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Studis für Gesine

Die Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder zittert mit, wenn am Sonntag die Bundesversammlung den neuen Bundespräsidenten oder die neue Präsidentin wählt. Denn mit Gesine Schwan ist die eigene Hochschulpräsidentin mit im Rennen. Studierende, Mitarbeiter und Professoren drücken ihr die Daumen, und unter dem Motto "Studis für Gesine" haben AStA und Studentenclub für Sonntag eine große Wahlparty organisiert.

Von Claudia van Laak |
    Torben Swane hat eine dicke Papierrolle unter dem Arm. Plakate, die zur Wahlparty am Sonntag einladen und die noch schnell an der Uni aufgehängt werden müssen. "Herz und Verstand für Deutschland" ist auf den Plakaten zu lesen. Und: "Wir unterstützen unsere Präsidentin." Der Jura-Student ist ein großer Bewunderer von Gesine Schwan, deshalb organisiert er die Party am Sonntag.

    Das ist eigentlich das Schönste an der Feier, auch wenn Frau Schwan verlieren sollte, was wir alle natürlich nicht glauben, dann dürfen wir sie behalten. Das wäre auch schön, schöner wäre es vielleicht, wenn sie denn Bundespräsidentin werden würde, und das, was sie hier an der Viadrina umgesetzt hat, die außergewöhnliche Atmosphäre, sich auf das ganze Land übertragen würde.

    Silvia Plefka kassiert das Geld für einen Capuccino und nickt. Nicht nur Studierende bewundern Gesine Schwan, auch viele Angestellte der Uni. Sie liebt Rohkost, ab und zu kauft sie eine Bockwurst und ist zu uns immer freundlich, sagt Silvia Plefka:

    Wir drücken ihr die Daumen. Auf der einen Seite wäre es schön, wenn sie den Posten kriegen würde, auf der anderen Seite wäre es für die Uni natürlich wirklich ein Verlust.

    Auch wenn Gesine Schwan verliert, die Uni und die Stadt Frankfurt/Oder haben durch ihre Kandidatur an Image gewonnen - davon sind alle überzeugt. Nun wissen die Leute endlich, dass es uns gibt, sagt Jura-Student Torben Swane:

    Dass viele Leute in Deutschland, die, mit dem Ort Frankfurt/Oder bisher eher negative Bilder oder Erfahrungen verbinden, dass die ein anderes Bild bekommen, nämlich dass hier wirklich etwas aufgebaut wird, dass wirklich etwas Neues entsteht, dass sich hier Dinge verändern.

    Sagt's und geht los, um noch ein paar Plakate aufzuhängen. Am Schwarzen Brett neben dem Cafe hängen Kopien von Zeitungsartikeln über Gesine Schwan. Auch polnische Studierende stehen davor und lesen, was über ihre Unipräsidentin verbreitet wird. Auch sie drücken Gesine Schwan, die fließend Polnisch spricht, die Daumen.

    Im Präsidialbüro der Europa-Universität sitzt Sylvia Hauer und sortiert die Post. Die Zahl der Briefe hat sich vervielfacht, seit Gesine Schwan rot-grüne Kandidatin für das Bundespräsidentenamt ist. Die Tür zu ihrem sehr persönlich eingerichteten Büro steht offen, die Kandidatin ist wie immer unterwegs. Natürlich wäre Gesine Schwan eine hervorragende Bundespräsidentin, sagt ihre Sekretärin:

    Davon bin ich 100-prozentig überzeugt, ja. Wir finden die ganze Sache natürlich sehr, sehr spannend, verfolgen es jeden Tag in den Medien und sind sehr interessiert. Jeden Tag ist eine andere Stimmung zu spüren. Manchmal sehen wir, Frau Schwan ist vorne, mal ist Herr Köhler vorne. Insofern ist die Sache bis Sonntag noch richtig spannend.

    Es sind nur einige wenige an der Viadrina, an denen die Bundespräsidentenwahl vorüber geht. An den Schließfächern vor der Bibliothek steht ein wortkarger Student, der - gefragt nach der Wahl am Sonntag - den Kopf schüttelt:

    Eigentlich möchte ich jetzt ganz gerne für meine Klausur lernen, weil ich nämlich habe gerade erfahren habe, dass ich durch gefallen bin und das Ganze in einer Woche noch mal versuchen darf. Ich möchte jetzt ganz gerne in die Bibliothek gehen. Ist das okay?