Studium Stadtschreiber
Der Beruf des öffentlichen Schreibers ist in der so genannten Ersten Welt eigentlich ausgestorben. In Ländern, in denen es wenig Analphabeten gibt, kann man auf diesen Service verzichten. Doch bei unseren französischen Nachbarn erlebt diese Dienstleistung ein Comeback. Seit zwei Monaten hat die Pariser Sorbonne sogar einen Studiengang dafür eingerichtet. Die Tätigkeiten, die man mit der Lizenz zum Schreiben ausüben kann, sind vielfältig: Übersetzer, Korrekturleser, Ghostwriter oder Berater, erklärt Catherine Bastien. Die Präsidentin der Akademie der öffentlichen Schreiber in Frankreich unterrichtet in der ersten Studiengruppe neun Frauen und drei Männer im professionellen Schreiben: "Ich versuche, meinen Studenten die Liebe zu diesem Beruf zu vermitteln. Öffentlicher Schreiber ist ein Beruf mit Zukunft, denn es wird heute immer seltener, selbstständig zu sein und gleichzeitig harmonische Beziehungen mit den Kunden zu haben." Das Studium besteht aus 400 Stunden Praxis und 350 Stunden theoretischem Unterricht. Verbesserung des schriftlichen Ausdrucks, Techniken der Informationsbeschaffung, Einführung in Soziologie und Psychologie - der Lehrplan ist vielfältig. Alain Simard will sich einmal als öffentlicher Schreiber mit eigenem Kabinett niederlassen. Vor dem Schreibkurs hat er ein Studium moderner Literaturwissenschaft und der Kriminologie absolviert. "Ich half schon einem Freund, einem italienischen Wissenschaftler, sein Buch ins Französische zu übersetzen, und habe auch schon mal das Exposé für eine mündliche Ingenieursprüfung geschrieben", erzählt Simard. Mit einem richtigen Berufsabschluss, wie ihn die Sorbonne-Lizenz bietet, hätten die Absolventen Wettbewerbsvorteile gegenüber Konkurrenten, meint Kursleiterin Catherine Bastien: "Derzeit ist es noch eine Art Teufelskreis. Es gibt zwar eine Nachfrage, aber die ist noch nicht richtig entwickelt. Denn es ist den Leuten noch nicht richtig bewusst, welche Dienstleistungen ein öffentlicher Schreiber anzubieten hat. Wenn dieser Service aber einmal bekannter und anerkannter ist, werden die Leute auch darauf zurückgreifen."