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Super Bowl 2017
Ein bisschen mehr Politik als sonst

Im Finale der American-Football-Profiliga NFL stehen sich in diesem Jahr die New England Patriots und Atlanta Falcons gegenüber. Die enge Freundschaft des neuen US-amerikanischen Präsidenten zu wichtigen Figuren bei den New England Patriots gibt dem Super Bowl einen ungewöhnlichen politischen Zuschnitt.

Von Jürgen Kalwa | 05.02.2017
    Donald Trump (rechts) im Gespräch mit Bill Belichick, Trainer der New England Patriots
    Befreundet: Bill Belichick, Trainer der New England Patriots, und Donald Trump. (Imago )
    Für die Liga ist es eine Selbstverständlichkeit, ihre Galaveranstaltung mit großen Namen aus der Pop-Musik zu garnieren. Die Halbzeit-Show beim Super Bowl – die haben schon die Rolling Stones und Paul McCartney, Prince und Bruce Springsteen bestritten.
    Die Musiker nutzen die Bühne gewöhnlich nicht für Provokationen. Abgesehen vom sogenannten "Nipplegate” vor zwölf Jahren, als Justin Timberlake Janet Jacksons Brust entblößte. Weshalb man auch heute nacht in Houston beim Auftritt von Lady Gaga mit nichts rechnen sollte. Die Sängerin aus New York, eindeutig und offen Gegnerin des neuen Präsidenten und seiner Politik, hat keine Lust auf Kontroverse:
    "Die einzigen Stellungnahmen werden die sein, die ich in meiner Karriere abgegeben habe: Ich glaube an Leidenschaft für alle. Ich glaube an Gleichheit. Und an den Geist dieses Landes, also an Mitgefühl und Menschenliebe."
    TV-Mann Bill Maher wünscht sich Falcons-Sieg
    Andere – egal ob Anhänger der Sportart Football oder solche, die den Super Bowl nur als Anlass für eine heitere Party nehmen, – geben sich nicht so zurückhaltend. Der populäre amerikanische Talk-Show-Gastgeber Bill Maher, ein Trump-Gegner, brachte es so auf den politischen Punkt: Schön wäre es, wenn die Atlanta Falcons die New England Patriots regelrecht abservieren. Denn die wichtigsten Figuren im Klub – der Eigentümer, der Trainer und der Quarterback, sind geradezu in Trump vernarrt.
    "The Falcons are playing a team where the owner, the coach and the star quarterback all love and support Donald Trump. So I really like for them to lose by a score of a million fucking thousand to one."
    Für die intensive Männerfreundschaft zwischen Trump auf der einen Seite und auf der anderen Robert Kraft, dem Patriots-Besitzer, Bill Belichick, dem Trainer, und Tom Brady, dem besten Spieler der Mannschaft, gibt es viele Belege. Nicht zuletzt jenen Brief, den Trump am Abend vor der Wahl im November in der für ihn typischen, öligen Selbstzufriedenheit vortrug. Der Ort: eine Halle in New Hampshire nördlich von Boston, Heimatregion vieler Patriots-Fans:
    "Coach Belichick schreibt hier: Glückwunsch zu einem ungeheuren Wahlkampf. Du hattest es mit unglaublich einseitigen und negativen Medien zu tun, aber bewiesen, dass du der absolute Wettkampftyp und Fighter bist. Deine Führungsqualitäten sind erstaunlich."
    Freundschaft zwischen Trump und Belichick
    Trump, dessen Anhängerschaft in der Entertainment- und Sportwelt aus zweit- wenn nicht sogar drittklassigen Figuren besteht, fühlte sich geehrt: Endlich jemand von Rang – ein vierfacher Super-Bowl-Gewinner –, der ihn verstand. Und der darüber hinwegsah, dass er ja selbst früher Klubeigentümer gewesen war und zwar in der USFL: einer Konkurrenzveranstaltung zur NFL, eine Liga, die Trump aus lauter Eitelkeit und Machtgelüsten teuer in den Untergang geführt hatte.
    Die beiden sind Brüder im Geiste. Bill Belichick, der Patriots-Trainer, wirkt geradezu wie ein Prototyp der im Wirtschaftsleben und im Umgang mit Politikern geschmiedeten Trumpschen Erfolgsphilosophie. In der ist das Ziel alles, die Mittel auf dem Weg dahin sind verhandelbar. Und der Schlauere gewinnt, wenn er denn gleichzeitig hinreichend hässlichen Druck entfacht.
    Das funktioniert im Football besser, wenn man es nicht mit offenem Visier tut. Belichick, 64 Jahre alt, seit 2000 der unumstrittene Macher bei den Patriots, wurde so zum besten Footballtrainer aller Zeiten. Die Freundschaft zu Trump spielte er selbstverständlich herunter: Mit Politik habe das nichts zu tun.
    "Our friendship goes back many years, and I think anybody that’s spent more than five minutes with me knows I’m not a political person. My comments are not politically motivated. I have a friendship and loyalty to Donald. To me, friendship and loyalty is just about that. It’s not about political or religious views."
    Quaterback Tom Brady will nicht über Politik reden
    "Wir sind seit vielen Jahren befreundet”, meinte der Trainer bei einer Pressekonferenz. Der Brief sei nur ein Beweis für seine Loyalität und das, was er unter Freundschaft versteht. So naiv zu erkennen, dass er und Brady von Trump in den Wahlkampf hineingezogen wurden, ist Belichick gewiss nicht.
    Unwohl dürfte sich aber nicht nur er fühlen. Die Mehrheit der Menschen in den sechs Bundesstaaten von Neu-England steht politisch im anderen Lager und hatte mehrheitlich für Hillary Clinton gestimmt. Worin sie sich durch die ersten Dekrete, die Trump im Weißen Haus auf den Weg brachte, nur bestätigt sahen.
    Quarterback Tom Brady ging deshalb auch lieber gar nicht auf Fragen ein, die ihm am Anfang der Woche in Houston von Journalisten gestellt wurden. "Ich rede nicht über Politik", wehrte er ab. Ein Luxus, den sich die meisten mündigen Staatsbürger nicht leisten können und auch nicht wollen. Es sei denn, sie gehören zu der Minderheit, die mit der aktuellen Politik sehr zufrieden ist.