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Studieren mit Grazie

Im Rahmen der 1. Biennale Tanzausbildung kamen erstmals Vertreter aller elf nationalen Ausbildungsinstitute für Tänzerinnen und Tänzer zusammen. Mit rund 200 Teilnehmern war die Veranstaltung außerordentlich gut besucht. Täglich fanden Trainings und Workshops für die Studenten statt, in zahlreichen Gesprächsrunden ging es um die aktuelle Ausbildungssituation in Deutschland.

Von Sabine Loeprick |
    11 Uhr vormittags auf der Probebühne des HAU, des Hebbel am Ufer in Berlin-Kreuzberg. Zu Conga-Trommeln versuchen sich rund 15 junge Tänzerinnen und Tänzer an einer Choreografie, die ihnen von Trainingsleiterin Vera Sander vorgegeben wurde. Lang in den Raum hinein strecken sich Beine, dann wieder ziehen sich die Körper spiralförmig zusammen, um blitzschnell über den Boden zu rollen. Auch wenn das nach gut 90 Minuten noch nicht perfekt aussieht, ist Vera Sander, Dozentin an der Hochschule für Musik in Köln, zufrieden. Schließlich hat sie an diesem Vormittag mit einer bunt gemischten Gruppe von Tanzstudenten aus ganz Deutschland gearbeitet, für einige war Veras choreografischer Stil etwas völlig Ungewohntes:

    "Jetzt war es einfach auch schön zu sehen wie die Studierenden arbeiten, wie sie einander kennenlernen und mit dem Material umgehen, mit den Workshopangeboten, ihre Vorstellungen machen und zeigen. Das ist einfach schön zu sehen, so viele junge talentierte Menschen."

    Sieben Tage lang haben rund 120 Tanzstudenten unter anderem aus Dresden, München, Hamburg und Berlin miteinander trainiert und an Workshops teilgenommen. Für viele haben sich hier nicht nur Kontakte ergeben, sie haben auch erfahren, wie die Tanzausbildungen und Studiengänge anderswo aufgebaut sind. Nach dieser Woche, sagt Tanzstudentin Claudia Vogt aus Frankfurt, nehme sie viel Neues mit in ihren Trainingsalltag:

    " Viele Erfahrungen auf jeden Fall, viele Inspirationen von Workshops und von Klassen von Lehrern, die man kennengelernt hat, von anderen Schulen. Und ich hoffe, auch ein paar Freunde - von den anderen Hochschulen."

    Doch in den Gesprächsrunden der Dozenten , von denen fast 60 nach Berlin gereist sind, werden auch ernstere Töne angeschlagen. Zwar haben sich letztes Jahr 8 Tanzstudiengänge zur " Ausbildungskonferenz Tanz" zusammengeschlossen, doch es bleibt schwierig zumindest formal vergleichbare Ausbildungen anzubieten. Dieter Heitkamp leitet den Ausbildungsbereich Tanz an der Hochschule für Darstellende Kunst in Frankfurt:

    "Was sich im Moment als schwierig herausstellt ist , dass durch die Länderhoheit in den einzelnen Bundesländern ganz unterschiedliche Gewichtungen und Maßstäbe angewandt werden. Die Einen machen einen 3-jährigen Bachelor, die anderen einen 4-jährigen Bachelor- da gibt es relativ wenig, auf das man sich einigen könnte, außer dass wir uns geeinigt haben, die Profile zu schärfen. Das wird ab dem Punkt schwierig, wenn irgendwo Studiengebühren erhoben werden und woanders nicht , weil es eine Schulausbildung ist, die mit einer universitären gekoppelt ist. Also, da wird das mit der Vergleichbarkeit schwierig."

    Parallel existieren in Deutschland BA-,MA- oder Diplomstudiengänge im Bereich Tanz, die zudem inhaltlich sehr unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Die Palette reicht dabei von den "Klassikern" in München und Stuttgart über die Dresdner Palucca-Schule mit starker Modern-Tradition bis hin zum experimentierfreudigen HUZ Berlin, dem Hochschulübergreifenden Zentrum Tanz. Trotz aller Unterschiede in der Ausbildung ist eines für alle Absolventen gleich, die Unsicherheit; nach dem Studium eine Anstellung zu finden. sagt Annette Lopez, Dozentin an der Palucca-Schule:

    "Meine Erfahrung im Moment an der Palucca-Schule ist, dass das noch ein schwieriges Unterfangen ist, wie kriegt man diese wahnsinnig tollen Tänzer, diese enthusiastischen Tänzer mit unglaublichen Fähigkeiten, eigentlich unter. Ich glaube, in diesem Zwischenbereich, da muss noch viel mehr getan werden."

    Die jungen Tänzer freilich kennen es nicht anders, die regelmäßigen Auditions gehören zu ihrem Alltag ebenso wie die zwar interessanten aber oft schlecht bezahlten Engagements in der freien Szene. So sieht auch Monika Buon, die im Sommer ihre Ausbildung an der Essener Folkwang-Hochschule beendet, ihre Zukunft mit einer Prise Galgenhumor:
    ""Es ist immer schwierig ,ich denke auch für Leute aus unserer Schule, aber irgendwie schlägt sich jeder durch."