Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Summartónar Festival auf den Färöer-Inseln
Die Natur als Ensemblemitglied

Die zu Dänemark gehörenden 18 Färöer-Inseln sind winzige Fleckchen Erde auf der Landkarte, doch mit einem musikalisch beachtlichen Eigenleben. Seit 25 Jahren das Summertónar Festival fest zum Sommer dieser Inselgruppe. Gegründet wurde es von Kristian Blak und bietet einzigartige Klangerlebnisse.

Von Magdalene Melchers | 09.08.2016
    Kristian Blak, Gründer des Summertónar Festivals
    Gründer des Summertónar Festivals: Kristian Blak (Deutschlandradio / Dirk Schneider)
    Wellenrauschen - Álvastukkur von Kristian Blak
    "Der nahe Bezug für die Musik kommt plötzlich, wenn ich hier bin. Dann kann ich mit meinem ganzen Herzen singen und bin sehr ehrlich in meinem Ausdruck, ich weiß nicht warum."
    Aufgewachsen auf den Färöer-Inseln führte Drífa Hansen ihr klassisches Gesangsstudium über Schweden und Island nach Deutschland. Regelmäßig konzertiert sie im In- und Ausland und so oft es ihr möglich ist bei einem Fest mit Musik und tonangebender Natur. Kristian Blak rief Summartónar auf den Färöern ins Leben:
    "Das ist das 25. Festival und färöische Musiker waren stets involviert, aber in den ersten Jahren kamen die Musiker hauptsächlich aus anderen Ländern. Das lag einfach gesagt daran, dass es zu der Zeit noch nicht so viele Musiker auf den Färöern gab, die auf europäischem Level gut genug gespielt hätten."
    Programm auf hohem Level
    Der 1947 in Dänemark geborene Pianist und Komponist Kristian Blak zog knapp dreißigjährig auf die Färöer, gründete das Plattenlabel Tutl und eine Gesellschaft für zeitgenössische Komponisten, für Jazz- und Folk Musiker und Summartónar. Mittlerweile erstreckt sich das Festival über zehn Wochen und über diverse Aufführungsorte auf den 18 Inseln. Konzertstätten sind das Kulturzentrum in Torshavn, Kirchen, Pubs und Grotten. Anlässlich des diesjährigen Jubiläums stehen färöische Künstler im Fokus.
    "Natürlich arbeiten viele längst international und das ist auch für das Summartónar Festival üblich, aber in diesem Jahr gab es in einer sehr positiven Weise einen Unterschied zu vorherigen Jahren. Wir haben diesmal hauptsächlich Musiker von den Färöern im Programm und die Qualität der Konzerte bleibt auf dem hohen Level."
    Fragt man in Musikerkreisen nach Kristian Blak, so wird deutlich, dass dieser Mann offenkundig das Musikleben auf den Inseln mitten im Nordatlantik seit Jahrzehnten maßgeblich gestaltet. Auf die Frage nach seinem musikalischen Profil betont Drifa Hansen:
    "Das ist nicht so einfach, weil ich Kristian Blak als Vater der färöischen Musik bezeichnen würde, er hat das ganze musikalische Leben auf die Beine gebracht und das ist kein Scherz. Alle Musiker haben Kristian etwas zu danken."
    Musik: Piano & Gesang Alvastukkur
    In den Kompositionen von Kristian Blak ist seine Nähe zur Natur in vielfältiger Weise zu entdecken. Mal zeichnen Notenlinien in Partituren Konturen der Inseln nach, dann erklingen Papageientaucher in seinen Werken oder Imitationen von Raben, Möwen oder schwarzen Schwänen und anderen gefiederten Geschöpfen.
    Musik: Kristian Blak, Fuglar
    Grotte als Konzertort
    Ein Zusammenspiel von Natur und Musik gehört mittlerweile traditionell zum Festival. Zu einem von Kristian Blak vor Jahrzehnten erkundeten Konzertsaal fahren Musiker und Publikum auf einem stattlichen zweimastigen Schoner - von Torshavn aus etwa eine Stunde und dann mit kleinen Booten weiter in eine Grotte.
    Musik: Improvisation E-Gitarre "Concerto Grotto"
    "Darauf kann man sich eher mental vorbereiten, um aufmerksam miteinzubeziehen, was einen umgibt. Das sind wirklich unglaubliche Erfahrungen."
    Der Gitarrist und Komponist Hedin Zizka Davidsen ist ein langjähriger Musikpartner von Kristian Blak und spielt regelmäßig mit ihm gemeinsam in diversen Besetzungen.
    "Ich sage meistens: Wenn in einem Raum zehn Musiker von den Färöer Inseln zusammenkommen, hat man etwa vierzig Ensembles und Bands in diversen Besetzungen mit diesen zehn Musikern."
    Musik: Improvisation E- Gitarre "Concerto Grotto"
    Beim Summartónar Festival stehen die Concerto Grotto wöchentlich auf dem Programm, mal mit Posaune, Saxofon, E-Gitarre oder einer schwedischen Fanfare aus Birkenholz.
    "Auf der anderen Seite bekommt man in so einem Raum so viel umsonst dazu. Davon ist die Musik nur ein Teil. Dazu kommen der Raumklang, die Wellen, das Licht, die Luft – und allein die Tatsache, das Konzert von einem Schlauchboot aus zu hören. Da passiert so viel um jeden herum, dass man einfach nicht zu viel ergänzen darf. Das könnte man gar nicht alles gleichzeitig erfassen und das bekommt man in so einer Art Konzert umsonst dazu."
    Einzigartiges Festival
    Ganz gleich an welchem Ort auf den Färöer-Inseln ein Konzert zu hören ist: Der Weg dorthin ist eine unvergleichliche Einstimmung. Zum Beispiel nach Fuglafjordur zu Uraufführungen für Orgel von Sunleif Rasmussen. Das Repertoire des dänischen Organisten Poul Jacobsen umfasst zeitgenössische Werke, doch die Kompositionen des färöischen Komponisten Sunleif Rasmussen seien zunächst nicht leicht zugänglich gewesen.
    Musik: Sunleif Rasmussen Chorale 1 The waves break
    "Ganz bestimmt nicht, das ist schwer. Ich bin immer offen, ich habe keine Reservation gegen moderne Musik, aber das dauerte Wochen, bevor ich in die Musik kam. Das ist sehr schwierig für mich zu sagen, aber es ist unter anderem zu sagen, über Wellen – das ist immer ein Thema bei Sunleif. Das bedeutet es für mich. Es ist alles präzise diktiert, aber es gibt erste Meinungen, wenn man diese Akkuratesse verlässt, es ist so wie wenn eine Welle geformt wird. Dann habe ich plötzlich was verstanden, darf ich sagen."
    Das Summartónar Festival gehört seit 25 Jahren zum Sommer auf den 18 Inseln im Nordatlantik, die weitaus mehr bieten als Kulissen. Die Wertschätzung für die allgegenwärtige Natur und für individuelle Musiksprachen ist hier selbstverständlich. Drifa Hansen singt international auf Opernbühnen und in Konzertsälen und immer wieder gerne in einem Konzertraum mit klanglichem Eigenleben.
    "In den Grotten zu singen ist z. B. wunderbar: Das Meer ist da, die Grotten, die Vögel, man kann mit der Natur kommunizieren, man kriegt sofort etwas zurück, man kann für die Natur singen."