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Studiengebühren durch die Hintertür?

Kein leichter Gang für Wissenschaftsminister Jürgen Zöllner. Er besuchte die Universität Mainz, um dort mit Studierenden über das Studienkontenmodell zu diskutieren. Ein Großteil der Studierenden lehnt das Modell ab.

    Ein Beitrag von Anke Petermann

    Schon vor Beginn der Diskussion ist klar: Jürgen Zöllner, der SPD-Wissenschaftsminister von Rheinland-Pfalz begibt sich in die Höhle des Löwen. Der Großteil der Studierenden lehnt die Studienkonten ab, die Zuteilung einer bestimmten Anzahl von Semesterwochenstunden also, von denen nach Gebrauch abgebucht wird.

    Im Grunde genommen würde ich Studiengebühren oder Studienkonten befürworten, wenn klar wäre, dass das Geld der Universität zur Verfügung gestellt wird, was ja auch nicht klar ist. Die Einführung von Studienkonten ist die Einführung von Studiengebühren durch die Hintertür. Schon heute studieren mehr als die Hälfte der Studenten über die Regelstudienzeit. Über kurz oder lang bedeutet das Studiengebühren. Das Problem ist ja: wenn die Lehrveranstaltungen so angeboten würden, dass man in der Regelstudienzeit studieren kann, dann wäre das vielleicht ja noch irgendwo tragbar, aber es ist an dieser Uni zur Zeit überhaupt nicht möglich, sein Studium in der Regelstudienzeit fertig zu machen.

    ... beschwert sich eine Studentin, die wegen Aufnahmestops in Hauptseminaren Zeit verliert. Der Minister beschwichtigt. Die doppelte Regelstudienzeit als Befristung für ein kostenfreies Erststudium soll nur übergangsweise gelten. Sobald alle Universitäten verwaltungstechnisch in der Lage seien, den Studierenden Semesterwochenstunden nur für tatsächlich belegte Veranstaltungen vom Konto abzubuchen, werde die Befristung aufgehoben. Er wolle die Studierenden nicht schnell durchs Studium jagen, versichert SPD- Wissenschaftsminister Zöllner dem skeptischen Publikum

    Ich will, dass es das begrenzte Gut gibt, das die Universität jungen Menschen über ihre Ausbildung zur Verfügung stellt, dass diejenigen, die es quasi nur mit der Hand belegen, ohne es innerlich anzunehmen und zu lernen, zu mehr Verantwortungsbewusstsein angehalten werden und ich dies nicht im Einzelfall kontrollieren muss, weil jeder sich seinen Studiengang und Lebensweg selbst suchen kann, indem nur das abgebucht wird, was er tatsächlich in Anspruch genommen hat und wo er letzten Endes anderen die Möglichkeit genommen hat, die gleiche Leistung in Anspruch zu nehmen.

    Die Studienkonten zwingen nach Ansicht des Ministers keineswegs zum Schmalspurstudium, für zusätzliche Veranstaltungen enthielten sie genügend Pufferzone. Und: Wer unter erschwerten Bedingungen studiere, bekomme Bonuspunkte aufs Konto gut geschrieben. Frauen mit Kind, Behinderte, aber auch Studierende die sich nachweislich hochschulpolitisch engagieren, könnten ihr Studium also überdurchschnittlich strecken, ohne Trödelstrafen von bis zu 350 Euro pro Semester zahlen zu müssen. Doch Christian Goldschmitt, Vorsitzender des Asta der Uni Mainz ist mit dem Gesetzentwurf trotzdem nicht zufrieden:

    Wir haben genau das angekreidet, dass das fehlt in dem Modell, und jetzt wird es aufgenommen, jetzt wird es vor allem im Gesetz verankert. Das war uns wichtig, dass man nicht per Rechtsverordnung genau diese Fälle nicht wieder herausnehmen kann. Dass finden wir schon sehr fortschrittlich, Die Sache ist aber, dass wir dieses Modell von Grund auf ablehnen, weil wir diesen Einstieg in die Gebührenlogik immer noch sehen und der gegeben ist. Und ob die Leute dadurch schneller studieren, wagen wir auch zu bezweifeln. Im Gegenteil, es werden viele vom Studium abgehalten, die eigentlich das Potential hätten ordentlich zu studieren und auch in der normalen Zeit oder der doppelten Regelstudienzeit fertig zu werden.