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Studieren und Selbstständigkeit

Im Grunde genommen will sich ein großer Teil der Studierenden später selbständig machen. Leider jedoch nimmt deren Anteil mit dem Verlauf des Studiums eher ab als zu - wenn nicht rechtzeitig gegengesteuert wird. Das hat eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Systemtechnik und Innovationsforschung im Auftrag des Bildungsministeriums ergeben.

    Selbstbestimmt arbeiten. Kein unfähiger Chef, der drangsaliert. Statt dessen eigenverantwortliches Schaffen, lieber nach der inneren als nach der Stechuhr: Das können sich immerhin 40 Prozent aller Studienanfänger vorstellen. So eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Systemtechnik und Integrationsforschung aus Karlsruhe für das -Bildungsministerium. Die Wissenschaftler haben 5300 Studenten an zehn Hochschulen schriftlich nach ihrer Haltung zu einer späteren Selbständigkeit befragt. Sie wollten wissen, wer später lieber im eigenen Unternehmen oder als Freiberufler tätig sein will. Fazit: vor allem Architekten, Juristen und Mediziner träumen von selbständiger Arbeit. Unter den Natur- und Geisteswissenschaftlern dagegen hält sich die Euphorie in Grenzen, vier von fünf Studenten dort wollen eher angestellt oder verbeamtet werden. Florian Frank von Bildungsministerium zu der in Auftrag gegeben Studie:

    Am meisten überrascht, hat uns die Entwicklung, das relativ viele Studienanfänger sich selbständig machen wollen, aber dass dann zum weiteren Verlauf immer weiter abnimmt. Diese Neigung, das hat uns am meisten überrascht, und das zeigt auch, dass wir hier handeln müssen, eben frühzeitig anfangen müssen, gerade in den ersten und in den mittleren Semestern, Leute zu gewinnen und die dort abzuholen, wo sie schon sind, und ihnen zu zeigen, wie sie ihre eigenen Träume wahrmachen können und ihre eigene Firma gründen können.

    Trister Alltag an den meisten Hochschulen und Universitäten: Das Thema Selbständigkeit ist als Studieninhalt gar nicht vorgesehen. Viele Professoren sehen ihre Wirkungsstätten immer noch eher als Orte theoretische orientierter Grundlagenforschung. Sie fühlen sich dem systematischen Sammeln von Wissen eher verpflichtet als der Praxis. Studenten bleiben mit dem Wunsch, sich selbständig zu machen, oft allein. Ihnen fehlen die Kontakte zu regionalen Wirtschaftspartnern und –verbünden und damit Anregungen und Hilfe. Dazu mangelt es schlicht an Geld, räumt das Bildungsministerium ein. Sprecher Florian Frank:

    Das Gründungskapital zu bekommen ist natürlich ein Problem, wenn man ein neues Unternehmen gründet, aber immer dort, wo man den Menschen zeigen kann, wie sie an dieses Gründungskapital kommen, denn das ist möglich, dort wächst auch die Bereitschaft, sich selbständig zu machen mit einem eigenen kleinen Unternehmen.

    Schließlich: Nicht nur die Studierenden brauchen Geld, auch das Risiko-Kapital sucht nach lukrativen Anlagemöglichkeiten, um sich zu vermehren. So sind auch Venture-Finanzies durchaus an Gründungswilligen interessiert, wenn deren Ideen nur Hand und Fuß haben. Beide Seiten regelmäßig zusammenzubringen, das ist eines der wichtigsten Anliegen der Technischen Universität in Berlin. Gerade startet hier die zweite Gründerbörse. Sie soll Interesse wecken und motivieren. Achtzehn ausgegründete Unternehmen zeigen den Weg zum Erfolg, externe Beratungen ermöglichen schnellen Kontakt. Wie schon im letzten Jahr kommen die Sieger des Businessplan-Wettbewerbs auch in diesmal wieder von der TU. Gewinner Christian Ribbat lobt den Gründergeist an seinem Institut für Festkörperphysik:

    Zum Beispiel mein Vorgänger auf meinem Gebiet hat sich jetzt auch selbständig gemacht, mit dem ich jetzt auch guten Kontakt hab. Das war sehr spannend zu sehn. Dann war ich vor für Jahren mal bei meinem anderen Bekannten, der sich auch aus der TU selbständig gemacht hat, die haben jetzt ne Firma von 27 Mitarbeitern in Adlershof, das heißt es tut sich schon einiges in der Szene.

    Der Wunsch nach Selbständigkeit müsse von innen heraus kommen, glaubt Dieter Bimberg. Er ist Professor am gleichen Institut und hat vor einem Jahr seine Firma gegründet, spezialisiert auf den Bau neuer Laserlichtquellen. Wenn der Wille klar sei, dann gehe es um die Entwicklung der richtigen Ideen, anwendungsorientiert und praxisrelevant. Sobald ihm dann ein Projekt tragfähig erscheint, bringt Bimberg Studierende, potentielle Gelbgeber und Berater zusammen. Vorher jedoch müssen die Studenten noch einiges an Handwerk erlernen:

    Also wir trainieren systematisch Präsentationen. Sowohl auf deutsch wie auf englisch. Und wir trainieren systematisch kurz und prägnant, auch in Form von Kurzvorträgen, das wesentliche zu sagen. Und ich glaub, das ist schon entscheidend, dieses Training in Kommunikation, letztlich. Und das kann jeder, der bei uns studiert, der bei uns verlässt, der hat also ne Reihe von Trainingsvorträgen letztlich gehalten. Es geht auch keiner raus in die Öffentlichkeit, der nicht vorher intern Probevorträge gemacht hat, wo praktisch die Vorträge im Zweifel, wenn sie nicht gut sind, wirklich nochmals in Einzelteile zerlegt werden und hinterher neu zusammengesetzt.

    Nicht nur Rhetorik ist wichtig. Businessplan-Gewinner Ribbat hat zwar straff, aber ohne Scheuklappen studiert. Auch Volkswirtschaft und Biologie gehörten zum Vorlesungsplan des Physikers. Und soziales Engagement neben dem Studium. Es sei eben wichtig, über den Tellerrand hinauszuschauen. Denn später als Selbständiger sind unvorhersehbare Situationen alltag. Und dann Engagement und Organisationstalent besonders gefragt.

    (Autor: William Vorsatz)

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