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Suchmaschinen-Wettbewerb
EU-Kommission will Google die Zähne zeigen

Es könnte das wichtigste Wettbewerbsverfahren der Internet-Ära werden. Die EU-Kommission hat Medienberichten zufolge gegen Google die Weichen für ein Verfahren mit drohenden Milliardenstrafen gestellt. Möglicherweise wird die Kommission dem Internetriesen noch heute offiziell unfairen Wettbewerb vorwerfen.

Von Andreas Meyer-Feist | 15.04.2015
    Mehrere Webseiten der Internet-Suchmaschine Google
    Mehrere Webseiten der Internet-Suchmaschine Google (dpa / picture alliance / Karl-Josef Hildenbrand)
    Google - ein Synonym für Suchen. Aber nicht nur. Google bestimmt unser Bild von der Welt, unsere Sicht auf die Dinge. Die Suchmaschine als Machtapparat - eine Macht, die steuert, manipuliert, beeinflusst - nicht immer zum Wohl derjenigen, die etwas suchen - per Google ganz unvoreingenommen, findet Andreas Schwab: "Denn es gibt nichts anderes mehr, was so hohe Zugriffszahlen vonseiten der Nutzer ermöglicht wie Google." Da geht es für den CDU-Politiker im Europaparlament nicht nur ums Suchen und Finden, sondern um Wettbewerb, Wirtschaft und Werben: "Wenn Sie Werbung machen wollen, müssen sie es via Google machen."
    Die Folge: "Dass Google eine kritische Infratstruktur für die Europäische Union ist, die für das Wohlergehen und den Wohlstand in Europa absolut essenziell ist und dessen Ausfall in Europa verheerende Folgen hätte." Viel Macht - wenig Kontrolle: "Und dass sie deswegen geregelt werden sollte." Ob Google mit seiner Allmacht den Wettbewerb unterdrückt, Konkurrenten schadet und nur an den eigenen Profit denkt, wird in Brüssel seit Jahren untersucht. Halbherzig - denn die Angst vor der Google-Krake war groß. Jetzt will sich die EU-Kommission nicht mehr einschüchtern lassen, sondern Zähne zeigen.
    EU-Parlament macht Druck
    Die Forderung an Google: "Dass diese Suchergebnisse in einer neutralen Reihenfolge erfolgen müssen und diese Suchgerechtigkeit ein Stück weit hergestellt werden könnte." Zwar war Google der EU schon entgegengekommen, aber nicht soweit, wie sich das die zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestanger wünscht. Das EU-Parlament hat Druck gemacht. Dazu müssten die seit Jahren laufenden Untersuchungen endlich abgeschlossen werden, um dann ein Verfahren gegen Google zu eröffnen. Jetzt könnte es soweit sein.
    Ergebnis: Weil ohne Google nichts läuft in der Wirtschaft, muss Google auch mehr Rücksicht auf Konkurrenten nehmen. Anders als bei Unternehmen, die nicht so allmächtig sind. Google dürfe mit seiner Suchmaschine andere Anbieter nicht zurückstellen, ausblenden, sonstwie benachteiligen. Gemeint vor allem: Kartendienste, Shoppingportale, Reiseangebote, Medieninhalte. Rückendeckung von EU-Digitalkommissar Günther Oettinger: "Sie werden sehen, dass wir hier die Rückstände, die Europa hat, aufholen werden."
    Neutrales Googeln nicht in Sicht
    Die Zeit der Verhandlungen und des Abwartens ist also vorbei. Werden wir also schon bald neutral googeln können? Wohl kaum. Denn Google ist schon viel zu mächtig für eine Kraftprobe mit der EU. In letzter Konsequenz könnte Google Europa abschalten - mit gravierenden Folgen für die Wirtschaft. Auch das gehört ja zur Wettbewerbsfreiheit. So weit will es die EU-Kommission nicht kommen lassen, wenn Google seine Suchergebnisse anders präsentiert. In der Diskussion: eine automatische "Rotation" der Ergebnisse, damit auch auf kleinen Screens nicht immer nur dieselben zwei, drei oder vier Ergebnisse aufscheinen.
    Mit einem förmlichen Verfahren soll Google gezwungen werden, die EU-Regeln zum Wettbewerb einzuhalten. Und wenn alles nichts hilft: "Bleibt immer noch die Möglichkeit einer Strafe, die die Europäische Kommission gegen Google verhängen kann." Der EU-Binnenmarktexperte Andreas Schwab rechnet mit mindestens sechs Milliarden Euro. Und wenn Google trotzdem hart bleibt? "Eine Gesetzgebung über die Frage, wie Suchergebnisse im Internet gelistet werden müssen", auch darüber könnten Jahre ins Land gehen. Bis dahin heißt es: Weitergooglen - auch wenn die besten Ergebnisse vielleicht nicht dabei sind.