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Studiengebühren in NRW fallen weg

Nordrhein-Westfalen lässt künftig die Studiengebühren wegfallen. Da müssten die Studierenden eigentlich jubeln, aber nicht alle reagieren erfreut auf die Entscheidung.

Von Ingo Wagner | 07.03.2011
    "Ich sehe es als eine Erleichterung für mich an. Da muss ich weniger arbeiten und habe mehr Zeit fürs Studium ..."
    "Ich bin auf jeden Fall gegen Studiengebühren."

    " Wegfall natürlich pro, weil meine Eltern entlastet werden, ich habe noch zwei Geschwister und für drei Leute Studiengebühren zahlen zu müssen ist schon ziemlich happig ... "

    Viel Zustimmung für den Wegfall der Studiengebühren an der Elite-Uni RWTH Aachen. Aber an der Hochschule gibt es auch andere Stimmen:

    "Also prinzipiell finde ich die Studiengebühren nicht schlecht, weil hier sehr viele Seminare dadurch finanziert werden und ein Rückfall dieser Maßnahmen wäre natürlich schlecht für alle die neu anfangen und darauf angewiesen sind."

    "Ich bin für Studiengebühren, weil sich in Aachen sehr viel getan hat, viele Hiwi-Stellen werden damit finanziert."

    "Eigentlich finde ich Studiengebühren ganz gut, man muss schon zahlen für so ein bisschen Bildung."

    Die Studierenden an der RWTH Aachen sind geteilter Meinung über die Abschaffung der Studienbeiträge - auch wenn sich viele freuen, dass sie ab dem kommenden Wintersemester die 500 Euro nicht mehr zahlen müssen. Selbst die Studentenvertreter vom ASTA der Hochschule sehen den Wegfall der Gebühren mit gemischten Gefühlen.

    "Der ASTA der RWTH Aachen lehnt in der derzeitigen Form die Studiengebühren ab Wir sehen aber auf der anderen Seite, dass mit diesen 500 Euro in der Vergangenheit viel bewegt worden ist im Sinne der Studierenden,"

    sagt Andreas Buchheister, der Vorsitzende des ASTA.
    Zu den Verbesserungen, die mit den Studiengebühren eingeführt wurden, gehören zum Beispiel Kleingruppen, in denen Studierende unter der Anleitung von Tutoren lernen können, psychologische Betreuung oder längere Öffnungszeiten der Bibliothek.

    Verantwortlich für diese Neuerungen sind vor allem die Studierenden selbst - was auch die relativ hohe Akzeptanz der Gebühren erklärt. Denn an der RWTH Aachen konnten sie in einer Kommission über die Verwendung der eingenommenen Gelder mitentscheiden.

    "Hier in Aachen sind wir sehr weit mit der studentischen Mitbestimmung. De facto entscheiden hier die Studierenden was mit den Mitteln geschieht und das Rektorat schließt sich der Meinung der Studierenden an."

    Eine Neuerung, die auf diese Weise eingeführt worden ist, sind die so genannten Fachstudienbetreuer.

    "Herein bitte! Frau Yu nehme ich an?"
    Die aus China stammende Mengrong Yu hat einen Termin bei Fachstudienbetreuer Andreas Theis.

    "Ich habe gerade angefangen mit meinem Elektrotechnikstudium und da habe ich erfahren, dass man bei Informatik 1 selber programmieren muss."

    Andreas Theis:
    "Ja, damit haben die meisten Schwierigkeiten ... ich empfehle Ihnen daher ..."

    Solche Beratungsgespräche gehören für Andreas Theis zum Alltag. Der 37-Jährige unterstützt die Studenten seit drei Jahren.

    "Also allgemein kann man sagen, ich helfe den Leuten erst einmal, zu verstehen, was in der Vorlesung gesagt worden ist, also den Vorlesungsstoff zu verstehen. (1:30) Und zum anderen ihnen auch zu helfen, wie kann ich denn das überhaupt lernen, wie komme ich durch die Klausur durch, wie gehe ich mit dem Zeitdruck um?"

    Anders als ein in die Forschung und andere Aktivitäten eingespannter Professor oder dessen Mitarbeiter ist er ganz für die Studierenden da. Und die wissen das zu schätzen.

    "Da kommen da manchmal Dankes-Mails zurück, so jetzt habe ich es endlich verstanden und ich denke die Studierendenschaft steht auch weiter dahinter und fand den Einsatz bisher gut."

    Aber ob es seinen Job nach der Abschaffung der Studiengebühren noch lange geben wird, ist zur Zeit unklar. Vorerst hat Andreas Theis noch einen Zeitvertrag an der Hochschule. Ob der nach dem Wegfall der Studiengebühren aber verlängert werden kann, hängt auch vom Land NRW ab. Denn - so hat es der Landtag beschlossen - der Ausfall der Studiengebühren soll durch Zahlungen aus der Staatskasse aufgefangen werden.

    Im vergangenen Jahr hat die RWTH 22 Millionen Euro mit den Gebühren eingenommen. Als Ausgleich soll die Technische Hochschule rund 19 Millionen Euro bekommen - also deutlich weniger als sie bisher über Studienbeiträge eingenommen hat. Es muss also auf jeden Fall gespart werden.

    Aber das ist nicht das größte Problem, dass die Hochschulleitung auf die RWTH zukommen sieht. Der Rektor der TH, Ernst Schmachtenberg, glaubt angesichts der knappen Landeskassen nämlich nicht, dass langfristig genug Geld für die hohen Ausgleichszahlungen da ist.

    "In Hessen hat man ja auch die Studiengebühren abgeschafft und in Hessen sind dann die Hochschulen von einer massiven Sparwelle überrollt worden."

    Und das würde dann auch erhebliche Folgen für die mit Studienbeiträgen entstandenen Arbeitsplätze haben.

    "Der Zuwachs den wir für durch die Studiengebühren hatten, es waren immerhin über 20 Millionen für die RWTH, man kann das ja mal umrechnen, das sind über 200 Arbeitsplätze, die sich hier zusätzlich haben entwickeln lassen, die werden wir dann irgendwann wieder ausschwitzen müssen."

    Damit würden die Studierenden auf die Unterstützung von Studienfachbetreuern und Tutoren verzichten müssen. Viele an der RWTH Aachen sehen das mit Besorgnis - auch wenn sie sich darüber freuen, dass sie ab dem kommenden Wintersemester 500 Euro mehr in der Tasche haben werden.