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Studium auf Pump

In Zeiten von Studiengebühren und eingefrorenen BAföG-Sätzen ist die Finanzierung eines Studiums zusehends schwierig und teils nur noch mit geliehenem Geld möglich. Finanzdienstleister haben die neue Zielgruppe "Student" bereits entdeckt und spezielle Angebote entwickelt. Das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) hat solche Studienkredite jetzt getestet.

Moderation: Lothar Guckeisen |
    Lothar Guckeisen: Wer heute an einer Hochschule studiert, der muss sein Studium fast schon so gut planen wie ein Unternehmer sein Geschäft. Einfach so drauflos studieren, das kann mittlerweile sehr teuer werden. Die Studiengebühren, die mittlerweile in fünf Bundesländer fällig sind, haben die Situation noch verschärft. Die Konsequenz: Bei manchem Studenten ergibt der Kassensturz ein dickes Minus. Und jeder Unternehmer stellt sich dann die Frage: Soll ich einen Kredit aufnehmen? Entsprechende Angebote gibt es inzwischen einige auf dem Markt. Das Centrum für Hochschulentwicklung, kurz CHE, hat diese Studienkredite getestet. Ulrich Müller, Sie haben die Untersuchung geleitet. Was haben Sie denn herausgefunden? Gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Angeboten?

    Ulrich Müller: Ich grüße Sie, Herr Guckeisen. Ja, das Spannende ist erst mal, es gibt überhaupt Angebote. Das muss man sich nur mal vor Augen halten. Vor zwei Jahren gab es eigentlich überhaupt kein Angebot in diesem Segment. Und jetzt in diesen zwei Jahren hat der Markt sich schon kräftig weiterentwickelt, es gibt zahlreiche Anbieter, auch wieder neue jetzt. Und es zeigt sich ein recht positives und recht buntes Bild, das Angebot ist richtig breit und sehr unterschiedlich und größtenteils fair.

    Guckeisen: Sie haben ja vor einem Jahr schon mal diesen Test gemacht. Innerhalb dieses einen Jahres, hat sich da der Markt besonders stark entwickelt? Es sind ja mittlerweile die Studiengebühren fällig geworden.

    Müller: Na gut, die Studiengebühren, das macht im Prinzip einen Aufpreis von ungefähr 14 Prozent auf die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten, und das ist der größere Batzen, das ist der spannende Bereich. Neu hinzugekommen sind einige Anbieter, zum Beispiel deutsche Bildung im Bereich Bildungsfonds, allgemein, bundesweit. Dazugekommen sind natürlich die Beitragsdarlehen der Länder, die jetzt Beiträge einführen. Man muss wirklich sagen, es gibt ein so breites Angebot, dass man wirklich sagen kann, es ist eine gute Ergänzung zu den herkömmlichen Finanzierungsmitteln, das kommt ja alles jetzt nur zusätzlich. Das heißt, die bisherigen Instrumente wie BAföG oder Elternförderung oder Jobs oder Stipendien, das gibt es ja weiterhin.

    Guckeisen: Welches Angebot ist denn besonders empfehlenswert?

    Müller: Ja, das ist eine Frage, um die wir uns gerne drücken, weil wir sagen, es gibt eigentlich nicht den guten Kredit, es gibt auch nicht den schlechten, auch wenn es Kredite gibt, die weniger gut abschneiden. Der Punkt ist, dass man selber schauen muss, was ist denn für mich der beste. Und da bieten wir eine Hilfestellung insofern, dass wir die Angebote untersucht haben nach verschiedenen Dimensionen, und jeder Student muss selber schauen, erstens, brauche ich überhaupt einen Kredit, das ist die entscheidende Frage, und dann zweitens, welchen denn. Und da bieten wir Hilfestellung, selber diese Kriterien zu gewichten nach den Punkten, die einem persönlich wichtig sind, weil ...

    Guckeisen: Können wir das vielleicht gerade mal der Reihe nach machen: Unter welchen Voraussetzungen ist denn ein Studienkredit sinnvoll? Zunächst mal diese Frage.

    Müller: Er ist dann sinnvoll, wenn er ein Lücke schließt, die ich sonst nicht geschlossen kriege in der Finanzierung. Ein Beispiel ist die Studienabschlussphase: Wenn ich sagen möchte, ich will mich da richtig konzentrieren für eine gute Note, das letzte Jahr will ich alle Nebenjobs sein lassen. Und ich habe ansonsten keine Einkünfte, die das irgendwo auffangen können, dann macht es Sinn, für einen Studienabschluss das hinzukriegen mit so einem Bildungskredit. Oder mir fehlen nur 200 oder 250 Euro, und ich kriege das nicht nur ein Stipendium, ich kriege kein BAföG mehr - das heißt, meine Eltern verdienen etwas zu viel, dass ich BAföG kriege, und etwas zu wenig, dass sie mich fördern können -, dann macht ein Kredit auch Sinn.

    Guckeisen: Wenn ich jetzt zu der Entscheidung gelangt bin, so ein Kredit kommt für mich doch infrage - Sie haben es eben angesprochen -, dann muss ich bestimmte Kriterien in meinem Kopf gewichten und dann sagen, welcher Kredit wohl für mich infrage kommt. Was sind das denn für Kriterien, was muss man da bedenken?

    Müller: Ganz wichtig am Anfang ist, was Sie eben Kassensturz nannten: Wie viel brauche ich wirklich über einen Kredit, weil man lebt ja auf die Kosten von später. Und ich empfehle da keine Leichtfertigkeit, aber auch keine Verunsicherung. Im zweiten Schritt muss man schauen, was für Anforderungen muss der Kredit für mich persönlich genügen. Zum Beispiel: Möchte ich ins Ausland gehen für ein Semester oder möchte ich später das Fach oder die Uni noch wechseln? Das macht nicht jeder Anbieter mit, da muss ich gut aufpassen. Und im dritten Punkt muss ich dann die Angebote, die infrage kommen, genau vergleichen in Bezug auf die Kriterien, die mir am wichtigsten sind, zum Beispiel auch die Risikoabsicherung. Wird mir ein Festzins garantiert, oder ist der Zins so variabel, dass es irgendwo auch umschlagen kann? Und als vierten Schritt ein schriftliches Angebot erstellen lassen, und das nicht sofort unterschreiben, lieber eine Nacht drüber schlafen.

    Guckeisen: Sie haben eben gesagt, um die Frage, welcher Kredit denn empfehlenswert ist, um die Frage würde ich mich gerne drücken. Andersrum gefragt: Gab es denn Angebote, wo Sie sagen würden: Finger weg?

    Müller: Es gab ein Angebot, was schon etwas hervorstach dadurch, dass es in jedem der fünf Bereiche, die wir untersucht haben, rot, also schlecht abgeschnitten hat. Das ist ein Studiendarlehen von der SEB Bank, aber auch nur gedacht für Studiengebühren einiger privater Hochschulen, das hat in wirklich jedem Bereich, muss man sagen, grandios schlecht abgeschnitten.

    Guckeisen: Studienkredite sind ja vor allem interessant geworden auch mit der Frage der Einführung von Studiengebühren. Wie hat sich denn da die Nachfrage entwickelt seither?

    Müller: Die Nachfrage insgesamt, was Bildungskredite angeht oder Studienkredite, haben wir auch abgefragt, und uns wurde genannt die Zahl von insgesamt, wenn man es zusammenrechnet, 78.000 Studenten haben seit den letzten zwei Jahren nachgefragt. Das klingt erst mal viel, aber das in Relation zu den zwei Millionen Studierenden ist nicht so wahnsinnig viel. Und von diesen 78.000 sind auch 30.000 wiederum nur die, die das Beitragsdarlehen in Nordrhein-Westfalen in Anspruch nehmen. Und insofern muss man sagen, die Bedeutung von Bildungsdarlehen ist für den Einzelnen sehr hoch, aber insgesamt doch eher noch klein.

    Weitere Informationen zum CHE-Studienkredit-Test unter www.che-studienkredit-test.de