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Stupid German Money

Filmwirtschaft. - Mehr als 10 Milliarden Euro haben deutsche Anleger in den vergangenen sechs Jahren in so genannte Medien- oder Filmfonds gesteckt. Diese Anlageform ist vor allem bei Wohlhabenden sehr beliebt, weil sie dank steuerlicher Vorteile auch dann Gewinn verspricht, wenn die Fonds selber gar keine Rendite erzielen. Gewinner sind US-Filmproduzenten und vermögende Anleger aus Deutschland. Verlierer sind alle übrigen deutschen Steuerzahler und Finanzminister Eichel. Neue Richtlinien sollen die Steuersparmodelle jetzt erschweren. So erlebten Anleger des aktuellen Fonds Mediastream unlängst eine böse Überraschung. Die Branche ist verunsichert.

Von Günter Jagenburg |
    Steuersparmodelle auf der Basis von Filmfinanzierungen sollten in Deutschland bereits in den 70-er Jahren die Filmindustrie ankurbeln. Damals entstanden die berüchtigten Abschreibungsfilme, in die wohlhabende Investoren – meist Freiberufler oder Unternehmer – ihr Geld vor allem deshalb steckten, weil sie elegant Verluste produzierten und damit Steuern sparten. Das Steuergeschenk funktioniert so:

    Kosten für die Produktion von Filmen werden sofort komplett abgeschrieben, denn Filme gelten steuerlich als immaterielle Wirtschaftsgüter. Das heißt: Zahlt ein Anleger 50.000 Euro in einen Filmfonds ein, kann er – dank der sofortigen Abschreibung – die gleiche Summe in seiner Steuererklärung als Verlust ausweisen. Bei einer Einkommensteuerlast von 50 Prozent bekommt der Anleger sofort 25.000 Euro von der Steuer zurück. Tatsächlich muss der Anleger aus eigenem Geld also nur 25.000 Euro in den Investorentopf einzahlen, hat dort aber ein Guthaben von 50.000 Euro.

    Ein Rechenmodell des Verbandes Deutscher Medienfonds weist bei einer Einzahlung von 25.000 Euro über fünf Jahre – bezogen auf das eingesetzte Eigenkapital – eine Rendite von 15,75 Prozent aus.
    Deutsche Filme werden durch Medienfonds aber kaum finanziert.
    Michael Oehme, Verband Deutscher Medienfonds:

    Wenn sie mich festnageln wollen auf den deutschen Markt, das ist ganz schwierig zu greifen, da möchte ich eigentlich kaum ’ne Aussage zu treffen. Ich denke mal, wir bewegen uns hier noch im Bereich um 10 Prozent. 10 Prozent der Gesamtinvestitionssumme.

    Der Rest fließt vor allem in die USA. "Stupid German Money" nennen das die Hollywood-Bosse.
    Kein Wunder, dass deutsche Medienpolitiker sich wünschen, dass künftig mehr Filmfonds ihr Geld in Deutschland investieren. Nordrhein-Westfalens Medien-Staatssekretärin Miriam Meckel:

    Es gibt die Stupid-Money-Fonds, über die wir immer alle so schimpfen, wo das gesamte Geld in die USA geht und wir mit deutschem Steuergeld amerikanische Filme produzieren, die hier kein Mensch sieht und drüben, glaube ich, auch nicht. Das ist natürlich nicht der Sinn der Sache.

    Seit Januar werden nur noch Filmfonds als Abschreibungsmodelle akzeptiert, bei denen gewährleistet ist, dass die Anleger auch konkrete Einflussmöglichkeiten haben. Leo Fischer, Fachjournalist:

    Früher war es möglich, dass sich der Anleger an einem fertigen Konzept beteiligte, das der Initiator ihm vorgelegt hat. Nach dem neuen Recht, was seit dem 1.1.2004 gilt, muss der Anleger mitbestimmen über die Art des Films, über den Filmstoff, über die Schauspielerbesetzung, über die Finanzierung, also der Anleger muss Einflussmöglichkeiten haben.

    Die Investmentbranche hat aber auch dafür eine Lösung parat: Die Anbieter legen Fonds auf, bei denen Investoren ihre so genannte Herstellereigenschaft an Beiräte delegieren. Grundsätzlich behalten Filmfonds also ihre steuerrechtlichen Privilegien.
    Einige Fondsanbieter haben sich außerdem eine weitere Strategie ausgedacht, um die verschärften Regeln zu umgehen. So sollten die mehr als 4600 Anleger des aktuellen Fonds "Mediastream" nicht mehr in die Produktion, sondern nur noch in die Vermarktung von Filmen investieren. Dadurch sollte die Mitsprache der Anleger bei der Filmproduktion umgangen werden.

    Doch die Rechnung scheint nicht aufzugehen: Das Finanzamt München III erkannte nämlich in diesem Fall nur 10 Prozent des Aufwands als sofort abzugsfähige Betriebskosten an. Das heißt, die Steuervorteile der Anleger sind drastisch gesunken. Wirft der mit 231 Millionen Euro gefütterte Fonds am Ende keinen hohen Gewinn ab, könnten die Mediastream-Anleger eine böse Überraschung erleben.