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Bienen erzeugen Honig. Doch ihre eigentliche Leistung liegt woanders: Bienen und auch Hummeln sorgen vor allem dafür, dass die Menschen Äpfel, Birnen, Raps oder Erdbeeren ernten können. Ohne die Bestäubung durch Insekten würde manche Ernte mager ausfallen. Oder tut es vielleicht auch der Wind, der den Pollen schließlich auch von Blüte zu Blüte bringen kann? In fünf europäischen Ländern wird derzeit die Bestäubungsleistung der Bienen wissenschaftlich untersucht.

Von Carolin Hoffrogge |
    Christin Krewenker bückt sich über die üppigen Pflanzen auf dem Erdbeerfeld von Landwirtin Cornelia Rabe auf dem Werderhof im Süden Göttingens:

    "Hier sieht man jetzt die offenen Pflanzen. Und wir sehen, die Früchte sind gut ausgebildet und wohlgeformt. Besser als die behandelten Pflanzen."

    Knallig rot, mit gelben Punkten wachsen die prallen Erdbeeren lecker an der Pflanze. Hier haben verschiedene Bienenarten beste Arbeit geleistet. Honigbienen, Wildbienen und Hummeln waren fleißig. Das hat Christin Krewenker während der Blüte der Pflanzen im Mai genau beobachtet. Dafür hat sie sich mit einem Kescher in die Mitte des Erdbeerfeldes gesetzt und die Bienen eingefangen, um sie nach Art und Anzahl zu untersuchen:

    "Ich hatte Transekte abgesteckt, insgesamt waren es 150 Meter auf jedem Feld, mit Untereinheiten sechs mal 25 Meter, und diese 25 Meter bin ich immer im Fünf- Minutentakt abgegangen. Und habe auf einer Länge von vier Metern die Bienen gefangen, die ich gesehen habe, auf den Blüten."
    Erdbeeren können sich auch selbst bestäuben, aber von Bienen bestäubte Erdbeeren wachsen roter und saftiger. Um das herauszufinden, hat Christin Krewenker auf dem selben Feld 10 Reihen Erdbeerpflanzen eingepackt:
    "Die habe ich ja einmal mit Plastiktüten eingepackt, um die Bienenbestäubung und die Windbestäubung zu verhindern, da sind die Früchte sehr klein und auch meistens nicht gut ausgebildet, also sind verformt oder deformiert."

    Bienenbestäubung ist gut, Selbstbestäubung nicht. Wie sieht es mit der Bestäubung durch den Wind aus? Für diesen Versuch hat Christin Krewenker die Erdbeerpflanzen in so genannte Gase, also in einen dünnen Gardinenstoff gehüllt:
    "Bei diesen in Tüll eingepackten Pflanzen , wo die Windbestäubung schon passieren konnte, aber keine Bienenbestäubung, sieht man geteilte Ergebnisse. Also es gibt schon einige gut ausgebildete Pflanzen, aber der Großteil ist auf jeden Fall kleiner und hat ein geringeres Gewicht als die offen bestäubten Pflanzen."

    Krewenkers Fazit: die Erdbeeren brauchen die Bienen. Ob Honig- oder Wildbienen, ob Stein- oder Sandhummeln: sie alle lieben die Sonne. Damit sie ihrer Arbeit überhaupt nachgehen, brauchen sie eine Temperatur von 15 Grad, spricht Landwirtin Cornelia Rabe aus Erfahrung:

    "Da merkt man schon, wenn es viel geregnet hat und wenig Bienen unterwegs waren, dass die Bestäubung weniger ist, das merkt man schon, in der Ernte, im Ertrag."

    Da nicht nur das Wetter entscheidend für die Bienen ist, sondern auch die Struktur der Landschaft, hat Christin Krewenker weitere Erdbeerfelder in Südniedersachsen und Nordhessen untersucht. Dasselbe geschieht - allerdings mit anderen Feldfrüchten - in Frankreich, Großbritannien, Polen und Schweden, erzählt Projektleiterin Catrin Westphal:

    "Das ist in Frankreich die Cantalupemelone, in Großbritannien sind es die Ackerbohnen, in Schweden der Sommerraps und in Polen der Buchweizen."

    Sie wählten diese unterschiedlichen Früchte aus, weil sie für das jeweilige europäische Land wirtschaftlich eine wichtige Bedeutung haben, so Westphal. Außerdem nimmt in den teilnehmenden Ländern die Vielfalt an Wildbienen und Hummeln immer mehr ab. Dabei liegen die Versuchsfelder in unterschiedlichen Landschaftstypen:
    "Wir vergleichen zwischen verschiedenen Landschaftsausschnitten, wo wir annehmen, dass die Umgebung auch eine Rolle spielt. Also wir haben die Erdbeerfelder in Landschaften gelegt, wo es viele naturnahe Lebensräume gibt, in denen Bienen eben Nahrungs- oder Nistmöglichkeiten finden."

    Magerrasen und Feuchtgebiete, Flussauen und Heckenanpflanzungen, dunkelrote Kleefelder oder Äcker mit gelben Sonnenblumen: Je vielfältiger eine Landschaft wächst, desto mehr Bienen bestäuben die Feldfrüchte, desto höher sind letztendlich die Erträge für die Landwirte. Helfen könnten sich die Landwirte zwar auch, wenn sie neben ihre Felder Stöcke mit Bienenvölkern aufstellen würden, aber das wird zunehmend schwieriger, denn die Varroa Milbe rottet viele Honigbienen aus. Aus diesem Grund setzen die Agrarökologen auf die unzähligen Arten der Wildbienen und Hummeln. Catrin Westphal:

    "Das Ziel ist, dann eben Empfehlungen auszusprechen, wie man Landschaften gestalten könnte, dass die Bestäuber freundlicher aussehen. Also auch so Naturschutzmanagementfragen im Hinterkopf. "