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Stützpunkt in der Türkei
Die Bundeswehr investiert in Incirlik

Rund 58 Millionen will die Bundesregierung ausgeben, die türkische Luftwaffenbasis Incirlik offenbar fortbetreiben. Kanzlerin Angela Merkel mache sich noch mehr von "Diktator Erdogan" abhängig, kritisiert Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht. Die Große Koalition verteidigt die Pläne - und erwartet ein Ende im Streit um das Besuchsverbot.

Von Marcus Pindur | 06.09.2016
    Ein Airbus A310 MRTT der Luftwaffe der Bundeswehr startet in Incirlik
    Für rund 26 Millionen Euro sollen Betriebsflächen für die deutschen Tornado-Aufklärungsjets gebaut werden. (Bundeswehr / Falk Bärwald / dpa)
    Die Bundeswehr richtet sich offenbar auf eine Verlängerung ihres Anti-Terror-Einsatzes vom türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik aus ein. Das Verteidigungsministerium beabsichtigt, ein Investitionspaket von 58 Millionen Euro umzusetzen. Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Rainer Arnold, hält dies für richtig: "Es ist ja lange geplant, dass wir den Standort so aufbauen, dass die Bundeswehr eigene Flugzeuge abstellen kann. Eigene Büros, eigene Unterkünfte und einen eigenen Gefechtsstand haben. Im Augenblick sind wir Gast bei den amerikanischen Partnern, die aber stark drauf drängen, weil sie ihre Räumlichkeiten selbst wieder benötigen."
    Für rund 26 Millionen Euro sollen Betriebsflächen für die deutschen Tornado-Aufklärungsjets sowie Unterkunftscontainer gebaut werden. Für weitere 30 Millionen Euro werde die Luftwaffe einen mobilen Gefechtsstand beschaffen. Dies ist laut Auskunft des Bundesverteidigungsministeriums mit der türkischen Regierung auch so besprochen. Der mobile Gefechtsstands sei unabhängig vom Einsatz in Incirlik nötig gewesen, die Technik könne auf jeder anderen Basis eingesetzt werden. Voraussetzung für eine dauerhafte Stationierung der Bundeswehr in Incirlik ist jedoch eine Normalisierung des Verhältnisses zur türkischen Regierung. Die Querelen um das Besuchsverbot für deutsche Abgeordnete auf dem Luftwaffenstützpunkt haben das Verhältnis monatelang belastet.
    Seit Monaten geplant
    Eine Lösung des Konflikts ist in Sicht, seitdem die Bundesregierung erklärt hat, dass sie zwar inhaltlich hinter der Armenien-Resolution des Bundestages steht, aber gleichzeitig darauf hinwies, dass die Resolution nicht rechtsverbindlich sei. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Hofreiter, findet das Verhalten der Bundesregierung weiterhin problematisch: "Erst mit einem Trick in der Öffentlichkeit so zu tun, als sei die Resolution des Bundestages eine unverbindliche Aussage, als wäre der Bundestag ein Beirat der Bundesregierung anstatt des höchsten Verfassungsorgans. Und dann, anstatt die Entwicklung abzuwarten, schon mal Millionen zu investieren, das greift im Grunde den Rechten des Bundestags so voraus, dass die Abgeordneten der Großen Koalition endlich mal der Regierung klar sagen sollten: Moment mal, so geht´s wirklich nicht."
    Die Maßnahme sei seit Monaten geplant, aber in der Tat könne das Geld erst fließen, wenn es eine zufriedenstellende Besuchsregelung für deutsche Abgeordnete gebe, so Rainer Arnold. Deswegen handele es sich auch nicht um ein Entgegenkommen der Bundesregierung gegenüber Erdogan. "Es ist ja kein Entgegenkommen, wenn die Deutschen für die deutschen Flugzeuge und die deutschen Soldaten Büros bauen und Abstellflächen schaffen. Und dieser Gefechtsstand, das ist über die Hälfte des Geldes, der bleibt ja nicht in der Türkei, der gehört uns und den kann man am Ende wieder einpacken und kann ihn ja nach Deutschland zurückholen."
    Baldige Besuchsgenehmigungen erwartet
    Infrastruktur für die deutschen Streitkräfte zu schaffen, sei sinnvoll. Man könne nicht auf Dauer bei den Amerikanern zu Gast sein. Mittlerweile wächst die Zuversicht, dass es bald wieder Besuchsgenehmigungen geben wird, so Arnold. "Wir als Verteidigungspolitiker haben unsere Reise geplant, vom 4. bis 6. Oktober, da steht jetzt die Antwort an, ob die stattfinden kann. Es geht aber im Kern um Wiedererlangung der Normalität, also regelmäßige Besuche, regelmäßigen Austausch. Wir haben vollen Respekt vor den schwierigen Situationen, denen die Türkei gegenübersteht, mit Terror im Inneren und einem Krieg an der Grenze. Aber gleichzeitig auch mit der Möglichkeit, kritische Punkte des türkischen Vorgehens offen anzusprechen, wie es unter Verbündeten üblich ist."
    Sobald das Besuchsverbot für deutsche Abgeordnete aufgehoben ist, dürfte auch der Verlängerung des deutschen Mandates für die Bundeswehr-Mission in der Türkei nichts mehr im Wege stehen.