Archiv


Südafrika im Film

In Potsdam hat das internationale Studentenfilmfestival Sehsüchte begonnen. 1300 Filme aus 66 Ländern wurden eingereicht - 141 davon sind an den kommenden sechs Tagen zu sehen. Bis zum 25. April werden neben dem offiziellen Programm unter anderem Kinderfilme, Musikvideos und Filme aus Südafrika gezeigt.

Von Axel Flemming |
    Die Wurzeln der Sehsüchte gründen in den FDJ-Studentenfilmtagen der Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) 1972. Lange nach der Wende, 1995 knüpften Studenten der HFF an die DDR-Tradition an und gründeten das heutige Festival. Das Besondere: Die Organisation läuft ausschließlich über die Studierenden und ist über ein Jahr sogar Teil des Studiums. Die Medienwissenschaftlerin Christina Schröder ist im vierten Master-Semester und leitet das Festival:

    "Also es sind hauptsächlich Medienwissenschaftsstudenten, die hier beteiligt sind, aber auch aus der Produktion, Animation, Kinematografie, also ohne die war es gar nicht möglich. Und wir versuchen in dieser kurzen Zeit ein Team zu werden und all das auf die Beine zu stellen, was die Jahrgänge vorher auch schon geschafft haben."

    Schröder hat Sehsüchte schon einmal mitbetreut. Zum Filmschauen kommt sie kaum, die Organisation frisst Zeit. Die Filme beschäftigen sich mit Themen wie Familie, Internet oder Jugendgewalt. Auch technischen Trends verschließt sich das Festival nicht: In der Sektion "Werkstattgespräch" werden zum ersten Mal auch 3D-Filme gezeigt. Der Sehsüchte-Fokus richtet sich jedes Jahr auf eine Region, die bisher nur wenig im Mittelpunkt des Interesses der Filmwelt stand; in diesem Jahr ist das Südafrika:

    "Wir freuen uns, dass wir einen andern Blick auf das Land geben können. Fußballweltmeisterschaft zeigt immer eher die schönen Seiten, wie werden die Stadien aufgezogen. Alles das, was am Rand passiert, was das Land eigentlich beschäftigt, also auch die Vergangenheit, Aufarbeitung der Apartheid, das ist eine Sache, die uns wirklich am Herzen liegt und die, denke ich, auch in den Filmen sehr gut rüberkommt."

    Der Film "Mein Bruder und die Asche" zeigt das Schicksal zweier Brüder, von denen der ältere mit ansehen musste, wie sein Vater als Verräter verbrannt wurde - harter Stoff. Aber eines der Leitthemen aus Südafrika ist Gewalt.

    "Die Aufarbeitung von einem Trauma oder von einem Konflikt, der in der Vergangenheit herrscht, ist ja ganz sinnbildlich für das Land, meiner Meinung nach drückt sich das sehr stark in den Filmen aus."

    Moritz Klausing, viertes Semester Medienwissenschaft, organisiert den Südafrika-Schwerpunkt seit letztem Sommer.

    Schließlich schaffen es die Brüder, über das Tagebuch des älteren ins Gespräch zu kommen.

    "Das verbindet die Filme, die wir zeigen, weil da so ein bisschen eine versöhnliche Ebene gesucht wird. Der Aufbruch, ein bisschen weg von der Vergangenheit und den ersten Schritt tun, in eine neue Zukunft, wie die dann auch aussehen kann. Das ist ein ganz spannender Prozess, den man dann auch hier in Potsdam mitkriegen kann."

    Im Zuge der anstehenden Fußballweltmeisterschaft schaut die Welt auf das Land am Kap der Guten Hoffnung - Sehsüchte will jedoch über den Rand der Stadien hinausblicken und Südafrika zeigen, wie es wirklich ist.

    Wir wollten keine Filme über das Land- wir wollten Filme aus dem Land, sagt Klausing:

    "Wir sind ja selbst Fernsehnutzer und wir als Medienwissenschaftler ganz besonders. Wir als ein Festival für junge Filmemacher wollen uns natürlich die Sachen ansehen, die selbst von den Filmemachern kommen, die Perspektive, die sie selbst haben, das, was sie erzählen wollen, die Geschichten, die sie interessieren und die Themen."

    Leider verhinderte die Vulkanasche über Europa bisher, dass die afrikanischen Filmemacher nach Potsdam kommen konnten. Doch ein Südafrikaner hat es geschafft: Michael Hammond. Der gebürtige Johannesburger ist Kameramann und sitzt in der Jury für den Fokus-Dialog-Preis. Seit 20 Jahren ist er in Deutschland und sagt: Südafrikas Filmsprache ist noch sehr jung, das Land sucht noch eine eigene Ausdrucksform:

    "Man merkt halt, das sind Leute, die haben so Vorbilder gesehen und die sind auch nicht doof, die haben alle YouTube und die haben ihr Internet und gucken das auch alles an und eifern das natürlich nach, ne. Aber die eigene Filmsprache zu finden, das finde ich gerade interessant und ich glaub, da kommen sie vielleicht gerade auf den Weg."

    Ein Festival im 39. Jahr und damit fast doppelt so alt wie seine Organisatoren. Das sehen die Studierenden auch als größte Herausforderung an, das gelernte an die nächsten Semester weiter zu geben, damit die Filmrolle nicht in jedem Jahr neu erfunden werden muss.