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Studium und Sport - ein schwieriger Spagat

Wer als Profisportler unterwegs ist, hat nur selten Zeit, eine vernünftige Ausbildung zu machen. Ein mehrjähriges Studium ist besonders schwierig, wenn der Stundenplan zwischen Trainingseinheiten und Wettkämpfe gestopft werden muss. Wie es anders geht, zeigt die Universität Oldenburg mit ihrem Studiengang "Betriebswirtschaft für Spitzensportler".

Von Folkert Lenz |
    " Das erste Mal ist um zehn Uhr morgens Training. Entweder ganz normal in der Halle oder Fitness-Company: Krafttraining, Laufen gehen. Und dann um 18 Uhr das zweite Training. Und am Wochenende ist halt meistens Spiel. Ab und zu gibt's auch englische Wochen, dann ist Mittwoch und Samstag Spiel. Und Sonntag ist Regeneration, da wird mit der Mannschaft ausgelaufen. "

    Die Tage von Christian Köhrmann sind pickepackevoll. Fast jede Stunde ist bei dem Handballer verplant, seit sein Verein es in die erste Bundesliga geschafft hat. Seit fünf Jahren ist der 26-Jährige als Linksaußen beim Wilhelmshavener Handballverein. Ein Profijob, der knapp 40 Stunden pro Woche schluckt.

    Auf ein Studium wollte der Leistungssportler trotzdem nicht verzichten.

    " Ich habe vorher ganz normal an der Uni Wirtschaft studiert. Nur aus zeitlichen Gründen hat das einfach nicht mehr gepasst: Wir haben zwei Mal am Tag Training. Und der Nachmittag hätte zum Studieren nicht gereicht. "

    Deswegen hat sich Christian Köhrmann vor einem Jahr an der Universität Oldenburg eingeschrieben. Im damals neu gegründeten Studiengang "Betriebswirtschaftslehre für Spitzensportler".

    Ein Angebot, das vor allem auf die "Zeit danach" vorbereiten soll - wenn die Sportkarriere sich dem Ende zuneigt. Denn die Probleme von Spitzenathleten können im normalen Uni-Alltag nur selten berücksichtigt werden, so Studiengangskoordinator Frank Fischer.

    " Die Idee ist dadurch entstanden, dass man irgendwann festgestellt hat, dass die Sportler einfach keine Chancen haben, neben ihrem wirklich starken Sportgeschäft - Training, Wettkampf, Organisation und so weiter - in Präsenzstudiengängen teilzunehmen. Und deswegen hat man gesagt, da müssen wir was Neues machen. Und das in Form eines Onlinestudiums. "

    Weil Vorlesungen und Seminare sich nur selten mit dem Sportleralltag vertragen, ist die Anwesenheitspflicht auf dem Campus praktisch die Ausnahme. Für Kaderathleten und hauptberufliche Leistungssportler ist der Studiengang gedacht, der vor allem elektronisch abgewickelt wird. Online-Einheiten, virtuelle Gruppenarbeit übers Internet, Leistungstests via elektronischer Lernplattform: Auf diese Weise kann studiert werden - egal, ob gerade eine Einheit im Olympia-Stützpunkt ansteht, ein Trainingslager im Hochgebirge oder eine Meisterschaft im Ausland. Frank Fischer:

    " Die Sportler müssen insgesamt 20 Module studieren. Davon sind zehn Module Pflicht: Die decken so diesen grundlegenden BWL-Bereich ab. Und alles, was darüber hinausgeht, sind zehn weitere Wahlpflichtmodule. Da kann man sich dann in eine spezielle Richtung profilieren. Man kann z.B. mehr die Richtung Sportmanagement belegen. Oder man kann die Richtung Unternehmensmanagement belegen. "

    Nach vier oder fünf Jahren ist dann der Bachelor-Abschluss in Betriebswirtschaft möglich. Wenn die Karriere auf dem Sportplatz zu Ende ist, soll sie in den Manageretagen weiter gehen. So jedenfalls hofft es der Profihandballer Christian Köhrmann - und will dabei dem kleinen, weißen Leder treu bleiben.

    " Es gibt auch bei jeder Handballmannschaft einen Marketingbereich. Das wird immer professioneller und da sind auch ein paar Leute beschäftigt. Ich möchte in den Bereich Marketing oder auch Spielervermittlung, Spielerberatung. Und ich denke, in diesen Bereich werde ich später auch reinrutschen. "

    Vorstandssessel winken auch außerhalb des Sportbetriebs, betont Studiengangsleiter Fischer. Aber innerhalb der Branche seien die Chancen für Absolventen ungleich besser.

    " Man kann in Wirtschaftsunternehmen Führungspositionen übernehmen. Man kann natürlich auch in Werbeagenturen oder Sportagenturen Tätigkeiten übernehmen. Insbesondere, wenn man noch die einzelnen Module au dem Bereich Sportmanagement belegt hat. Da sind zum Beispiel dann - die Rückmeldung haben wir aus der Industrie - die Sportartikelhersteller besonders interessiert. "

    750 Euro Studiengebühren kostet jedes Modul übrigens - macht rund 17.000 Euro bis zum Bachelor-Zeugnis. Eine Investition, die sich rechnet, glaubt der Student Köhrmann. Dafür gibt's auch eine gute Betreuung: Ein Mentor betreut gerade zwölf Studierende. Auch das unterscheide die Ausbildung von anderen Fernstudiengängen.