
Spätestens seit seinem 8. Platz beim Biathlon-Weltcup kürzlich in Oberhof ist Benedikt Doll auch international ein Star:
"Beim Biathlon, da hat man diese 30 Sekunden, am Schießstand, wo alles passen muss. Und das ist jedes Mal für mich pure Gänsehaut."
Pure Gänsehaut bekommt der erfolgreiche Weltcup-Teilnehmer aber nicht nur beim Wettkampf:
"Ja, eine Klausur: Wenn man mal nicht so gut vorbereitet ist, wenn man vielleicht die Zeit nicht hatte, sich optimal darauf zu verbreiten, dann hat so eine Klausur sicherlich auch einen hohen Adrenalinpegel."
Mehr Flexibilität im Studium
Gänsehaut auf der Loipe, Adrenalin-Schub während der Prüfung: Benedikt Doll kennt beides. Denn der 24-jährige Leistungssportler studiert auch Wirtschaftsingenieurwesen an der Hochschule Furtwangen – und das klingt ein wenig nach der berühmten Quadratur des Kreises. Denn Leistungssportler sein, mit all dem Trainings- und Wettkampfstress, ist alleine schon ein Fulltime-Job – ebenso wie das Absolvieren eines Studiums. In der kleinen Hochschule im Schwarzwald geht trotzdem beides zusammen. Um Spitzensport und Studium unter einen Hut zu bringen, hat Professor Robert Schäflein-Armbruster, Hochschulbeauftragter für Spitzensport, das sogenannte Furtwanger Modell entwickelt.
"Flexibilität ist der zentrale Punkt für die Vereinbarkeit von Studium und Spitzensport, was auch heißt, dass wir Semester schieben können, dass wir Beurlaubungssemester einlegen können, dass wir auch mal in Ausnahmefällen Prüfungen zu anderen Zeitpunkten stattfinden lassen können."
Konkret: Spitzensportler können im Bachelor-Studium bis zu 16 Semester statt ansonsten maximal sieben Semester eingeschrieben bleiben. Klausuren werden verschoben, wenn sie auf Wettkampftermine fallen. Wichtige Bedingung: Sportler, die all dies in Anspruch nehmen, müssen Mitglied in einem olympischen Kader sein. Und: Die Spielregeln des Furtwanger Modells sind in der Prüfungsordnung verankert.
Davon profitieren nicht nur Ski-, Langlauf- und Biathlon-Asse, sondern beispielsweise auch Ringer und Mountainbiker. Markus Bauer, Student in Furtwangen und Mitglied des Mountainbike-Nationalkaders, bereitet sich ziemlich weit weg von der Hochschule gerade auf die bevorstehende Saison vor, ist nach dem frühmorgendlichen Training per Skype erreichbar.
"Ja, ich hab am Dienstag meine letzte Bachelor-Prüfung abgelegt und bin dann direkt nachts nach Südafrika geflogen, absolviere hier ein dreiwöchiges Trainingslager und bereite mich auf die anstehende Mountainbike-Saison vor."
Ohne flexible Prüfungstermine und die Möglichkeit, auch einmal ein Urlaubssemester einzulegen, wäre es schwierig mit einem Abschluss, glaubt Markus Bauer:
"Ich bin jetzt gerade im 11. Semester fertig geworden mit dem Studium. Die Regelstudienzeit sind sieben Semester. Das ist schon toll und fast einzigartig in Deutschland."
Paralleles Studium ist vielen Spitzensportlern wichtig
Trotz doppelter Beanspruchung: Für ihn persönlich sei es wichtig gewesen, parallel zu studieren und zu trainieren – und nicht mit dem Studium bis nach der Karriere als Spitzensportler zu warten.
"Ich denke schon, dass der sportliche Ausgleich dazu führt, dass man in den Situationen, in denen man vom Kopf voll da sein, dann eben auch voll da sein und da auch die absolut beste Leistung abzufordern."
Daneben gibt es aber noch einen weiteren Grund für junge Spitzensportler, möglichst früh ein Studium anzufangen. Weltcup-Biathlet Benedikt Doll:
"Beim Biathlon zum Beispiel, da macht man die Sportart doch recht lang, so bis 35. Und wenn man dann noch etwas machen will, wozu man ein Studium benötigt, mit 35 noch anzufangen zu studieren, das ist doch recht spät."
Dass Studium und Spitzensport keine Gegensätze sein müssen, belegt im Übrigen ein prominentes Beispiel: Georg Hettich, ehemaliger Student in Furtwangen, schaffte 2006 bei den olympischen Winterspielen in Turin in der Nordischen Kombination olympisches Gold. Und darauf blickt Jürgen Willrett vom Olympiastützpunkt Freiburg, als Kooperationspartner beim Furtwanger Modell mit im Boot, gerne zurück:
"Der Georg hat hier sein Maschinenbaustudium abgeschlossen als sogar der Jahrgangsbester und ist gleichzeitig Olympiasieger geworden und nochmals zwei Medaillen von Turin mit heimgebracht. Das ist also das beste Beispiel."