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Studieren in fernen Ländern

Die "Study World 2006" ist eine neue internationale Hochschulmesse in Berlin. Zum ersten Mal präsentieren sich hier Universitäten rund um den Globus. Und buhlen um deutsche Studierende. Gastland ist China. Für viele ist das Land immer noch ein sehr exotisches Studienziel.

Von Christoph Richter | 28.04.2006
    Stäbchen statt Gabel, Katzenfleisch statt Schnitzel, und eine Sprache die aus 50.000 unbekannten Zeichen besteht, für viele Studierende nur drei von vielen Gründen ein Studium in China überhaupt nicht in Erwägung zu ziehen. Für die Meisten sind die kulturellen Unterschiede fast ein unüberwindbares Hindernis. Auch für den 26-jährigen Christian Hübner:

    "Ist irgendwie nicht meine Welt. Also Asien und so weiter, nee."
    Für die "Study World 2006" - das ist die erste internationale Hochschulmesse auf der sich Universitäten aus der ganzen Welt präsentieren - hat der Informatikstudent die Mühen auf sich genommen, und ist extra aus Magdeburg nach Berlin gereist.

    Ein Semester will Christian Hübner im Ausland studieren. Er weiß nur noch nicht ganz genau wo. Er bevorzugt den angelsächsischen Raum. China, das gut ausgebildete Informatiker händeringend sucht, kommt für ihn nicht in Frage.

    "Erstmal ist das eine ganz andere Kultur. USA und Großbritannien sind ungefähr der gleiche Kulturkreis. Und China, da ist alles völlig anders. Bei den Sprachen natürlich, Chinesisch kann ich nicht. Englisch wird dort verbreitet sein. Ist eben aber eine völlig andere Kultur. "
    Dass will die Internationale Berliner Hochschulmesse, die Study World 2006 ändern. Und wirbt dafür, den Schritt nach Fernost einfach mal zu wagen.

    Deswegen hat man sich - gleich bei der ersten Auflage - die Volksrepublik China als Gastland eingeladen.

    Die nüchternen Zahlen sprechen für sich. Mit einem jährlichen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts von durchschnittlich neun Prozent, dem Achtfachen Deutschlands, boomt Chinas Wirtschaft.

    Dementsprechend gut sind auch die zukünftigen Arbeitsmarktchancen für Studierende die das Wagnis eines Studiums in China auf sich nehmen. Sagt Christian Bode, der Generalsekretär des DAAD:

    "Sich mal aus der Bequemlichkeit der gutgemachten Betten herauszubewegen in eine neue Kultur, in eine Herausforderung neuer Sprachen, neuer Umgebung, anderer Denk- und Lebensweisen das ist ein Abenteuer das sich lohnt. Bildung ist immer ein Abenteuer. Wenn es kein Abenteuer ist wird es nicht gut."
    Über 1000 Hochschulen gibt es im Reich der Mitte. Und während in Deutschland bereits 25.000 Chinesen studieren, haben sich gerade mal 1300 Deutsche auf den Weg gemacht, um in Peking, Schanghai oder Xiamen ein oder mehrere Semester zu verbringen.

    Von der schweren Sprache dürfe man sich keinesfalls beeindrucken lassen, sagt Botschaftsrätin Liu:

    "Bei chinesischer Grammatik, wenn man wirklich richtig lernt, ist gar nicht so schwer. Es gibt viele gute Dolmetscher inzwischen, die auch wie die Chinesen sprechen, und die können die Sprache sehr gut. Und natürlich muss man sich Mühe geben."
    Nach Auskunft des Fachverbands Chinesisch gibt es in deutschen Schulen eine eklatante Lücke. So lernen beispielsweise im ganzen Land Brandenburg, das 330.000 Schüler hat, mal gerade 43 Chinesisch. Und das obwohl in wenigen Jahren China die größte Wirtschaftsmacht der Welt sein wird.

    Botschaftsrätin Liu gesteht ein, dass ein Studium in China für Westeuropäer jedoch eine gewaltige Umstellung ist. Das fängt bei der Form des Unterrichts an, der sehr streng und verschult ist und hört bei der komplizierten Zimmersuche auf. Deswegen rät sie möglichst in den Großstädten zu studieren.

    "Dort gibt es mehr Möglichkeiten, mehr Informationen, die Bedingungen sind viel besser, und auch vor allen Dingen die Lehrkräfte. Weil China noch ein Entwicklungsland ist."
    Dreißig chinesische Hochschulen präsentieren sich auf der Study World 2006. Ort der Veranstaltung: Das Russische Haus der Wissenschaften und Kultur in der Berliner Friedrichstraße.

    Der internationale Fokus ist hier ganz bewusst gewählt, und nach Angaben des Veranstalters in seiner Art bisher einmalig. Der Messeveranstalter will darauf hinweisen, dass zu einem qualifizierten Studium mindestens ein Auslandsaufenthalt gehört.

    Begrüßenswert für Andreas Storm, den parlamentarischen Staatssekretär des Bundesministerium für Bildung und Forschung:

    "Damit ist nicht gemeint, dass man im Ausland mal Urlaub gemacht hat während des Studiums, sondern, dass man zumindest ein Praktikum gemacht hat, oder auch ein vertiefenden Sprachkurs. Optimal wäre, wenn man ein Auslandssemester hat. Hier ist das Ziel den Anteil der Studenten die ein Auslandssemester haben von heute 15 Prozent auf 20 Prozent zu steigern."
    Parallel zur Messe wird ein Vortragsprogramm zu studien- und karriererelevanten Themen angeboten. Wer aber was ganz anderes will, und zum Beispiel die Idee ganz hübsch findet auf einem Kreuzfahrtschiff zu studieren. Auch das gibt’s hier. Nur dazu brauch man das nötige Kleingeld. 18.000 Euro kostet ein Semester.
    Geld mit dem man auch in Riga bequem studieren könnte. Allerdings: Sechs Semester lang!