Wenn er Präsident ist, so verspricht er den Gästen eines Restaurants in Manchester, New Hampshire, gibt's für alle Banana Splits, selbst wenn seine Frau, Hadassa, einwendet, das sei aber nicht gesund.
Sie müssen diesen Kerl aus dem Amt jagen, ermuntert ihn einer der Gäste, was Liebermann prompt verspricht. Dass damit George Bush gemeint ist, versteht sich von selbst; keine Außenpolitik habe der, sagt der Gast und vergleicht Bush mit einem Cowboy, der noch nie auf einem Pferd gesessen habe. Und uns, entgegnet Lieberman schlagfertig, reitet der in den Abgrund.
Wenn es in diesem Vorwahlkampf der Demokraten etwas gibt, was sie verbindet, dann ist es der gemeinsame Gegner, der Mann im Weißen Haus, der am Dienstag letzter Woche, einen Tag nach der Vorwahl in Iowa, die Aufmerksamkeit der Nation für sich und seinen alljährlichen Rechenschaftsbericht verlangte...
... der mit seinem Bericht zur Lage der Nation unüberhörbar an die Wähler appellierte, ihm, dem Amtsinhaber, doch die Chance zu geben, sein Werk zu vollenden.
Genau das wollen die Demokraten verhindern, doch dafür brauchen sie einen Kandidaten, der Bush besiegen kann. Wählbarkeit, "electability", lautet das Motto. Iowa brachte die Wende.
Nicht Howard Dean, der Ex-Gouverneur aus Vermont, der lange Zeit als "front-runner" galt, setzte sich bei der Wahl in Iowa durch, sondern John Kerry, der Senator aus Massachusetts, mit 38 Prozent der Stimmen, gefolgt von John Edwards, dem Senator aus North Carolina, mit 32 Prozent. Dean landete mit enttäuschenden 18 Prozent auf dem dritten Platz.
Doch von Enttäuschung oder gar Resignation wollten die überwiegend jugendlichen Wahlkampfhelfer des Doktors aus Vermont in der Stunde der Niederlage nichts wissen.
Anstatt wie ein Verlierer wurde er von den "kids", wie er sie selber nennt, mit anfeuernden "Dean"-Rufen wie ein Triumphator gefeiert. So mitgerissen wurde er von dem Enthusiasmus seiner Helfer, dass er sich in ein stimmgewaltiges, sich überschlagendes Stakkato steigerte, das die Aufzählung der anstehenden Vorwahlstaaten mit einem ungewöhnlichen Urschrei krönte.
Am nächsten Tag war der "Dean scream" Gesprächsthema Nummer eins. Nicht nur in den TV-Talkshows bei Leno und Letterman ..
...sondern auch bei seriösen Hörfunksendern wie National Public Radio und natürlich im Internet, dem Medium, das Dean bei seinem Wahlkampf so geholfen hatte.
Der "Dean dreht durch Remix" schlug so hohe Wellen, dass sich seine Wahlkampfberater veranlasst sahen, Schadensbegrenzung zu betreiben, durch einen gemeinsamen Fernsehauftritt mit seiner Frau, humoristischen TV-Einlagen, in denen er sich selbst auf die Schippe nahm und schließlich einer moderaten Neuauflage seines Iowa-Auftritts, mit erkältungsbedingt heiserer Stimme.
Ob sein Problem, dass ihm die Wähler die Statur eines künftigen Präsidenten absprechen, damit gelöst ist, ist fraglich. Das Beunruhigende an Dean sei weniger dieser Auftritt, schrieb die Washington Post am Wochenende, sondern seine Tendenz, erst zu reden, dann zu denken. Letzte Woche erklärte Dean, bei ihm komme zuerst das Herz, dann der Kopf. "Ist das eine Eigenschaft, die man von einem Präsidenten erwartet", wurde er letzten Donnerstag in einer Fernsehdebatte aller sieben demokratischen Kandidaten gefragt.
Ja, erst komme das Herz. Er sage, was er glaube, und es sei an der Zeit, dass jemand in der Demokratischen Partei für das einstehe, woran die Partei glaube. "Wir müssen sagen, an was wir glauben, ob das populär ist oder nicht", so Dean.
Doch schon vor der Urschrei-Episode in Iowa hatte es eine Absetzbewegung von Dean gegeben, begründet mit dem Argument, vielleicht sei er doch nicht der beste Kandidat, George Bush zu besiegen. Seit der Festnahme Saddams hatte die Antikriegsstimmung unter den Wählern der Demokratischen Partei etwas von ihrer Vehemenz verloren, erschien vielen Wählern der Irakkrieg auch nicht mehr als das wichtigste Thema im Wahlkampf.
Das zeigte sich auch in der Wahlanalyse von Iowa. Drei Viertel der Wähler waren wie Dean gegen den Irakkrieg, doch nur 15 Prozent ließen sich davon in ihrer Wahlentscheidung beeinflussen. Ausschlaggebend war für die meisten, wem sie die besten Chancen einräumten, George Bush zu besiegen. Und das war John Kerry.
Er gewann bei Männern wie Frauen, bei Gemäßigten wie Konservativen, bei Wäühlern mit und ohne Hochschulabschluss. Und sogar bei jüngeren und Neuwählern und jenen, die sich ihre politischen Informationen häufig aus dem Internet holen, lag Kerry vorn. Ein erstaunliches Comeback für den 60jährigen Senator aus Massachusetts, der sich am Tag danach an Bill Clintons Satz vom "comeback kid" erinnert fühlte, als Clinton 1992 nach einer Reihe von Rückschlägen in New Hampshire auf dem zweiten Platz landete.
Clinton's Comeback in New Hampshire führte zu seiner Nominierung und zum Sieg über George Bush senior. Kann Kerry zwölf Jahre später nach seinem Comeback in Iowa den gleichen Weg gehen, über die Nominierung auf dem Parteitag Ende Juli in Boston bis zum Einzug ins Weiße Haus und zur Ablösung von George W. Bush?
Wenn es nach dieser Wählerin in Clairemont, New Hampshire, ginge, könnte für Kerry nichts mehr schiefgehen, habe er doch die besten Qualifikationen unter den Kandidaten, die besten Aussichten, gewählt zu werden und die Statur eines Präsidenten, womit sie sicher nicht nur das Gardemaß des Ex-Marineleutnants und Vietnamkriegsveteranen meint.
John Kerry war ein zorniger junger Mann, als er 1970 aus Vietnam zurückkam. Zornig über das, was er gesehen hatte, die vielen Toten und Verwundeten.
Der Marineleutnant, der sich im Februar 1966, wenige Monate vor seinem Studienabschluss in Yale, freiwillig zum Wehrdienst gemeldet hatte und zweimal wegen Tapferkeit ausgezeichnet wurde, suchte in Vietnam vergeblich nach einem Sinn des Krieges.
Was er empfand und was er in Vietnam erlebt hat, ist nachzulesen in dem Buch: "Tour of Duty: John Kerry and the Vietnam War". Darin zitiert der Autor, der Historiker, Douglas Brinkley, aus Tagebuchnotizen und Briefen, die Kerry an seine Eltern und seine Verlobte schrieb.
"Ich weiß, dass die meisten meiner Freunde sich absolut absurd vorkamen, einen Fluss hochzufahren mit einer geladenen Waffe, die gegen jemanden eingesetzt werden sollte, der dir nichts getan hatte und in dessen Land du vorgedrungen warst", schrieb er in seinem Tagebuch. "Ich hatte immer geglaubt, um jemanden zu töten, müsste man ihn hassen, doch diese Menschen habe ich nun wirklich nicht gehasst."
Nachdem er aus Vietnam zurückgekommen war, organisierte er eine Demonstration von 5.000 Kriegsveteranen in Washington, einen Steinwurf vom Kongress entfernt, und überbrachte Präsident Nixon einen Aufruf, den Krieg zu beenden.
Und so wurde er im Alter von 27 Jahren auf die Liste der Feinde Nixons gesetzt, verdientermaßen, wie er ironisch anmerkt.
Vietnam ist seitdem Teil seiner persönlichen Biographie, ein Kapitel, das ihn abhebt und unterscheidet von anderen Yale-Universitäts-Absolventen, wie Howard Dean, der wegen eines Rückenleidens vom Kriegseinsatz verschont blieb, und George Bush, dessen Kampfeinsätze auf die Heimatfront und die Nationalgarde in Texas beschränkt blieben.
1972 machte Kerry den ersten Anlauf zu einer politischen Karriere, scheiterte jedoch bei den Kongresswahlen, so wie im selben Jahr sein Parteifreund und Vietnamkriegsgegner, George McGovern, bei den Präsidentschaftwahlen verlor, gegen Richard Nixon.
Kerry ging zurück zur Universität, studierte Jura und wurde Staatsanwalt. 1982 wurde er zum stellvertretenden Gouverneur von Massachusetts gewählt, und zwei Jahre später in den US-Senat.
Einen Namen machte er sich da , wie er auf unzähligen Wahlkampfveranstaltungen der letzten Monate in Iowa und New Hampshire erzählte, als unerschrockener Gegner der illegalen Kriege Ronald Reagans in Lateinamerika, als derjenige, der Oliver North im Iran-Contra-Skandal entlarvte, Panamas Staatspräsident Noriegas Verwicklung in den Drogenhandel offenbarte, zur Schließung der BCCI beitrug, jener Bank, die über 30 Millionen Dollar Osama bin Ladens verfügte.
Zusammen mit dem republikanischen Senator und Vietnamkriegsveteranen, John McCain, setzte sich Kerry erfolgreich für eine Normalisierung der Beziehungen zu Vietnam ein. Das war während der Präsidentschaft Bill Clintons. Und vielleicht trifft auf diese Zeit auch schon zu, was Kerry zur philosophischer Kernaussage seines Wahlkampfs gemacht hat, dass der Weg, den er zurückgelegt hat, der Prolog ist für den Weg, den er noch zurückzulegen hat.
... und die Kämpfe, die er in den letzten 35 Jahren ausgetragen hat, die Prinzipien, Werte und den Charakter definieren, die ihn als Präsidenten der Vereinigten Staaten auszeichnen werden.
Doch bevor aus dem Konditional wirklich ein Indikativ wird, muss John Kerry noch viele Hürden überwinden. Iowa war nur die erste. Und New Hampshire wird nicht die letzte gewesen sein.
Was ihn von den anderen Kandidaten unterscheidet, so meint Kerry, seien 35 Jahre an Erfahrung - innen- wie außenpolitisch. Oder wie es sein Wahlkampfmanager für New Hampshire, Bill Shaheen, formulierte: " Wir können uns nicht wieder einen Gouverneur leisten, der über keine internationalen Erfahrungen verfügt, angesichts des Schadens, den Bush in der ganzen Welt angerichtet hat"
Seine Frau, Jeanne, ehemalige Gouverneurin von New Hampshire, Leiterin des nationalen Wahlkampfs von John Kerry, ist überzeugt, dass ihr Kandidat nicht nur über die erforderlichen Qualifikationen verfügt, sondern auch weiß, wohin das Land geführt werden muss, und vor allem könne er George Bush schlagen.
Zwischendurch sah das nicht so aus. Kerry erschien vielen Wählern als distanziert, ja arrogant. Bis ihm seine Wahlkampfmanager nahelegten, mehr auf die Menschen zuzugehen, sie persönlich anzusprechen. New Hampshire mit seiner Wahlkampftradition machte es möglich.
Wahlkampf in New Hampshire ist etwas Besonderes. Da erwarten die Wähler von den Kandidaten, dass sie offen und zugänglich sind, dass man mit ihnen reden kann. In New Hampshire ist vieles anders, sagt Mark Wrighton, Professor für politische Wissenschaften an der Universität von New Hampshire in Durham.
Da wollen die Wähler den Kandidaten ins Auge schauen, ihnen die Hand schütteln, und sich selber davon überzeugen, was für Ideen die Kandidaten haben.
Wie John Edwards, der 50jährige Sonnyboy-Senator aus North Carolina, der in Iowa überraschend Zweiter wurde, stimmte John Kerry im Kongress für die Ermächtigung des Präsidenten, Krieg gegen Irak zu führen. Doch anders als Joe Lieberman votierten Kerry und Edwards gegen die 87 Milliarden Dollar, mit denen Krieg und Wiederaufbau des Irak finanziert werden sollen. Dieses Votum war, wie Edwards in der Kandidatendebatte letzten Donnerstag erklärte, ein Versuch, Bush zum Kurswechsel zu zwingen, die Verbündeten einzubinden. Ein Ja wäre einem Blankoscheck gleichgekommen.
Howard Dean kam ebensowenig wie Ex-General Wesley Clark in die Verlegenheit, für oder gegen den Krieg und seine Finanzierung stimmen zu müssen. Während Dean sich von Anfang an gegen den Krieg aussprach, gab Clark widersprüchliche Erklärungen ab, ob er dafür oder dagegen gestimmt hätte.
Für Clark war das Ergebnis von Iowa mit dem Sieg Kerrys und der Schlappe Deans ein Rückschlag. Er hatte darauf gesetzt, sich als Alternative zu dem außenpolitisch unerfahrenen Dean profilieren zu können. Als sich Clark letzte Woche in der CNN-Sendung Larry King Live etwas vollmundig als der einzige Kandidat präsentierte, der selber außenpolitisch tätig gewesen sei, einen Krieg gewonnen und Friedensabkommen ausgehandelt habe....
stichelte der ehemalige republikanische Präsidentschaftsbewerber Bob Dole, politisch gesehen, sei Clark soeben vom General zum Oberst degradiert worden, was Clark zu der echauffierten Feststsellung veranlasste, er sei General, Kerry dagegen nur Leutnant.
Darauf Dole, ich weiß, was Sie sind.
Ähnlich unglücklich reagierte Clark, als er in der Fernsehdebatte von Moderator Peter Jennings gefragt wurde, warum er sich nicht von der abwegigen Behauptung Michael Moores distanziert habe, Präsident Bush sei ein Deserteur. Clark stand neben ihm, als der in Amerika eher umstrittene Filmemacher, der Clark im Wahlkampf unterstützt, diese Behauptung aufstellte.
Es sei das gute Recht Michael Moores, zu sagen, was er wolle. Er, Clark, wisse nicht, ob die Behauptung zutreffe, sie sei jedoch schon öfter erhoben worden. Für ihn sei das ohne Bedeutung.
Wenn Clark, der in Iowa gepasst hatte, im Rennen bleiben will, müsste er in New Hampshire zumindest auf dem dritten Platz landen. Dasselbe gilt für Joe Liebermann, der ebenfalls nicht in Iowa kandidiert hatte. John Edwards dagegen reicht es schon, besser abzuschneiden als erwartet. Sein Test kommt nächste Woche in seinem Heimatstaat South Carolina. Im Süden fühlt er sich stark, das sei sein Hinterhof, sagt er, und da werde er George Bush schlagen.
In einem Punkt sind sich alle Wähler der Demokraten einig, auch die noch unentschiedenen, alle Kandidaten seien besser als Bush.
Sie müssen diesen Kerl aus dem Amt jagen, ermuntert ihn einer der Gäste, was Liebermann prompt verspricht. Dass damit George Bush gemeint ist, versteht sich von selbst; keine Außenpolitik habe der, sagt der Gast und vergleicht Bush mit einem Cowboy, der noch nie auf einem Pferd gesessen habe. Und uns, entgegnet Lieberman schlagfertig, reitet der in den Abgrund.
Wenn es in diesem Vorwahlkampf der Demokraten etwas gibt, was sie verbindet, dann ist es der gemeinsame Gegner, der Mann im Weißen Haus, der am Dienstag letzter Woche, einen Tag nach der Vorwahl in Iowa, die Aufmerksamkeit der Nation für sich und seinen alljährlichen Rechenschaftsbericht verlangte...
... der mit seinem Bericht zur Lage der Nation unüberhörbar an die Wähler appellierte, ihm, dem Amtsinhaber, doch die Chance zu geben, sein Werk zu vollenden.
Genau das wollen die Demokraten verhindern, doch dafür brauchen sie einen Kandidaten, der Bush besiegen kann. Wählbarkeit, "electability", lautet das Motto. Iowa brachte die Wende.
Nicht Howard Dean, der Ex-Gouverneur aus Vermont, der lange Zeit als "front-runner" galt, setzte sich bei der Wahl in Iowa durch, sondern John Kerry, der Senator aus Massachusetts, mit 38 Prozent der Stimmen, gefolgt von John Edwards, dem Senator aus North Carolina, mit 32 Prozent. Dean landete mit enttäuschenden 18 Prozent auf dem dritten Platz.
Doch von Enttäuschung oder gar Resignation wollten die überwiegend jugendlichen Wahlkampfhelfer des Doktors aus Vermont in der Stunde der Niederlage nichts wissen.
Anstatt wie ein Verlierer wurde er von den "kids", wie er sie selber nennt, mit anfeuernden "Dean"-Rufen wie ein Triumphator gefeiert. So mitgerissen wurde er von dem Enthusiasmus seiner Helfer, dass er sich in ein stimmgewaltiges, sich überschlagendes Stakkato steigerte, das die Aufzählung der anstehenden Vorwahlstaaten mit einem ungewöhnlichen Urschrei krönte.
Am nächsten Tag war der "Dean scream" Gesprächsthema Nummer eins. Nicht nur in den TV-Talkshows bei Leno und Letterman ..
...sondern auch bei seriösen Hörfunksendern wie National Public Radio und natürlich im Internet, dem Medium, das Dean bei seinem Wahlkampf so geholfen hatte.
Der "Dean dreht durch Remix" schlug so hohe Wellen, dass sich seine Wahlkampfberater veranlasst sahen, Schadensbegrenzung zu betreiben, durch einen gemeinsamen Fernsehauftritt mit seiner Frau, humoristischen TV-Einlagen, in denen er sich selbst auf die Schippe nahm und schließlich einer moderaten Neuauflage seines Iowa-Auftritts, mit erkältungsbedingt heiserer Stimme.
Ob sein Problem, dass ihm die Wähler die Statur eines künftigen Präsidenten absprechen, damit gelöst ist, ist fraglich. Das Beunruhigende an Dean sei weniger dieser Auftritt, schrieb die Washington Post am Wochenende, sondern seine Tendenz, erst zu reden, dann zu denken. Letzte Woche erklärte Dean, bei ihm komme zuerst das Herz, dann der Kopf. "Ist das eine Eigenschaft, die man von einem Präsidenten erwartet", wurde er letzten Donnerstag in einer Fernsehdebatte aller sieben demokratischen Kandidaten gefragt.
Ja, erst komme das Herz. Er sage, was er glaube, und es sei an der Zeit, dass jemand in der Demokratischen Partei für das einstehe, woran die Partei glaube. "Wir müssen sagen, an was wir glauben, ob das populär ist oder nicht", so Dean.
Doch schon vor der Urschrei-Episode in Iowa hatte es eine Absetzbewegung von Dean gegeben, begründet mit dem Argument, vielleicht sei er doch nicht der beste Kandidat, George Bush zu besiegen. Seit der Festnahme Saddams hatte die Antikriegsstimmung unter den Wählern der Demokratischen Partei etwas von ihrer Vehemenz verloren, erschien vielen Wählern der Irakkrieg auch nicht mehr als das wichtigste Thema im Wahlkampf.
Das zeigte sich auch in der Wahlanalyse von Iowa. Drei Viertel der Wähler waren wie Dean gegen den Irakkrieg, doch nur 15 Prozent ließen sich davon in ihrer Wahlentscheidung beeinflussen. Ausschlaggebend war für die meisten, wem sie die besten Chancen einräumten, George Bush zu besiegen. Und das war John Kerry.
Er gewann bei Männern wie Frauen, bei Gemäßigten wie Konservativen, bei Wäühlern mit und ohne Hochschulabschluss. Und sogar bei jüngeren und Neuwählern und jenen, die sich ihre politischen Informationen häufig aus dem Internet holen, lag Kerry vorn. Ein erstaunliches Comeback für den 60jährigen Senator aus Massachusetts, der sich am Tag danach an Bill Clintons Satz vom "comeback kid" erinnert fühlte, als Clinton 1992 nach einer Reihe von Rückschlägen in New Hampshire auf dem zweiten Platz landete.
Clinton's Comeback in New Hampshire führte zu seiner Nominierung und zum Sieg über George Bush senior. Kann Kerry zwölf Jahre später nach seinem Comeback in Iowa den gleichen Weg gehen, über die Nominierung auf dem Parteitag Ende Juli in Boston bis zum Einzug ins Weiße Haus und zur Ablösung von George W. Bush?
Wenn es nach dieser Wählerin in Clairemont, New Hampshire, ginge, könnte für Kerry nichts mehr schiefgehen, habe er doch die besten Qualifikationen unter den Kandidaten, die besten Aussichten, gewählt zu werden und die Statur eines Präsidenten, womit sie sicher nicht nur das Gardemaß des Ex-Marineleutnants und Vietnamkriegsveteranen meint.
John Kerry war ein zorniger junger Mann, als er 1970 aus Vietnam zurückkam. Zornig über das, was er gesehen hatte, die vielen Toten und Verwundeten.
Der Marineleutnant, der sich im Februar 1966, wenige Monate vor seinem Studienabschluss in Yale, freiwillig zum Wehrdienst gemeldet hatte und zweimal wegen Tapferkeit ausgezeichnet wurde, suchte in Vietnam vergeblich nach einem Sinn des Krieges.
Was er empfand und was er in Vietnam erlebt hat, ist nachzulesen in dem Buch: "Tour of Duty: John Kerry and the Vietnam War". Darin zitiert der Autor, der Historiker, Douglas Brinkley, aus Tagebuchnotizen und Briefen, die Kerry an seine Eltern und seine Verlobte schrieb.
"Ich weiß, dass die meisten meiner Freunde sich absolut absurd vorkamen, einen Fluss hochzufahren mit einer geladenen Waffe, die gegen jemanden eingesetzt werden sollte, der dir nichts getan hatte und in dessen Land du vorgedrungen warst", schrieb er in seinem Tagebuch. "Ich hatte immer geglaubt, um jemanden zu töten, müsste man ihn hassen, doch diese Menschen habe ich nun wirklich nicht gehasst."
Nachdem er aus Vietnam zurückgekommen war, organisierte er eine Demonstration von 5.000 Kriegsveteranen in Washington, einen Steinwurf vom Kongress entfernt, und überbrachte Präsident Nixon einen Aufruf, den Krieg zu beenden.
Und so wurde er im Alter von 27 Jahren auf die Liste der Feinde Nixons gesetzt, verdientermaßen, wie er ironisch anmerkt.
Vietnam ist seitdem Teil seiner persönlichen Biographie, ein Kapitel, das ihn abhebt und unterscheidet von anderen Yale-Universitäts-Absolventen, wie Howard Dean, der wegen eines Rückenleidens vom Kriegseinsatz verschont blieb, und George Bush, dessen Kampfeinsätze auf die Heimatfront und die Nationalgarde in Texas beschränkt blieben.
1972 machte Kerry den ersten Anlauf zu einer politischen Karriere, scheiterte jedoch bei den Kongresswahlen, so wie im selben Jahr sein Parteifreund und Vietnamkriegsgegner, George McGovern, bei den Präsidentschaftwahlen verlor, gegen Richard Nixon.
Kerry ging zurück zur Universität, studierte Jura und wurde Staatsanwalt. 1982 wurde er zum stellvertretenden Gouverneur von Massachusetts gewählt, und zwei Jahre später in den US-Senat.
Einen Namen machte er sich da , wie er auf unzähligen Wahlkampfveranstaltungen der letzten Monate in Iowa und New Hampshire erzählte, als unerschrockener Gegner der illegalen Kriege Ronald Reagans in Lateinamerika, als derjenige, der Oliver North im Iran-Contra-Skandal entlarvte, Panamas Staatspräsident Noriegas Verwicklung in den Drogenhandel offenbarte, zur Schließung der BCCI beitrug, jener Bank, die über 30 Millionen Dollar Osama bin Ladens verfügte.
Zusammen mit dem republikanischen Senator und Vietnamkriegsveteranen, John McCain, setzte sich Kerry erfolgreich für eine Normalisierung der Beziehungen zu Vietnam ein. Das war während der Präsidentschaft Bill Clintons. Und vielleicht trifft auf diese Zeit auch schon zu, was Kerry zur philosophischer Kernaussage seines Wahlkampfs gemacht hat, dass der Weg, den er zurückgelegt hat, der Prolog ist für den Weg, den er noch zurückzulegen hat.
... und die Kämpfe, die er in den letzten 35 Jahren ausgetragen hat, die Prinzipien, Werte und den Charakter definieren, die ihn als Präsidenten der Vereinigten Staaten auszeichnen werden.
Doch bevor aus dem Konditional wirklich ein Indikativ wird, muss John Kerry noch viele Hürden überwinden. Iowa war nur die erste. Und New Hampshire wird nicht die letzte gewesen sein.
Was ihn von den anderen Kandidaten unterscheidet, so meint Kerry, seien 35 Jahre an Erfahrung - innen- wie außenpolitisch. Oder wie es sein Wahlkampfmanager für New Hampshire, Bill Shaheen, formulierte: " Wir können uns nicht wieder einen Gouverneur leisten, der über keine internationalen Erfahrungen verfügt, angesichts des Schadens, den Bush in der ganzen Welt angerichtet hat"
Seine Frau, Jeanne, ehemalige Gouverneurin von New Hampshire, Leiterin des nationalen Wahlkampfs von John Kerry, ist überzeugt, dass ihr Kandidat nicht nur über die erforderlichen Qualifikationen verfügt, sondern auch weiß, wohin das Land geführt werden muss, und vor allem könne er George Bush schlagen.
Zwischendurch sah das nicht so aus. Kerry erschien vielen Wählern als distanziert, ja arrogant. Bis ihm seine Wahlkampfmanager nahelegten, mehr auf die Menschen zuzugehen, sie persönlich anzusprechen. New Hampshire mit seiner Wahlkampftradition machte es möglich.
Wahlkampf in New Hampshire ist etwas Besonderes. Da erwarten die Wähler von den Kandidaten, dass sie offen und zugänglich sind, dass man mit ihnen reden kann. In New Hampshire ist vieles anders, sagt Mark Wrighton, Professor für politische Wissenschaften an der Universität von New Hampshire in Durham.
Da wollen die Wähler den Kandidaten ins Auge schauen, ihnen die Hand schütteln, und sich selber davon überzeugen, was für Ideen die Kandidaten haben.
Wie John Edwards, der 50jährige Sonnyboy-Senator aus North Carolina, der in Iowa überraschend Zweiter wurde, stimmte John Kerry im Kongress für die Ermächtigung des Präsidenten, Krieg gegen Irak zu führen. Doch anders als Joe Lieberman votierten Kerry und Edwards gegen die 87 Milliarden Dollar, mit denen Krieg und Wiederaufbau des Irak finanziert werden sollen. Dieses Votum war, wie Edwards in der Kandidatendebatte letzten Donnerstag erklärte, ein Versuch, Bush zum Kurswechsel zu zwingen, die Verbündeten einzubinden. Ein Ja wäre einem Blankoscheck gleichgekommen.
Howard Dean kam ebensowenig wie Ex-General Wesley Clark in die Verlegenheit, für oder gegen den Krieg und seine Finanzierung stimmen zu müssen. Während Dean sich von Anfang an gegen den Krieg aussprach, gab Clark widersprüchliche Erklärungen ab, ob er dafür oder dagegen gestimmt hätte.
Für Clark war das Ergebnis von Iowa mit dem Sieg Kerrys und der Schlappe Deans ein Rückschlag. Er hatte darauf gesetzt, sich als Alternative zu dem außenpolitisch unerfahrenen Dean profilieren zu können. Als sich Clark letzte Woche in der CNN-Sendung Larry King Live etwas vollmundig als der einzige Kandidat präsentierte, der selber außenpolitisch tätig gewesen sei, einen Krieg gewonnen und Friedensabkommen ausgehandelt habe....
stichelte der ehemalige republikanische Präsidentschaftsbewerber Bob Dole, politisch gesehen, sei Clark soeben vom General zum Oberst degradiert worden, was Clark zu der echauffierten Feststsellung veranlasste, er sei General, Kerry dagegen nur Leutnant.
Darauf Dole, ich weiß, was Sie sind.
Ähnlich unglücklich reagierte Clark, als er in der Fernsehdebatte von Moderator Peter Jennings gefragt wurde, warum er sich nicht von der abwegigen Behauptung Michael Moores distanziert habe, Präsident Bush sei ein Deserteur. Clark stand neben ihm, als der in Amerika eher umstrittene Filmemacher, der Clark im Wahlkampf unterstützt, diese Behauptung aufstellte.
Es sei das gute Recht Michael Moores, zu sagen, was er wolle. Er, Clark, wisse nicht, ob die Behauptung zutreffe, sie sei jedoch schon öfter erhoben worden. Für ihn sei das ohne Bedeutung.
Wenn Clark, der in Iowa gepasst hatte, im Rennen bleiben will, müsste er in New Hampshire zumindest auf dem dritten Platz landen. Dasselbe gilt für Joe Liebermann, der ebenfalls nicht in Iowa kandidiert hatte. John Edwards dagegen reicht es schon, besser abzuschneiden als erwartet. Sein Test kommt nächste Woche in seinem Heimatstaat South Carolina. Im Süden fühlt er sich stark, das sei sein Hinterhof, sagt er, und da werde er George Bush schlagen.
In einem Punkt sind sich alle Wähler der Demokraten einig, auch die noch unentschiedenen, alle Kandidaten seien besser als Bush.