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Studieren auf Pump

Die im April aufgelegten Studienkredite der KfW-Bankengruppe werden inzwischen von 6000 Studenten in Anspruch genommen. Studentenvertreter begrüßen die Kreditangebote, verlangen jedoch eine grundsätzliche Reform der Ausbildungsförderung.

Von Jacqueline Boysen | 18.07.2006
    Eine unerwartet positive Bilanz könne er ziehen, sagt KfW-Vorstand Hans Reich: 6000 Kredite habe die Bank seit dem Start ihrer Studienförderung im April bereits verbucht:

    "Viele Studierende aller Studienphasen scheinen auf uns gewartet zu haben. Das sehen wir an der Kreditzusage und der Fachsemesterzahl. Zehn Prozent sind Erstsemester, aber auch 15 Prozent kommen aus dem achten und zehnten Fachsemester, die ihr Studium zügig abschließen wollen. Sie wollen Finanzierungslücken schließen. So haben 30 Prozent eine Monatsrate zwischen 100 und 400 Euro beantragt. Der Durchschnitt liegt bei 500 Euro."

    Maximal zahlt die KfW 650 Euro pro Monat aus - Geld, das die Bank zu einem Zinssatz von derzeit knapp über fünf Prozent vorgestreckt. Die jeweilige Summe ist nach dem Eintritt ins Berufsleben in frei wählbaren Raten zurückzuzahlen, spätestens nach 25 Jahren. Auch die Höhe des Kredits kann jeweils zum Semesterbeginn individuell neu bestimmt werden. Mit diesem Kredit, dessen Höhe unabhängig vom elterlichen Einkommen bemessen wird, eröffne sich ein ganz neuer Markt, bilanziert Bundesbildungsministerin Annette Schavan:

    "Vor allem ist dieser Kredit erstmals ein Weg, wie ohne Blick auf das elterliche Einkommen Studienfinanzierung leistet. Das ist ein wichtiges Signal, Studierende als eigenständig wahrzunehmen, ihnen eine verlässliche Perspektive bieten zu können."

    Knapp 500 Antragstellern wurde die Unterstützung verwehrt - Studenten, die bereits überschuldet sind oder aber krimineller Machenschaften bezichtigt werden, so KfW-Vorstandssprecher Reich. So positiv seine Erfahrungen bisher auch sind, er schließt nicht aus, dass das Programm modifiziert wird, schließlich sei der Student in der Bank König:

    "Was wir heute begonnen haben, lebt vom Kunden, seinen Erfahrungen. Wenn wir feststellen, dass der Kunde andere Bedürfnisse hat, werden wir uns dem stellen."

    Nach Ansicht des Berliner Studentenwerks sollte die KfW auch Kredite für Auslandsstudien vergeben. Grundsätzlich begrüßt man hier das Engagement der KfW jedoch, auch wenn sich nicht jeder Student klarmache, wie hoch sein Schuldenberg mit jedem Semester anwachse, so machten die Kredite das Studium insgesamt doch planbar, zumal die KfW eine faire Zinsgarantie gebe, urteilt Melitta Sass, Referentin für Finanzierungsberatung im Berliner Studentenwerk. Allerdings entbinde das den Staat nicht von einer Reform des BAföG

    "BAföG ist zur Hälfte ein Zuschuss, es ist zinslos, und zur Hälfte ein Darlehen. Das BAföG muss reformiert werden, es müssen die Bedarfssätze angepasst werden, die letzte Reform war 2001, seitdem ist nichts passiert."

    Die Studentenwerke fordern, angesichts drohender Studiengebühren in einigen Bundesländern und der nahenden Mehrwertsteuererhöhung das BAföG dringend zu reformieren und den Regelsatz zu erhöhen.