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Studium in der Boxengasse

Für eine Gruppe von Studenten der Fahrzeugtechnik an der Fachhochschule Köln wird es ernst im kommenden Semester. Für eine komplette Rennsaison werden sie am Nürburgring das Honda-Juniorteam betreuen. In gut zwei Wochen, am 25. März, startet das erste Rennen.

Von Svenja Üing |
    Jan Lange startet den Honda Civic Rennwagen, doch die Räder bleiben erst einmal stehen. Heute läuft der Motor nur zu Präsentationszwecken. Zwei Wochen muss sich das Team um den technischen Leiter des Vereins "FH Motorsport Köln" noch gedulden, bis es richtig losgeht. Dann wird allerdings jemand anders am Steuer sitzen. Für Jan Lange, den Studenten der Fahrzeugtechnik, ist der Rennwagen ohnehin nicht konzipiert:

    ""Ist ein bisschen eng. Aber das kann auch am schmalen Sitz liegen. Den gibt es in unterschiedlichen Breiten. Ich bräuchte sehr wahrscheinlich eine Nummer breiter."

    Wenn der Tourenwagen am letzten Märzwochenende in der Eifel auf die Piste geht, werden sich die Techniker um Jan Lange intensiv um Wagen und Fahrer kümmern, beim Boxenstopp die Reifen wechseln und nachtanken. Nach dem Rennen sind sie dann für den Check-Up verantwortlich. Doch auch schon in den Wochen vor Saisonstart sind sie es, die den Wagen fit machen und die Sicherheit der Fahrer gewährleisten:

    "Hier ist eine Schweißzelle verbaut. Die sorgt dafür, dass der Fahrer im Falle eines Überschlages geschützt wird, so dass der Fahrer unverletzt bleibt."

    Jan Lange und die anderen Mitglieder des neu gegründeten Vereins "FH Motorsport Köln" tragen die komplette Verantwortung für das Juniorteam der VLN – der "Veranstaltergemeinschaft Langstreckenpokal Nürburgring". Insgesamt elf Rennen werden sie bestreiten - und das, obwohl die 25 Mitglieder des Vereins noch mitten im Studium stecken. Geld oder Ehre stehen dabei im Hintergrund, sagt Lange. Die angehenden Diplom-Ingenieure der Fahrzeugtechnik wollen vor allem praktische Erfahrungen sammeln:

    "Neben dem, was ich technisch lerne, lernt man hier sehr viele Softskills, die in der Industrie ja heute sehr gefragt sind. Also ich denke mal so ein Teambildungsprozess und so ein Team zu leiten, so etwas lernt man nicht im Studium, sondern halt durch solche Dinge. Insofern denke ich, dass es sehr förderlich ist."

    Laborversuche und Simulationen am PC sind Teil des Fachhochschulstudiums. Doch erst die Mitarbeit in einem solchen Projekt gebe den Studierenden die Möglichkeit, das theoretisch Gelernte auch anzuwenden, sagt Professor Frank Herrmann, der die Kooperation von Hochschule und Honda mit angestoßen hat. Doch die engere Bindung an die Industrie habe auch finanzielle Gründe:

    "Die Hochschullandschaft befindet sich im Umbruch, wir stehen vor einer Umstrukturierung im Rahmen des Bologna-Prozesses, der auch gut ist, der auch notwendig ist. Es ist aber auch Fakt, dass der Staat sich zunehmend aus der Finanzierung der Hochschulen zurückzieht und die Industrie in Zukunft in weit stärkerem Maße Verantwortung übernehmen muss. Zumindest in den technischen Fächern sehe ich das so."

    Dabei wollen sich die motorsportbegeisterten Studenten jedoch nicht zu eng an ihre Hochschule binden. Die bürokratischen Mühlen dort mahlen ihnen einfach zu langsam, meint Boris Kirchner, Sprecher von "FH Motorsport Köln":

    "Es ist halt so: Wenn man das über die FH-Töpfe laufen lässt mit den ganzen Geldern, dann muss man natürlich für jede Schraube, die man einkauft, einen Antrag in dreifacher Ausfertigung stellen. Und deshalb haben wir uns eben auch gesagt: Wir gründen einen Verein und arbeiten da ganz eigenständig."

    Auf diese Weise können sie beispielsweise ihren Sponsoren Spendenquittungen ausstellen und Mitgliedsbeiträge einnehmen. Zurzeit ist letzteres noch notwendig, denn auf den richtig großen Geldgeber warten die Studenten noch.
    Und für Honda selbst ist die Kooperation mit dem jungen Team auch eine Form der Außendarstellung des Automobilherstellers, sagt Andreas Mansfeld, Motorsportkoordinator von Honda Deutschland:

    "Wir demonstrieren einfach unseren Kunden und unseren Händlern die Zuverlässigkeit unserer Produkte, weil Langstreckenmeisterschaft heißt ja Zuverlässigkeit. Die Rennen dauern in der Regel vier Stunden, es gibt auch ein 6-Stunden-Rennen und nicht zuletzt das 24-Stunden-Rennen."

    Und last but not least, lasse sich auf diese Weise vielleicht auch der ein oder andere zukünftige Mitarbeiter gewinnen:

    "Unter Umständen natürlich, ja klar. Ich sage mal, die Ausbildung der jungen Leute liegt uns natürlich auch am Herzen. Und da kann man natürlich nicht ausschließen, dass der ein oder andere auch mal seinen Weg zu Honda finden wird."