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Studium hinter Gittern

Studieren hinter Gittern - in Deutschland ist das nicht ungewöhnlich. Bei der Fernuniversität Hagen sind momentan rund 600 sogenannte Knackis eingeschrieben. Ganz anders in Osteuropa: Hier bemüht man sich zwar um Demokratie und die wirtschaftliche Öffnung - aber der Strafvollzug ist so ziemlich das Letzte, was modernisiert wird. In Rumänien macht eine junge Frau die ganz große Ausnahme: Sie ist wegen Mordes verurteilt, hat aber im Gefängnis ein Management-Studium aufgenommen - allerdings unter schwierigsten Bedingungen.

14.05.2002
    Die Idee, ein Studium aufzunehmen, kam ihr in einem Gespräch mit dem Pfarrer. "Ich dachte mir, wenn man hier im Gefängnis anfängt zu studieren, zu büffeln, dann geht die Zeit schneller vorbei. Erst als ich richtig angefangen habe, keimte in mir so was wie Hoffnung auf - Hoffnung auf eine Chance in der Zukunft". Die Idee war jedoch so ungewöhnlich, dass sich Gefängnisleitung und Justizministerium zunächst skeptisch zeigten. Dennoch, eine rumänische Rechtsverordnung aus dem Jahr 1969 stellt es Häftlingen frei, einen Schulabschluss im Gefängnis nachzuholen. Was für einen Schulabschluss gelte, müsse auch für ein Studium Gültigkeit haben und so durften die Verwandten von Mirella Hotea Fernstudienunterlagen der deutsch-rumänischen Privatuniversität Sibiu ins Gefängnis bringen. Da es weder einen regelmäßigen Kontakt zum Hochschulpersonal noch Fachliteratur gibt, verlangt das Studium sehr viel Einsatz. Nur wenn am Ende des Semesters mündliche und schriftliche Prüfungen anstehen, hat die Studentin direkten Kontakt zu ihren Professoren. Ihr Studium will sie auf jeden Fall beenden und in puncto Wiedereingliederung ist Mirella zuversichtlich. "Die Rumänen sind unendlich tolerant, wenn es ums Gefängnis geht. Im Gefängnis gewesen sein bedeutet noch lange keine Diskriminierung".