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Studieren ohne Abi

Eine Gesetzesänderung macht`s möglich. Studieren ohne Abi. Einige Bundesländer haben die Zugangsbedingungen zum Studium bereits geändert. Und das Interesse ist groß, wie die Bewerberzahlen belegen.

Von Tonia Koch | 02.06.2010
    In der Grenzlandapotheke im saarländischen Perl berät Ursula Krämer die Kundschaft. Sie ist 28 Jahre alt, pharmazeutisch - technische Assistentin und hat mehrere Jahre Berufserfahrung. Nachdem ihr Vater, der Inhaber der Landapotheke, schwer erkrankt ist, hat sie sich entschlossen auch ohne Abitur ein Pharmaziestudium zu absolvieren. Ihre Beweggründe sind eindeutig.

    "Ich liebe meinen Beruf, ich bin gerne PTA und würde gerne die Apotheke in der Familie halten."

    Unterstützt werde sie vom neunköpfigen Team und von ihrer Stammkundschaft, sagt Ursula Krämer.

    "Ich bin top motiviert, wegen der ganzen Leute in der Apotheke. Das ganze Dorf will die Apotheke erhalten. Ja, ich bin top motiviert, auf jeden Fall."

    Ursula Krämer profitiert von einer Gesetzesänderung vom Juli des vergangenen Jahres. Nachdem die Kultusministerkonferenz den Beschluss gefasst hatte, Bewerbern ohne Abitur den Zugang zum Studium zu erleichtern, haben eine Reihe von Bundesländern, darunter das Saarland, die Zugangsvoraussetzungen geändert. Statt fünf Jahre muss der Bewerber nur noch drei Jahre im erlernten Beruf gearbeitet haben. Und er muss auch keine Weiterqualifikation, zum Beispiel einen Meisterbrief mehr vorweisen, um ein Studium in Angriff zu nehmen. Erfolge dieser neuen Regelung seien bereits sichtbar, sagt Ariane Serge vom Studierendensekretariat der Universität des Saarlandes.

    "2008 hatten wir 17,2009 20 und erstaunlich 2010 aufgrund der neuen Regelung 33 Anträge also mehr als 50 Prozent Erhöhung unserer Antragszahlen."

    Pharmazie zählt zu den Rennern. Sieben Bewerberinnen und Bewerber wollen im Wintersemester dieses Fach studieren, ebenso viele wie Humanmedizin. Darüber, ob die Kandidaten zum Probestudium zugelassen werden, befindet eine Kommission, die je nach Fachbereich verschieden zusammengesetzt ist mit Professoren, Vertretern der Ministerien und der Kammern.

    "Die Kommission lädt den Bewerber zu einem Gespräch ein. Und aufgrund des persönlichen Eindrucks wird die Kommission entscheiden, ob der Bewerber ein Probestudium machen darf."

    Auf dieses alles entscheidende Gespräch muss Ursula Krämer noch warten. Sie braucht eine möglichst gute Bewertung, weil Pharmazie ein zulassungsbeschränkter Studiengang ist.

    "Da ich kein Abi habe, ermitteln die praktisch eine Note für mich."

    Mit dieser Durchschnittsnote, die der fehlenden Abiturnote entspricht,. muss sie sich wie alle anderen auch, um einen Studienplatz bewerben. Das kann Ursula Krämer zunächst nur im Saarland. Denn die von der Kommission erteilte Studienberechtigung auf Probe ist auf die saarländischen Hochschulen beschränkt. Das gilt auch für Fächer in denen die Studienplätze zentral von der ZVS vergeben werden. Erst wenn die Studierenden in ihrem Probestudium erfolgreich waren, dürfen sie den Studienort wechseln. Ariane Serge.

    "Das erfolgt in der Regel nach vier Semestern. Dann muss man circa 2/3 der erforderlichen Leistungen oder eine dem Vordiplom vergleichbare Leistung erbracht haben. Dann haben sie die Möglichkeit, in ein anderes Bundesland zu wechseln. Es sind aber diejenigen Regeln entscheidend, die dieses Bundesland hat."

    Leistungsnachweise müsse alle, die auf Probe studieren, zwischen dem zweiten und dem vierten Semester erbringen, sonst dürfen sie nicht weiter machen. An der Universität des Saarlandes kommt das jedoch kaum vor.