Alles frisch hier. Bei plus vier Grad im Kühllager des Bremer Marum-Instituts sind die Bohrkerne vom Meeresboden fast in ihrem natürlichen Element. 1,3 Kilometer neue Proben aus den Küstengewässern vor New Jersey haben die Meeresforscher des internationalen Ozeanbohrprogramms von ihrer jüngsten Expedition nach Amerika mitgebracht. Auf meterhohen Gestellen lagern die Funde jetzt – genau wie weitere Bohrkerne aus den vergangenen 40 Jahren: aufgeteilt in handliche 1,5-Meter-Stücke, sorgsam verpackt in Plastikröhren.
"Die stecken in 190.000 sogenannter D-Tubes. Das sind Plastikbehälter, in denen die Bohrkernhälften in Halbschalen aufbewahrt werden. Es sind schwarze Kappen zu sehen, das sind die Arbeitshälften. Dementsprechend rote Kappen die Archivhälfte..."
Die in diesen Tagen aber nicht angerührt werden, wie die Bohrkern-Lagerchefin Ursula Röhl erklärt. Die Arbeitsproben dagegen werden auf ihre Farbe hin untersucht, auf ihre Inhaltsstoffe analysiert: Welche Mineralien, welche Mikrofossilien stecken darin? Wie fühlen sich die Sedimente vom Meeresboden an? Sind sie hart, weich, trocken oder feucht? So müssen die Forscher die acht Zentimeter dicken Zylinder aus Erde und Schlamm erstmal aufsägen. Verschiedene Brauntöne zeigen sich nach dem Schnitt. Und wo der Laie vor allem gepressten Sand entdeckt, machen Experten wie der Meeresgeologe Alex Wülbers zahllose Details aus:
"Wir sehen Muschellagen, wir sehen Verwerfungen, wir sehen Rutschungen. Wir sehen Holzkohle. Wir haben Steine gefunden da drin. Und es ist immer was anderes. Es ist wie ein Weihnachtsgeschenk."
Drei Löcher haben die marum-Forscher und ihre Kollegen in den Meeresboden rund 50 Kilometer vor der US-Ostküste gebohrt – teils bis zu 750 Meter tief. Die Sedimente sind zwischen 14 und 35 Millionen Jahre alt. Als sie die Ablagerungen jetzt in den Bremer Labors untersuchten, fanden sie etwas Überraschendes in den Poren des Bodens: Süßwasser. Und das einen knappen halben Kilometer unterhalb des Atlantikbodens, einem Salzwassermeer. Expeditionsleiter Gregory Mountain:
"Das haben wir in 15 Millionen Jahre alten Schichten entdeckt. Das Wasser muss irgendwie dahingekommen sein. Wir können es uns noch nicht erklären, wie es sich bewegt hat, ohne seine Frischwassereigenschaften auf dem langen Weg zu verlieren. Eigentlich hätte es doch immer salziger werden müssen und die anderen Stoffe der Sedimente annehmen sollen. Hat es aber nicht."
Die Bohrkerne werden nicht nur mit Lupe und Mikroskop untersucht, sondern mit einem Scanner auch Millimeter für Millimeter abfotografiert. Neben den rätselhaften Süßwasserlinsen fanden die Wissenschaftler so auch Überreste ehemaliger Sandstrände und von Kontinentalböden. Das internationale Forscherteam hat anhand der Schichtung zehn Zyklen ausgemacht, in denen der Meeresspiegel des Atlantiks in der Vergangenheit angestiegen und wieder gesunken ist – manchmal bis zu 100 Metern, so der Geologe Mountain von der State University of New Jersey.
"Wir können uns das erstmal nur mit dem Anwachsen und Vergehen des Eisschildes in den höheren Breiten erklären. Aber es ist offensichtlich, dass die Antarktis – obwohl sie zehntausend Kilometer entfernt ist – zeitweise mit Eis bedeckt war, dann kam eine Warmzeit und dann ist sie wieder gefroren."
Bis jetzt hatten die Forscher gerade mal zweieinhalb Wochen Zeit, die neuesten Daten zu interpretieren. Detailliertere Erkenntnisse wollen sie nun nutzen, um künftige Klimamodelle zu verbessern – eins der Hauptanliegen des Ozeanbohrprogramms.
"Die Ozeane sind das Archiv der Klimageschichte. Nur wenn wir diese Zusammenhänge verstehen, dann können wir auch intelligente Vorhersagen für die Zukunft machen."
"Die stecken in 190.000 sogenannter D-Tubes. Das sind Plastikbehälter, in denen die Bohrkernhälften in Halbschalen aufbewahrt werden. Es sind schwarze Kappen zu sehen, das sind die Arbeitshälften. Dementsprechend rote Kappen die Archivhälfte..."
Die in diesen Tagen aber nicht angerührt werden, wie die Bohrkern-Lagerchefin Ursula Röhl erklärt. Die Arbeitsproben dagegen werden auf ihre Farbe hin untersucht, auf ihre Inhaltsstoffe analysiert: Welche Mineralien, welche Mikrofossilien stecken darin? Wie fühlen sich die Sedimente vom Meeresboden an? Sind sie hart, weich, trocken oder feucht? So müssen die Forscher die acht Zentimeter dicken Zylinder aus Erde und Schlamm erstmal aufsägen. Verschiedene Brauntöne zeigen sich nach dem Schnitt. Und wo der Laie vor allem gepressten Sand entdeckt, machen Experten wie der Meeresgeologe Alex Wülbers zahllose Details aus:
"Wir sehen Muschellagen, wir sehen Verwerfungen, wir sehen Rutschungen. Wir sehen Holzkohle. Wir haben Steine gefunden da drin. Und es ist immer was anderes. Es ist wie ein Weihnachtsgeschenk."
Drei Löcher haben die marum-Forscher und ihre Kollegen in den Meeresboden rund 50 Kilometer vor der US-Ostküste gebohrt – teils bis zu 750 Meter tief. Die Sedimente sind zwischen 14 und 35 Millionen Jahre alt. Als sie die Ablagerungen jetzt in den Bremer Labors untersuchten, fanden sie etwas Überraschendes in den Poren des Bodens: Süßwasser. Und das einen knappen halben Kilometer unterhalb des Atlantikbodens, einem Salzwassermeer. Expeditionsleiter Gregory Mountain:
"Das haben wir in 15 Millionen Jahre alten Schichten entdeckt. Das Wasser muss irgendwie dahingekommen sein. Wir können es uns noch nicht erklären, wie es sich bewegt hat, ohne seine Frischwassereigenschaften auf dem langen Weg zu verlieren. Eigentlich hätte es doch immer salziger werden müssen und die anderen Stoffe der Sedimente annehmen sollen. Hat es aber nicht."
Die Bohrkerne werden nicht nur mit Lupe und Mikroskop untersucht, sondern mit einem Scanner auch Millimeter für Millimeter abfotografiert. Neben den rätselhaften Süßwasserlinsen fanden die Wissenschaftler so auch Überreste ehemaliger Sandstrände und von Kontinentalböden. Das internationale Forscherteam hat anhand der Schichtung zehn Zyklen ausgemacht, in denen der Meeresspiegel des Atlantiks in der Vergangenheit angestiegen und wieder gesunken ist – manchmal bis zu 100 Metern, so der Geologe Mountain von der State University of New Jersey.
"Wir können uns das erstmal nur mit dem Anwachsen und Vergehen des Eisschildes in den höheren Breiten erklären. Aber es ist offensichtlich, dass die Antarktis – obwohl sie zehntausend Kilometer entfernt ist – zeitweise mit Eis bedeckt war, dann kam eine Warmzeit und dann ist sie wieder gefroren."
Bis jetzt hatten die Forscher gerade mal zweieinhalb Wochen Zeit, die neuesten Daten zu interpretieren. Detailliertere Erkenntnisse wollen sie nun nutzen, um künftige Klimamodelle zu verbessern – eins der Hauptanliegen des Ozeanbohrprogramms.
"Die Ozeane sind das Archiv der Klimageschichte. Nur wenn wir diese Zusammenhänge verstehen, dann können wir auch intelligente Vorhersagen für die Zukunft machen."