Die nachwachsenden Rohstoffe auf der Erde bestehen vor allem aus Zuckerverbindungen. Etwa in Form von Zellulose, dem Baustoff der pflanzlichen Zellwänden. Aber Zucker ist nicht nur mengenmäßig ein Schwergewicht, betont Professor Hans-Joachim Gabius von der Ludwig-Maximilian-Universität München:
Zucker hat eine ganze Reihe von Talenten, die die meisten Leute heute noch total unterschätzen, wenn sie sich den in den Kaffee tun, Zucker sind biochemisch immens talentierte Moleküle.
Nicht unbedingt die Stückchen, die in den Kaffee kommen. Aber zum Beispiel die Laktose in der Muttermilch. Ihre Struktur hilft den Neugeborenen unmittelbar nach der Geburt, weil das Abwehrsystem noch nicht richtig funktioniert. Die Laktose macht außerdem satt:
In der Milch haben sie ja Zucker mit Nährwert, und dieser Zucker kann dann im Säuglingsalter das produktive Immunsystem ersetzen.
Komplexe Zuckerstrukturen wie in der Muttermilch werden auch Glykane genannt. Je mehr sich die Forschung sich mit Glykanen beschäftigt, desto deutlicher wird den Wissenschaftlern die zentrale Rolle dieser Strukturen als biologische Informationsträger. Um jede lebendige Zelle spannen sich feinmaschige Zuckernetze. Sie speichern auf engstem Raum mehr Informationen als etwa die Gene im Zellkern. Professor Gabius:
Zucker werden nicht linear verknüpft, Zucker können auch verzweigte Strukturen bilden. Zucker haben wie Legosteine nicht nur eine Anknüpfungsstelle, sondern derer vier. Zusätzlich kann diese Anknüpfungsstelle in zwei unterschiedlichen räumlichen Anordnungen, wir nennen das Anomerie, vorliegen.
Weil Glykane so komplex sind, werden noch Jahrzehnte vergehen, bis der Zuckercode völlig entschlüsselt ist. Aber der Aufwand lohnt sich. Denn die Zuckernetzte spielen eine zentrale Rolle bei der Kommunikation der Zelle mit ihrer Umgebung. Keine Befruchtung wäre möglich, wenn die Glykane von Spermien und Eizellen nicht zu allererst miteinander "reden" und die Verschmelzung einleiten würden. Glykane können den Organismus jedoch auch gefährden. Denn sie verraten Angreifern wie Viren und Bakterien, dass ihre Zellen ein lohnendes Ziel sind. Bessere Tarnung wäre ein guter Schutz gegen solche Infektionen. Professor Gerhard Gerber, Lebensmitteltechnologe an der Technischen Universität Berlin, untersucht gemeinsam mit Fibona, einem Biotech-Unternehmen aus Wiesbaden, wie modifizierter Zucker die Abwehr stärken kann. Zunächst bei Schweinen und Geflügel in Großställen:
Es gibt große Probleme in der Tierhaltung, vor allen Dingen mit Durchfallerkrankungen. Zum Beispiel durch bestimmte Erreger, die der Escherichia coli, also einer bestimmten Gruppe von Darmbakterien zuzuordnen sind. Gegen diese Erreger gibt es keine Impfstoffe. Und hier sehen wir besonders die Möglichkeit, dass wir die natürlichen Abwehrkräfte des Darmes der Tiere oder auch in den Lungen gegen Atmungserkrankungen stärken, damit die Invasion solcher Erreger verhindert wird.
Die Glykane haben keine Nebenwirkungen. Sie sind nicht toxisch, hinterlassen keine Rückstände und lösen keine Allergien aus. Anders als Antibiotika fördern sie auch keine Resistenzen von Erregern. Gerbers Team hat bei tragende Sauen das Futter ergänzt, bis zum Ende der Stillperiode. Nur noch halb so viel des Nachwuchses ist gestorben und die Ferkel waren schwerer. Auch bei Legehennen starben nur noch halb so viel und sie produzierten mehr Eier. Solche Versuche werden von den Nahrungsmittelherstellern ebenfalls aufmerksam beobachtet. Sie wollen die Glykane auch dem menschlichen Essen beizumengen. So sollen sie unter anderem das Wachstum von Krebs verhindern. Schon heute entwickeln das Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam, die Freie Universität Berlin und die Berliner Biotech-Firma Glycotope Nahrungszusätze gegen Krebs. Glycotope-Geschaftsführer Steffen Goletz:
Wir werden die Sachen in den nächsten zwei Jahren am Menschen testen, wir verwenden dazu immer Stoffe, die schon im Menschen vorkommen, also die sicher sind, die keine Probleme verursachen, und wir werden das Immunsystem nicht pauschal aktivieren, sondern gezielt gegen Tumorzellen aktivieren. Das heißt, dass man ein Schutzschild aufbauen kann gegen sich entwickelnde Tumorzellen.
Functional Food muss vor der Zulassung nicht so gründlich überprüft werden wie etwa Arzneien. Ob die angereicherten Joghurts oder Müsliriegel in wenigen Jahren wirklich gegen Krebs helfen, wird sich zeigen. Aus der Genforschung wissen wir, wie lange es dauert, bis aus Grundlagenforschung wirklich konkreter Nutzen entsteht.
Zucker hat eine ganze Reihe von Talenten, die die meisten Leute heute noch total unterschätzen, wenn sie sich den in den Kaffee tun, Zucker sind biochemisch immens talentierte Moleküle.
Nicht unbedingt die Stückchen, die in den Kaffee kommen. Aber zum Beispiel die Laktose in der Muttermilch. Ihre Struktur hilft den Neugeborenen unmittelbar nach der Geburt, weil das Abwehrsystem noch nicht richtig funktioniert. Die Laktose macht außerdem satt:
In der Milch haben sie ja Zucker mit Nährwert, und dieser Zucker kann dann im Säuglingsalter das produktive Immunsystem ersetzen.
Komplexe Zuckerstrukturen wie in der Muttermilch werden auch Glykane genannt. Je mehr sich die Forschung sich mit Glykanen beschäftigt, desto deutlicher wird den Wissenschaftlern die zentrale Rolle dieser Strukturen als biologische Informationsträger. Um jede lebendige Zelle spannen sich feinmaschige Zuckernetze. Sie speichern auf engstem Raum mehr Informationen als etwa die Gene im Zellkern. Professor Gabius:
Zucker werden nicht linear verknüpft, Zucker können auch verzweigte Strukturen bilden. Zucker haben wie Legosteine nicht nur eine Anknüpfungsstelle, sondern derer vier. Zusätzlich kann diese Anknüpfungsstelle in zwei unterschiedlichen räumlichen Anordnungen, wir nennen das Anomerie, vorliegen.
Weil Glykane so komplex sind, werden noch Jahrzehnte vergehen, bis der Zuckercode völlig entschlüsselt ist. Aber der Aufwand lohnt sich. Denn die Zuckernetzte spielen eine zentrale Rolle bei der Kommunikation der Zelle mit ihrer Umgebung. Keine Befruchtung wäre möglich, wenn die Glykane von Spermien und Eizellen nicht zu allererst miteinander "reden" und die Verschmelzung einleiten würden. Glykane können den Organismus jedoch auch gefährden. Denn sie verraten Angreifern wie Viren und Bakterien, dass ihre Zellen ein lohnendes Ziel sind. Bessere Tarnung wäre ein guter Schutz gegen solche Infektionen. Professor Gerhard Gerber, Lebensmitteltechnologe an der Technischen Universität Berlin, untersucht gemeinsam mit Fibona, einem Biotech-Unternehmen aus Wiesbaden, wie modifizierter Zucker die Abwehr stärken kann. Zunächst bei Schweinen und Geflügel in Großställen:
Es gibt große Probleme in der Tierhaltung, vor allen Dingen mit Durchfallerkrankungen. Zum Beispiel durch bestimmte Erreger, die der Escherichia coli, also einer bestimmten Gruppe von Darmbakterien zuzuordnen sind. Gegen diese Erreger gibt es keine Impfstoffe. Und hier sehen wir besonders die Möglichkeit, dass wir die natürlichen Abwehrkräfte des Darmes der Tiere oder auch in den Lungen gegen Atmungserkrankungen stärken, damit die Invasion solcher Erreger verhindert wird.
Die Glykane haben keine Nebenwirkungen. Sie sind nicht toxisch, hinterlassen keine Rückstände und lösen keine Allergien aus. Anders als Antibiotika fördern sie auch keine Resistenzen von Erregern. Gerbers Team hat bei tragende Sauen das Futter ergänzt, bis zum Ende der Stillperiode. Nur noch halb so viel des Nachwuchses ist gestorben und die Ferkel waren schwerer. Auch bei Legehennen starben nur noch halb so viel und sie produzierten mehr Eier. Solche Versuche werden von den Nahrungsmittelherstellern ebenfalls aufmerksam beobachtet. Sie wollen die Glykane auch dem menschlichen Essen beizumengen. So sollen sie unter anderem das Wachstum von Krebs verhindern. Schon heute entwickeln das Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam, die Freie Universität Berlin und die Berliner Biotech-Firma Glycotope Nahrungszusätze gegen Krebs. Glycotope-Geschaftsführer Steffen Goletz:
Wir werden die Sachen in den nächsten zwei Jahren am Menschen testen, wir verwenden dazu immer Stoffe, die schon im Menschen vorkommen, also die sicher sind, die keine Probleme verursachen, und wir werden das Immunsystem nicht pauschal aktivieren, sondern gezielt gegen Tumorzellen aktivieren. Das heißt, dass man ein Schutzschild aufbauen kann gegen sich entwickelnde Tumorzellen.
Functional Food muss vor der Zulassung nicht so gründlich überprüft werden wie etwa Arzneien. Ob die angereicherten Joghurts oder Müsliriegel in wenigen Jahren wirklich gegen Krebs helfen, wird sich zeigen. Aus der Genforschung wissen wir, wie lange es dauert, bis aus Grundlagenforschung wirklich konkreter Nutzen entsteht.