Archiv


Südafrika: Zivilgesellschaft protestiert gegen Informationsgesetz

In Südafrika wird die vierte Gewalt des Staates von der Regierungspartei ANC schwer angegriffen. Die als feindlich und überkritisch verunglimpften Medien sollen einen Maulkorb erhalten – per Gesetz. Doch es gibt Kritik und heftige Proteste.

Von Claus Stäcker |
    Es ist eine kleine, aber illustre Gruppe von Aktivisten, die gegenüber dem Parlament in Kapstadt gegen das geplante "Gesetz zum Schutz von Staatsinformationen" mobilmacht - für das Recht, Bescheid zu wissen, "Right2Know", wie sich die Kampagne nennt. Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu hat sich solidarisiert. Literaturnobelpreisträgerin Nadine Gordimer gehört zu den Protagonisten. Und einer, der eigentlich auf der anderen Seite stehen müsste: der Freiheitskämpfer und Kommunist Ronnie Kasrils.

    "Man kann jeden einzelnen Paragrafen nehmen in dem Gesetz, um zu sehen, was für ein Giftcocktail das für unsere Demokratie ist. Was für ein scharfer Knochen in der Kehle, der unsere Demokratie ersticken und einen dauerhaften Schmerz auslösen wird - in der Demokratie, für die wir gekämpft haben."

    Kasrils war unter Nelson Mandela Geheimdienstminister und weiß, wovon er redet. Wie die Mitstreiter der Kampagne vermutet er, dass einige finstere Genossen unter dem Deckmantel der Staatsgeheimnisse demokratische Grundwerte aushöhlen wollen - für die er einst sein Leben riskierte. Die von der Regierungspartei ANC dominierte Nationalversammlung hat das Gesetz bereits durchgepeitscht. Warum, weiß auch der Koordinator der Kampagne, Mark Weinberg, nicht so genau.

    "Die Frage nach dem Motiv sollte besser unsere Regierung selbst beantworten. Wir haben den Verdacht, dass es mit der sozialen und ökonomischen Krise zu tun hat, die Südafrika gerade durchlebt. Zugespitzt könnte man sagen, der Staat soll mehr Unterdrückungswerkzeuge in die Hand bekommen. Es sind in letzter Zeit mehrere Gesetze verabschiedet worden, die den Staat zu etwas ermächtigen, wo eigentlich durch demokratische Debatten ein gesellschaftlicher Konsens gesucht werden sollte."

    Das Geheimnisgesetz, wie es die Gegner nennen, ermöglicht es jedem Minister, ja sogar Lokalräten, Behördeninformationen nach Gutdünken als geheim zu klassifizieren und vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Wer sie dennoch streut, zum Beispiel Journalisten, wird zum Straftäter und muss im Extremfall mit bis zu 20 Jahren Haft rechnen. Das Gesetz macht jeden Südafrikaner zum potenziellen Geheimnisverräter.

    "Jeder Bürger kann strafrechtlich belangt werden, wenn er ein geheimes Dokument besetzt, es im Internet liest oder weiterträgt - selbst wenn es versiegelt wäre. De facto macht das Gesetz jeden von uns zu einem feindlichen Agenten."

    Die Länderkammer, der Rat der Provinzen, hat den ursprünglichen Entwurf bereits deutlich entschärft. In den nächsten Tagen soll abgestimmt werden. Aber noch rückt das Ad-hoc-Komitee in der zweiten Parlamentskammer vor und zurück. Niemand weiß, was am Ende übrig bleibt. Ex-Befreiungskämpfer und -geheimdienstminister Kasrils hat noch nicht aufgegeben. Sein Gewissen treibt ihn an, sagt er, gegen seine eigenen Genossen.

    "Ich habe die ANC-Allianz noch nicht abgeschrieben. Aber ich bin alles andere als glücklich. Ich bin äußerst besorgt. Ich glaube, dass die Regierung vom Weg abgekommen ist und dass zu viele Dinge schief laufen in diesem Land."