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Studieren auf Pump

Kurz vor Semester-Start ist immer noch unklar, welches Bundesland ab wann Studiengebühren erheben wird. Nur dass sie kommen, ist sicher. Mehrere Banken und Kreditgesellschaften haben bereits Darlehens-Varianten für Studenten vorgestellt. Seit gestern tagt das Deutsche Studentenwerk zusammen mit Bildungs- und Finanzexperten über solche Modelle.

Von Esther Körfgen | 06.10.2005
    Es klingt schon verlockend: Einfach nur den Studierenden-Ausweis bei der Bank vorzeigen, Auskünfte über das Einkommen der Eltern sind nicht nötig, Sicherheits-Nachweise auch nicht, und schon kann das Geld fließen. Sagt Sonja Höpfner von der KfW-Förderbank in Frankfurt:

    "Jeder Student bekommt bei uns maximal zehn Semester lang 650 Euro monatlich. Nach Ende des Studiums hat jeder ein Jahr Zeit, sozusagen um sich zu settlen, um einen Job zu finden, dann erfolgt die Rückzahlung. Ist ein Student nicht in der Lage, innerhalb von zehn Jahren zurückzuzahlen, ist es möglich, das bis auf 25 Jahre auszudehnen."

    Lässt sich jemand voll finanzieren - die ganzen zehn Semester lang, würde er rund 39.000 Euro Schulden anhäufen. Rund fünf Prozent Zinsen sind zu zahlen. Angenommen, jemand nimmt sich für die Rückzahlung tatsächlich 25 Jahre Zeit, kann da der Schuldenberg nicht ins Unermessliche anwachsen?

    "Wir rechnen damit, dass die Studenten nicht die volle Laufzeit nutzen, weil sie sich anderweitig finanzieren, durch Eltern, Bafög, wenn jemand die volle Laufzeit von 25 Jahren nutzt können es 78.000 Euro sein."

    78.000 Euro sind zwar nur das Maximum dessen, was Studierende zurückzahlen müssten - aber schon die Hälfte oder auch noch weniger schreckt viele ab, ein Darlehen aufzunehmen. Sagt der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks, Achim Meyer auf der Heyde. Schon jetzt finden viele junge Leute das Studium zu teuer - vor allem junge Frauen.

    "Das hängt natürlich auch mit der Lebensplanung junger Frauen zusammen, die längerfristig auf Teilzeitbeschäftigung spekulieren, dann gar nicht wissen, wie sie diese Darlehensbeträge zurückzahlen können."

    Für das Deutsche Studentenwerk ist das Modell der KfW immer noch besser als das einiger privater Banken - aber unterm Strich bleibt auch hier ein Schuldenberg. Das sehen auch die Studenten so. Astrid Roller etwa, von der Studierendenschaft der Uni Köln.

    "Gerade wenn man ins Berufsleben startet, man muss sich vielleicht 'n Auto anschaffen, weil die Arbeitsstätte zu weit liegt, man möchte sich vielleicht die erste Wohnung nehmen, aus dem Wohnheim ausziehen, manche wollen sich selbstständig machen."

    Sie sieht die Darlehen der Banken generell sehr skeptisch. Und rät: erst dann auf sie zurückgreifen, wenn es wirklich keine andere Alternative dazu gibt - wie Bafög, oder auch Stiftungen. Denn die stellten weniger Bedingungen als die KfW, die maximal zehn Semester fördert, und danach ein zwei-semestriges Examensgeld gibt.

    "Gerade im Bereich der Wirtschaftswissenschaften hier in Köln die Durchschnittstudienzeit liegt so bei 12, 13 Semestern, und das ist nur der Durchschnitt. Ich denke da wird sich nicht viel tun an dieser Durchschnittsstudienzeit. Und auch, wenn Leute über 30 nicht mehr gefördert werden das seh' ich auch sehr kritisch."

    Egal welche Bank: jede hat ihre eigenen Klauseln für die Kreditvergabe. Die KfW-Förderbank denkt über eine Altersbeschränkung nach. Bei der Deutschen Bank muss das geliehene Geld innerhalb von 12 Jahren zurückgezahlt werden. Andere Kassen senken das Rückzahlungs-Risiko von vornherein: sie vergeben ihr Geld nur an Studenten mit karriereträchtigen Studienfächern. Achim Meyer auf der Heyde guckt genau hin.

    "Sind die überhaupt allgemein zugänglich, gibt es möglicherweise Ratings von Studienfächern, dann gilt natürlich die Frage: wie sieht das bei Fachwechsel aus, gibt es möglicherweise bestimmte Kriterien, bei Krankheit und dergleichen, sie müssten eigentlich aus meiner Sicht die Möglichkeit der Studienunterbrechung aus den genannten Gründen zulassen."

    Alles noch offene Fragen. Im Deutschen Studentenwerk ist man überzeugt: all diese Kriterien kann allein das Bafög berücksichtigen.