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Studieren mit Kind

Wenn Studierende Eltern sind, hat das auch Auswirkungen auf ihr Studium. Sie benötigen mehr Geld als Kinderlose und das Kind beansprucht viel Zeit von den Eltern. Hinzu kommen ungenügende Kinderbetreuungsmöglichkeiten an den Hochschulen. In einer Studie im Auftrag des Deutschen Studentenwerks wurden nun die Bedingungen studierender Eltern untersucht.

Von Philip Banse | 04.03.2008
    "Das Taschentuch ist für heute, ja? Zum Mundabwischen, ja?

    Mama?"

    Jenny Kurtz, allein erziehend, bringt ihre Tochter Annabelle zur Kita. Danach geht sie jobben. Die 29-Jährige studiert im sechsten Semester Englisch und Geschichte mit Lehramtsoption. Ihr größtes Problem:

    "Zeit. Zeit, Zeit, Zeit, Zeitmanagement."

    "Von flächendeckenden familienfreundlichen Studienbedingungen sind wir in Deutschland noch ziemlich weit entfernt."
    Sagt Professor Rolf Dobischat, Präsident des Deutschen Studentenwerks und Initiator des Sonderberichts "Studieren mit Kind". Rund 123.000 Studierende haben ein Kind, das sind sechs bis sieben Prozent aller Immatrikulierten, diese Quote ist seit Jahren konstant. Studierende mit Kind sind im Schnitt 30 Jahre alt, vom Geld der Eltern abgenabelt und müssen daher überdurchschnittlich viel arbeiten, sagt Professor Rolf Dobischat, vom Deutschen Studentenwerk.

    "Studierende müssen also Studium, Kinderbetreuung und Job unter einen Hut bringen. Ihr Studium verläuft weniger reibungslos als das ihrer kinderlosen Mitstudierenden. Studierende mit Kind unterbrechen ihr Studium vier Mal häufiger als Studierende ohne Kind, Frauen häufiger als Männer. Die Unterbrechung dauert in der Regel fast fünf Semester, das ist lang, fast genauso lang wie ein komplettes Bachelor-Studium."
    Auch Jenny Kurtz hat fünf Jahre Vollzeit gearbeitet, um elternunabhängiges Bafög zu bekommen. Die allein erziehende Mutter lebt in Berlin und hat Glück: Ihre Tochter hat einen Kita-Platz. Dennoch seien die Einschränkungen groß.

    "Sprich ich kann mir nicht aussuchen, welche Literatur ich mir näher angucken möchte, sondern nur die, die zwischen 12 und 14 Uhr angeboten wird. Und dann ist das eben etwas, was mich interessiert. Das ist etwas, was mich schon sehr frustriert hat. Dass es zeitmäßig schon mit Nachtschichten irgendwie geht, aber dass ich nicht studieren kann, was mich interessiert."
    Für die meisten Studi-Eltern ist die Kinderbetreuung das größte Problem: Keine Kita-Plätze und wenn, dann mit unflexiblen Öffnungszeiten, sagt Professor Rolf Dobischat, vom Deutschen Studentenwerk.

    "Wir brauchen mehr campusnahe, flexible Kinderbetreuungsangebote, denn nur die Hälfte der Studierenden hat für ihr Kind einen Platz in der Kindertagesbetreuung. Es mangelt als an Kinderbetreuungsangeboten. Und es gibt häufiger Konflikte zwischen den Studienanforderungen und dem Betreuungsbedarf, wenn Lehrveranstaltungen am Abend oder am Wochenende stattfinden."
    Zweites großes Problemfeld ist das Geld. Weit mehr als die Hälfte der studierenden Eltern bezeichnet ihre finanzielle Situation als unsicher. Andreas Storm, Staatssekretär im Bundesbildungsministerium:

    "Hier haben wir bereits vor Vorliegen der Studie gehandelt, indem wir beim Bafög einen Kinderbetreuungszuschlag für das erste Kind und jeweils 85 Euro für das zweite und jedes weitere Kind geschaffen haben."
    Eltern könnten Bafög auch über die Regelstudienzeit hinaus bekommen. Der Präsident des deutschen Studentenwerkes, Professor Rolf Dobischat, fordert, auch die Studiengänge flexibler zu gestalteten.

    "Mehr reguläre Teilzweitstudiengänge, eine zeitlich flexiblerer Studienorganisation - damit haben es die Hochschulen in der Hand die Rahmenbedingen für ein Studium mit Kind zu verbessern."
    Was das konkret heißen könnte, sagt die studierende Mutter Jenny Kurtz. Kurz vor dem Abschluss ihres Bachelor-Studiums kritisiert sie die starre Prüfungsordnung:

    "Da sollte man andere Möglichkeiten finden, wie die gleiche Leistung erbracht werden könnte. ich habe ja nichts dagegen vielleicht noch einmal eine Prüfung zu machen, aber diese Gesamtnoten werden der Belastung nicht gerecht, die man während der Zeit hat. Man geht ja nicht nur arbeiten, man hat ja auch noch das Kind."