreditierung sind insgesamt weniger Verfahren nötig als für die Programmakkreditierung. Wird das Siegel erteilt, gilt es für zunächst sieben Jahre, in denen die Uni selbst die Verantwortung für die Qualitätssicherung der einzelnen Studiengänge übernimmt. Bei der Programmakkreditierung muss jeder Studiengang nach fünf Jahren überprüft werden.
    Bis auf Weiteres sollen die Hochschulen zwischen System- und Programmakkreditierung wählen können. Es gibt keine Verpflichtung zur neuen Form der Systemakkreditierung. Vielleicht schreckt diese sogar manche Hochschule ab, meint Achim Hopbach:

    "Sie müssen sich vorstellen, welche Konsequenz eine Negativentscheidung der Systemakkreditierung für eine Hochschule hätte. Ich geh davon aus, wenn eine Systemakkreditierung negativ beschieden wird, dann steht das am andern Tag in der Zeitung. Denn das hat natürlich ganz erhebliche Auswirkungen für die Hochschule: Als Konsequenz müssten wiederum alle Studiengänge durch die Programmakkreditierung gehen. Und das hat natürlich öffentliches Aufsehen zur Folge."