"Dadurch, dass meine Schrift sehr schlecht ist und ich auch immer Angst hab, Fehler zu machen, schreib ich ungern, wenn jemand dabei ist. Das heißt: Ich mach mir sehr selten Notizen. In der Vorlesung: Die anderen haben mitgeschrieben, ich hab halt nur zugehört. Was für das Reproduzieren dann natürlich schwieriger war – ich musste schauen, dass ich mir die Sachen dann noch mal irgendwo herhole."
Max Gießer, 30 Jahre alt, studiert im 20. Semester Bauingenieurwesen. Dass er schon so lange an der Uni ist und immer noch nicht den Abschluss hat, liegt vor allem an seiner Lese-Rechtschreib-Schwäche. Viele Klausuren hat er mit einem "nicht bestanden" zurückbekommen.
"Meine Schrift, die auch nicht über ein visuelles Gedächtnis gespeichert ist – heißt: Buchstaben sehen nicht immer gleich bei mir aus oder ich wechsel auch zwischen Schreib- und Druckschrift in einem Wort – können viele, die die Klausuren korrigieren, nicht lesen, streichen Sachen durch, die einfach nicht mitgewertet werden."
Dazu kommt: Max Gießer braucht wegen seiner Schwäche wesentlich länger, um Aufgaben zu bearbeiten – wird oft nicht fertig in der vorgegebenen Zeit. Die Probleme sind vielfältig. Trotzdem: Er hatte den Traum, zu studieren, und hat es durchgezogen, bis jetzt! Dabei helfen ihm Tipps von Bernd Strey. Er ist Psychologe und spezialisiert auf Lernschwächen, arbeitet mit dem Wuppertaler Studenten zusammen.
"Da gibt´s halt viele Tricks. Heutzutage zum Beispiel Rechtschreibprogramme im Computer. Oder ein Vermeidungsverhalten, dass man das Referat dann zum Beispiel zwar schreibt als Gruppenreferat, aber nicht unbedingt vorträgt, wenn man Probleme mit dem Lesen hat, sondern das jemand anderes macht. Oder generell eben immer zu zweit arbeitet, sodass das ein fitter Mensch dabei ist, der einen unterstützen kann."
Sich so "durchzumogeln" funktioniert aber nur bis zu einem gewissen Punkt, merkt auch Max Gießer. Denn: Seine Klausuren schreibt niemand für ihn. Nach zehn Jahren will er endlich mal fertig werden mit dem Studium und tut einen Schritt, der ihm schwerfällt: Er geht zur Behinderten-Beratung der Uni Wuppertal. Georg Beilstein von der Beratung ist nicht überrascht, dass sich der junge Mann überwinden musste, zu ihm zu kommen.
"Ich hab schon den Eindruck, dass viele Studierende nicht den Weg zu mir finden, obwohl wir versuchen, uns an allen möglichen Stellen publik zu machen, denke ich, dass es da ganz große Schwierigkeiten gibt, bei vielen Studenten, sich zu offenbaren."
"Ja, man hat halt Sorgen, sofort abgestempelt zu werden und gesagt zu bekommen: Dann geht's halt einfach nicht. Und davor hatte ich immer Sorgen gehabt, was sich als unberechtigt herausstellte."
Max Gießer "outet" sich als Behinderter – denn Legasthenie gilt als Behinderung. Im Nachhinhein genau richtig: Denn dadurch bekommt er an der Hochschule die Unterstützung, die es ermöglicht hat, dass er jetzt bald sein Studium abschließt. Die Prüfungsmodalitäten werden zum Beispiel an seine Situation angepasst, erklärt Georg Beilstein:
"Man hat die Möglichkeit, Prüfungen in verschiedenen Formen abzulegen. Beispielsweise Verlängerung der Prüfungszeiten oder auch einen eigenen Prüfungsraum bis hin zu mündlichen Prüfungen anstelle von schriftlichen."
Einzige Voraussetzung, um den sogenannten "Nachteilsausgleich" zu bekommen: Ein Gutachten muss belegen, dass der Student/die Studentin tatsächlich behindert ist. Max Gießer hat das Gutachten vom Psychologen Bernd Strey bekommen. Der 30-Jährige ist damit weiter als viele seiner Kommilitonen, sagt der Experte – indem er zugegeben hat, dass er ein Problem hat.
"Drei bis fünf Prozent der Studierenden haben Probleme beim Lesen, Schreiben oder auch im Textverständnis, aber es ist nach wie vor eben ein Tabu-Thema an der Hochschule, weswegen man sich nicht gern 'outet'. Weil das eben einfach nicht zur Vorstellung von Studierenden passt."
Sein "Outing" hat Max Gießer genau dahin gebracht, wo er hin wollte: auf den besten Weg zum Abschluss. Seine Diplomarbeit hat er geschrieben, noch eine Klausur steht an und das Bauingenieurs-Studium ist erfolgreich beendet. In Zukunft wird er Brandschutzgutachten erstellen – und das am Computer und mit genügend Zeit. Das wird machbar, meint er. Trotz Legasthenie
"Ich hab mich einfach von Beginn an durchgeboxt … in der Schule, auf der Realschule. Dann hab ich gesagt, ich mach das Abitur, da bin ich auch relativ gut zurechtgekommen und dann hab ich halt gesagt: Dann studier ich auch!"
Max Gießer, 30 Jahre alt, studiert im 20. Semester Bauingenieurwesen. Dass er schon so lange an der Uni ist und immer noch nicht den Abschluss hat, liegt vor allem an seiner Lese-Rechtschreib-Schwäche. Viele Klausuren hat er mit einem "nicht bestanden" zurückbekommen.
"Meine Schrift, die auch nicht über ein visuelles Gedächtnis gespeichert ist – heißt: Buchstaben sehen nicht immer gleich bei mir aus oder ich wechsel auch zwischen Schreib- und Druckschrift in einem Wort – können viele, die die Klausuren korrigieren, nicht lesen, streichen Sachen durch, die einfach nicht mitgewertet werden."
Dazu kommt: Max Gießer braucht wegen seiner Schwäche wesentlich länger, um Aufgaben zu bearbeiten – wird oft nicht fertig in der vorgegebenen Zeit. Die Probleme sind vielfältig. Trotzdem: Er hatte den Traum, zu studieren, und hat es durchgezogen, bis jetzt! Dabei helfen ihm Tipps von Bernd Strey. Er ist Psychologe und spezialisiert auf Lernschwächen, arbeitet mit dem Wuppertaler Studenten zusammen.
"Da gibt´s halt viele Tricks. Heutzutage zum Beispiel Rechtschreibprogramme im Computer. Oder ein Vermeidungsverhalten, dass man das Referat dann zum Beispiel zwar schreibt als Gruppenreferat, aber nicht unbedingt vorträgt, wenn man Probleme mit dem Lesen hat, sondern das jemand anderes macht. Oder generell eben immer zu zweit arbeitet, sodass das ein fitter Mensch dabei ist, der einen unterstützen kann."
Sich so "durchzumogeln" funktioniert aber nur bis zu einem gewissen Punkt, merkt auch Max Gießer. Denn: Seine Klausuren schreibt niemand für ihn. Nach zehn Jahren will er endlich mal fertig werden mit dem Studium und tut einen Schritt, der ihm schwerfällt: Er geht zur Behinderten-Beratung der Uni Wuppertal. Georg Beilstein von der Beratung ist nicht überrascht, dass sich der junge Mann überwinden musste, zu ihm zu kommen.
"Ich hab schon den Eindruck, dass viele Studierende nicht den Weg zu mir finden, obwohl wir versuchen, uns an allen möglichen Stellen publik zu machen, denke ich, dass es da ganz große Schwierigkeiten gibt, bei vielen Studenten, sich zu offenbaren."
"Ja, man hat halt Sorgen, sofort abgestempelt zu werden und gesagt zu bekommen: Dann geht's halt einfach nicht. Und davor hatte ich immer Sorgen gehabt, was sich als unberechtigt herausstellte."
Max Gießer "outet" sich als Behinderter – denn Legasthenie gilt als Behinderung. Im Nachhinhein genau richtig: Denn dadurch bekommt er an der Hochschule die Unterstützung, die es ermöglicht hat, dass er jetzt bald sein Studium abschließt. Die Prüfungsmodalitäten werden zum Beispiel an seine Situation angepasst, erklärt Georg Beilstein:
"Man hat die Möglichkeit, Prüfungen in verschiedenen Formen abzulegen. Beispielsweise Verlängerung der Prüfungszeiten oder auch einen eigenen Prüfungsraum bis hin zu mündlichen Prüfungen anstelle von schriftlichen."
Einzige Voraussetzung, um den sogenannten "Nachteilsausgleich" zu bekommen: Ein Gutachten muss belegen, dass der Student/die Studentin tatsächlich behindert ist. Max Gießer hat das Gutachten vom Psychologen Bernd Strey bekommen. Der 30-Jährige ist damit weiter als viele seiner Kommilitonen, sagt der Experte – indem er zugegeben hat, dass er ein Problem hat.
"Drei bis fünf Prozent der Studierenden haben Probleme beim Lesen, Schreiben oder auch im Textverständnis, aber es ist nach wie vor eben ein Tabu-Thema an der Hochschule, weswegen man sich nicht gern 'outet'. Weil das eben einfach nicht zur Vorstellung von Studierenden passt."
Sein "Outing" hat Max Gießer genau dahin gebracht, wo er hin wollte: auf den besten Weg zum Abschluss. Seine Diplomarbeit hat er geschrieben, noch eine Klausur steht an und das Bauingenieurs-Studium ist erfolgreich beendet. In Zukunft wird er Brandschutzgutachten erstellen – und das am Computer und mit genügend Zeit. Das wird machbar, meint er. Trotz Legasthenie
"Ich hab mich einfach von Beginn an durchgeboxt … in der Schule, auf der Realschule. Dann hab ich gesagt, ich mach das Abitur, da bin ich auch relativ gut zurechtgekommen und dann hab ich halt gesagt: Dann studier ich auch!"